Max Kommerell: Dichterisches Tagebuch


Mit der reinen Macht der Seele

Hast du mich zu dir bewegt.

Wie nach ältestem Befehle

Bin ich für dich angelegt.

Meine künftige Geschichte

Steht in dir, wie ich sie will;

Gleich dem Reinsten, was ich dichte

Machest du mich innig still.

Händen habe ich erlaubt

In mir Aufruhr anzustiften.

Reich an Gift und Gegengiften

Ließ ich würfeln um mein Haupt.

Aber deine Hände — lind

Senke auf mich diese weißen

Tauben der Versöhnung! — sind

Anders mächtig und verheißen

Das Vollkommene, das nie

Ich gedachte und wofür ich

Erst durch dich herangedieh.

Denn was du mir bist, verspür ich

Nicht an meines Blutes Sieden,

Ich verspüre es am Frieden

Der durch dich an mir geschieht,

Stündlich mir von dir zu eigen.

Wenn sich Zartestes erriet

Kommt das tiefbeseelte Schweigen.