Die Festgemeinde der kleinen Puppenträgerinnen
Ach, wie tragen diese Kleinen
Ihre Puppen auf den Armen!
An so heißen Herzen scheinen
Sie allmählich zu erwarmen.
Selbst der Pudel weiß: Welch Weinen
Gäb es, wenn er eine bisse!
Tragen sie treppauf, treppab.
Manche hat das Ungewisse
Fast verdächtiger Allüren;
Andre, die gestreng sich schnüren,
Blicken züchtig wie das Grab.
Und sie sitzen bei Visiten
In der Haltung von Dämonen,
Sie bekommen vorgeschnitten
Ei! wie winzige Portionen,
Kosten geisterhaft davon,
Haben Kammer, Bett, Salon
In der Kiste, deren Wände
Ausgeschaffen wurden von
Der Gewalt der kleinsten Hände.
Wer hat je die wundersamen
Szenen der Geburt studiert,
Wenn von oft gesagten Namen,
Beinah mütterlichem Kosen
Im Gehäus der Zellulosen
Eine Seele sich gebiert‚
Eingehaucht von kleinen Mündern!
Helft den ganzen Hausrat plündern —
Was von Flittern, von Geweben,
Säumen, Litzen noch im Spind ist,
Daß es ihre Götter ziert!
Diese dürfen abends neben
Der im Schlaf erglühten Wange
Mit in liebe Träume schweben,
Wo der Kindesatem Wind ist,
Er, der Leben gibt dem Leben
Einer Puppe, das so lange
Dauert, als ein Mädchen Kind ist.
Nackend sind sie beinah wie
Engel, die nicht Mann noch Weib sind,
Wie es paßt für Kinder, die
Selbst noch Gast in ihrem Leib sind:
Kleine hüpfende Gestirne —
Eben kamen sie erst an,
Und in ihrem zarten Hirne
Wohnt Magie und glaubt und kann.
Kleidchen werden zu Gefiedern,
Wenn sie laufen; sie entdecken
Welt um Welt in ihren Gliedern,
Wenn sie wie der Wind verdreht
Köpfchen durch die Beine stecken,
In der Leichtigkeit des Bückens
Räder um sich selber schlagen,
Mit der Biegsamkeit des Rückens
Schnell geschlagne Brücken wagen –
Weinet Tränen des Entzückens,
Wenn ein Kind ihr tanzen seht!
Einzeln, aber unbewußt,
In den Prozessionen gehend
Kleiner Puppenträgerinnen,
Tragen mit vertieften Sinnen
Sie die Puppe an der Brust.
Und geheimen Dienst versehend
Sind sie in sich selber reich,
Wenn sie manchmal wie verstehend
Die gewölbte Stirne senken.
Denn seit menschlichem Gedenken
Sind sich ihre Mühen gleich
An verschwenderischem Schenken.
Freilich, störrische Manieren,
Dummes und verglastes Stieren,
Das empört!... und Flammen schießen
In die Kinderwange. Sollten
Sie nicht einmal sich genießen
In der Allmacht, weh zu tun?
Ach das Liebe, Liebe, nun
Muß von spitzem Mund gescholten
Es den Tod der Puppe sterben!
Da und dort aus dünnsten Scherben
Heben sich entschwebende
Puppenseelen — Horch: wie schwache
Gläser, die im Luftzug läuten —
Daß der allbelebende
Blick sie neu zur Puppe mache.
Kinder tun dies. Doch sie deuten
Es noch nicht. Erwachsen rufen
Sie es nie mehr sich zurück,
Und verheimlicht bleibt dies Stück
Unbeschreiblicher Geschichte,
Wie die allerkleinsten Wichte
Götter töteten und schufen!