Der Abschied des Lehrers
Sein Haupt war silbern und er saß bei uns
Mit Blicken, die ein Angedenken sind;
Und mit der Stimme, die zwar leis,
Den Ton hat, der durchs Hohl der Erde ging,
Sprach er, ja summte er uns Wort um Wort
Sein Wissen zu, das er von niemand hat.
Wie wir so saßen, kam die blaue Nacht
Schnell über uns. Denn eine Mauer war’s
Im Süden. Drin ein Bogen einvertieft,
Und unter dem die Bank
Aus Stein. Und bei dem schönsten Wort,
In dem das Leben flüsterte und rann,
War er, der Dritte, den wir liebten, wie
Die Blume liebt den Schmetterling,
Weil sie in dunkler Erde haftet, aber er
Frei aus der Luft sich niederläßt —
Er war mit einem Lächeln eingeschlafen
Sodaß sein Haupt herüberhing
Auf meine Schulter, schwer von Schlaf,
Und seiner Strähnen eine, mehrere
Ihm schwankend irrten über sein Gesicht
Bis tief zum Mund, den halb der Schlaf nur schloß.
Und während er, dess Haupt (so sagt ich) silbern war,
Es sinnend senkte, ward es Morgen.
Er fröstelte
Und jener graue Mantel, drauf er saß, den wollt’ er
Sich um die Schulter hängen, aber ich
Ich wollt ihm helfen, weil er doch ein König ist.
Da ward mir die Gebärde, die ich nie vergesse.
Die lange weiße Hand, die alles sagen kann,
Zumal den Schmerz des halben Lächelns,
Der junge Seelen in sein Rätsel zieht,
Gebot mir Ruhe mit dem sanften Wink
Dem man gehorcht. Dann führt’ er sie zum Mund
Wie wir es tun, wenn wir verhüten wollen,
Daß eins ein andres Schlafendes erweckt.
Ich sprach zu mir: Er ist nicht minder schön
Als jener Jüngling — und sah zu, wie er,
Der Königliche, selbst den Mantel umtat,
Damit das Wunder, das da an mir lehnte,
Fortschliefe. Welch ein Abschied war’s! Ich blieb.
Er aber ging in seine Einsamkeit.