Friedrich Gundolf: Gedichte


Wie wird das licht am morgen drücken
Das nicht zugleich mit dir erscheint!
Beklommen lugt es in die lücken
Des raums der uns so lang geeint.

 

Heimweh nach dir brennt in den nerven.
Umsonst beschwichtigt die vernunft
Mein unstät suchen und entwerfen,
Vertröstend auf die wiederkunft.

 

Wenn ich mein sehnen selbst vergäße —
Mein sehnen ist ja nicht allein:
Wie im verbundenen gefäße
Steigt meine pein mit deiner pein.

 

So wuchsest du mir ein und eigen
Daß ich noch dein geheimnis fühl:
Dein ungelöstes gehn und schweigen,
Dein schluchzen im verwachten pfühl!