Max Kommerell: Das letzte Lied


Dreiklang

 

Euch Vollendete im Geiste

Ehr ich, doch bin nie euch eigen.

Teilt das Feld nach Himmels Häusern

Wo den Wald das Feuer fraß!

Ihr verlangsamet den Reigen

Wenn ihr schreitet: so im Äußern

Wie im Inneren Umkreiste

Von Gebärdenebenmaß,

Leicht Gebundne zu Akkorden!

Euer im Gesetz der Urne

Sich verjüngend schlanker Hals

Zaubert unserm spröden Norden

Spur von Silber ins Azurne

Und die Helle des Kristalls.

 

Euch Zwieschlächtige an Seele

Tröst ich, euch gehör ich. Lasset

Euch beflügeln euch entraffen

Gern von geistig hellem Wehn!

Dann in wurzelndem Erschlaffen

Folgt, indem ihr euch umfasset,

Blutes goldenem Befehle:

Im All-Einen aufzugehn!

Heischet noch zu hehrster Botschaft

Gegenklang vom Herz der Flüsse

Und erd-innerem Gedröhn:

Denn ich trage was euch Not schafft

Wie den Brand verbotner Küsse

Auf den Lippen als Getön.

 

Euch Geopferten der Erde

Weihe ich. Denn zugewogen

Statt der Rebe — tiefer Trunkne! —

Wurde euch das Schierlingskraut.

Eures Daseins größern Bogen

Zieht ihr unter unserm Herde.

Nur durch euch Anheimgesunkne

Wird die Brache wieder Braut.

Gebet mir das seherisch

Weitgewölbte Aug von Rehen:

Niemals nach Vergeltung schiel

Im wettkämpfenden Gemisch

Sieg und Sturz nur zu verstehen

Als das furchtbar große Spiel.