Ein Brief
Die schweigsamen Zypressen
Erraten viel, doch haben keinen Mund,
Nur dunkles Flüstern und
Ein Vorrecht, nie Gestorbnes zu vergessen.
Doch ihre kühle Kraft beschwor
Die treue Erde unter ihnen,
Mit einem Tranke, der kristallen ist,
Dem Durst des Würdigen zu dienen,
Und wo den Andern nur ein leeres Lallen ist,
Sagt ihm die Mutter etwas in das Ohr. —
So bist du schön auf wunderbar
Mir einzig liebe Weise, bist
Das Wissen, das sich selbst vergißt;
Nur wer im Traume spricht, sagt wahr.
Denn was aus einer Nacht, die ewig schweigt,
Leis aufwärts in dein süßes Leben steigt,
Ist nicht für sie, die sich so eilig
Um dich zerstreuen wie versammeln.
Mir, wenn du klagst «ich kann nur stammeln»
Ist dein Nichtsprechenkönnen heilig.
Dann lese ich aus deines Mundes
Liebwertester Verschlossenheit:
Nur wenn du liebst, erkennst du dich und sprichst.
Du fandest dich und achtest nicht des Fundes.
Doch den du liebhast, der ist eingeweiht.
Und wenn du eines Götterwinks
Versichert dann dein Schweigen brichst
Ist es das Rätsel nicht der Sphinx.
Fragt dich das Leben nach sich selbst, so legst
Du dich in es und sagst «Wie bist du gut»
Fragt dich ein Banger nach sich selbst, so hegst
Du ihn in so vertrauensstarker Hut
Daß er, den deine Antwort nicht verwarf,
Von Neuem an sich selber glauben darf.