Max Kommerell: Mit gleichsam chinesischem Pinsel


Der Tod des Buckligen

 

Der Bucklige,

Der fünf gerade Söhne zeugte,

Ging solang schief,

Bis sein Rücken waagrecht lief

Wie bei einem Roß.

Aber aufrecht sprach

Sein Gesicht,

Das eisenfarbene, das klargeäugte,

Mit dem Licht:

Groß, heiter,

Tief

An Güte.

Den Händen nach,

Wenn er goß,

Oder beim Mähen,

Schien er ein Koloß.

— — — — — — — — —

Der Kirschbaum vor dem Schuppen steht in Blüte.

Sein Weib hält die Leiter.

Er steigt, schaut.

Zwei Krähen

Flattern träge

Aus dem weißen Versteck.

Er lacht laut,

Steigt, ist hinweg.

Nur ein Rand noch

Vom Holzschuh, nur die Hand noch

Mit der Säge.

Er ist blind

Vor Weißem.

Blüten, mehr Blüten neigen

Sich über ihn im Takt

Wehenden Geruchs

Und mit dem Hauch

Von etwas Schnellem, Heißem,

Küssen ihn, haben

Nie genug.

Er ist ein Knabe, schön, nackt.

Andere, auch schöne, auch nackte Knaben

Werfen sich im Flug

(Er sieht das zwischen Zweigen)

Aus blauem Wind in blauen Wind.

«Siehe, so!

Versuch's!»

«Jetzt — Ich — Auch —

Oh!...»

Sie denkt: «Spricht er eigen!»

Sie ruft. Ein Fall. Im Liegen

Lächelt er,

Als würf' er eine Last ab.

«Keine Leiter mehr!

Ich kann fliegen.

Säge wer

Anderes den Ast ab!»