Sechstes Kapitel
Franz entging es nicht, wie sie krankte, wie sie an ihm vorbei sprach, ihm ferner stand. Weil sie ihm nun das Liebste auf der Welt war, wollte er nicht, daß andre Menschen ihm näher ständen als sie. Zwar hatte er hier draußen ohnehin nicht mehr viele Besuche zu empfangen, aber er behandelte selbst die wenigen sehr zurückhaltend. Insbesondere die alten Ullerichs floh er. Er konnte sie nicht mehr als die Eltern seines verstorbenen Freundes Albrecht betrachten. In Julius Fürchtegott sah er nur den schrumpfigen, ranzigen Polterer, in Frau Betty eine höchst neugierige Matrone; sie war es wirklich, und ihre Neugier wirkte um so unangenehmer, als sie ihr von ihrem Manne in Gegenwart andrer häufig verwiesen wurde. Ihre kleinen stechenden Augen schienen Franz schnurrig, weil die braune Iris meist ganz in dem rechten oder linken Winkel lag. Frau Ullerich hielt nämlich beim Zuhorchen den Kopf ganz steif seitlings am Sprecher vorbei und besah ihn mit gelassener Teilnahme aus der verstecktesten Spitze der Augenecken. Franz ärgerte auch ihre lange rötliche Nase, die sich nur ganz flach aus der breiigen Masse ihres Gesichts erhob und verpaßt schien.
Diese Zurückhaltung wiederum wirkte auf Antonien. Franzens dummer Ernst, dachte sie, sei zur Pestilenz und Seuche für das ganze Haus und bis in die Winkelchen des Alltags geworden. Nun schon gar die Tafelrunde gedrückt wie bei einem Leichenschmaus! Wer weiß, vielleicht empfanden die andern noch nicht so? Doch wohl: Herr Hohenkrähn blieb stets nur eine kurze Weile da, Frau Ladwig hatte ein ungewohntes Stocken im Halse oder eine überreiche Wortfülle. Und das schonende, Rücksichtsvolle, Abwartende, der Zehenspitzengang der Besucher wirkte manchmal beleidigend. Ihr war es beinahe schon lieb, wenn die Leute sich wenig sehen ließen, weil ihr die eigene Freundlichkeit gezwungen vorkam und jede Verstellung ihr widerlich war. Wo sie ihre klare Natur verdrängen und erlernte Absichten an die Stelle setzen wollte, mißlang es. Und die augenblickliche Mißwirkung war mit dem Augenblick nicht abgetan, sondern verwirrte für lange Zukunft sie und andre. Sie hatte sich einen weiten, argwöhnischen Blick angewöhnt, und ihr einfaches, nun kränkelndes und bangendes Wesen fand sich so leicht nicht mehr zusammen.
Sie umlauerte Franzens Mußestunden. Viele waren es ja nicht; seine Privatstunden hielten ihn den größten Teil des Tages von Hause. Sie schlich sich hinter die Gardinen und beobachtete minutenlang, wie er auf der Gartenbank hockte, Figuren in den Sand pflügte, und wie sein Gesicht in Stumpfheit und Mutlosigkeit zerfiel. Sie hatte es damals verfolgt, wie ihn die Sonnenflecke an der Wand beengten und wie seine Augen durstig und fröstelnd, doch streng an ihnen hingen und der Mund geisterhaft zuckte. Sie kam sich verächtlich als Lauscherin vor, wodurch sie ihre Drangsal dermaßen vergrößerte, daß sie sich ein ganz ungerechtes Bewußtsein von Franzens Enge erdröselte. Mußten Mußestunden nicht sein wie Heimwandeln auf abendlichem Goldgrund? So fragte sie einmal in scheel spöttelndem Tone, wie Franz das Halbstündchen auf der Mittagsbank bekommen sei.
Ihr Anbiß kränkte ihn tief. Er antwortete nicht, sondern ging langsam hinaus und schlich trübsinnig den Roten Weg bis zum Walde hinunter.
Um die Mühle flirrte die Hize und zitterte. Weiter draußen, zwischen den Birken, schienen feine, farblose Fäden hinüber und herüber und überzwerch zu schießen: es wob und wob und brachte keine Wift zustande. Im Walde klebte wohl die Müdigkeit die Wacholderzweige so dicht und filzig ineinander. Aus den Kieferwipfeln schien man den Schlaf schütteln zu können, und er müßte herausrauchen gleich einem grauen Puder. Franz sah ein Weilchen versonnen hinauf und ließ dann den Kopf hängen. Er ging still zurück.
Am meisten behext und gebannt war die Fabrikgegend des Roten Weges jetzt um ein Uhr. Die meisten Arbeiter waren zum Mittagessen gegangen, einige schliefen im Schatten eines Schuppens oder einer Laufbrücke, krumm und quer, wie sie gefallen waren. Neben kurzen und schmalen Schattenleisten der Geländer, Schornsteine oder Wagen begann scharf und hart das breite, heiße, weiße Reich des Lichtstaubes. Noch in das Schattenband eines Lattenzaunes waren silberne, an den Rändern dampfende Ritzen hineingeschnitten. Auf den Höfen duckte sich alles vor dem Licht. Ein in die Höhe ragendes Rad eines umgeworfenen Schiebekarrens mußte schon hundert Jahre so grell eingestaubt geschlafen haben, und es war eine Sage, daß die scharfzahnige Säge je in das Mark einer Tanne gebissen. Vogelrufe, Fliegensummen träumte diese Welt nur. Alles zufällig Gefallene und Gestellte, eine eichene Bracke, zwei Lowrys auf blaublitzenden Schienen, eine an jene Transmissionswelle angelehnte Leiter, die Ölkanne auf der schadhaften Stelle des backsteinernen Schwibbogens waren durch die Vernunft des großen weißen Geistes gerade so geordnet worden, und die Ordnung hatte ihren Zauber und schien unveränderlich.
Albrecht Ullerich, guter toter Freund! — seufzte es in Franz so her. — Er staunte in die weit offenen Einfahrten, kehrte um und schlich wieder nach Hause, ehe die Hitze ihm lästig werden konnte. Während seines aufmerksamen Betrachtens hatte er Antoniens Bitternis zu erklären gesucht. Doch verwarf er alle Gründe und ging von einem Stundenschüler zum andern, bis die gelbe, die rote Milde des Abends kam.
Da saß er hinter dem Fenster seines Arbeitszimmers und sah in die Welt. Sie war still wie eine große, stehen gebliebene Uhr, die spöttisch eben Kuckuck gerufen hat. — Die Dampfsirene der Mühle heulte plötzlich, und die andern Fabriken ließen ihre Pfiffe nacheinander schrillen. Franz fürchtete diese Schreie. Sein verstorbener Freund hatte je und je ein paar Verse geschrieben, und da er einst über seinem Haupte gewohnt, so war ihm auch das Leben dieser Straße einmal zu flüchtigem Liede geworden. Franz lagen die Zeilen gegen Abend oft lastend im Sinn:
Es ist acht Uhr. Die Pfeifen schreien,
Ein leerer Nachhall bleibt im Ohr.
Blaukittel geh'n zu zwei’n und dreien
Mit Schweiß am Kinn aus jedem Tor.
Bei manchem Tor steh'n stille Frauen,
Der Müden Strome zugewandt,
Und treten sanft zu einem Blauen
Und zieh'n sein Kännchen aus der Hand.
Das reißen Kinder auf, sie schaben
Die letzten Brocken ab für sich. —
Daß alle Feierabend haben,
Nicht aber du, nicht aber ich —!
Zwei Pfeifen mischen ihre Noten,
Das wird ein trauriger Akkord,
Als wie das Spätrot an den Schloten,
Wo grau der letzte Qualm verdorrt.
Franz hatte nicht Feierabend, weil er nicht arbeitete: so mußte er trotz seiner bis zur Erschöpfung angespannten Mühe glauben, und so striegelte er sein Wundes mit einem harten Striegel. Die Teufelszwirnhecke wurde von den Blicken der Arbeiter, die sich darin verfingen, schwer und unheimlich. Hier draußen, wo es nach Staub und Schweiß roch, wo alles Licht mehr Glanz und alles Lachen mehr Gnade war als im Stadtinneren, wurde die verfeinerte Arbeit eines Musikers Gaukelei, seine Gefühle gingen auf Stelzen. Hier war alles Sackleinene, Nervenlose, Dickadrige heim.
Zum Sinnbild dieses Viertels war ihm der bucklige Müllerbursche geworden, der jeden Morgen einen voll beladenen Wagen aus dem Mühlentore fuhr. Die krumme Linie seines verwachsenen Rückens kehrte vergrößert in den Mehlsäcken wieder — und als drollige, kecke Verkleinerung in der Mütze auf seinem Kopfe, so daß der ganze Lastwagen aus schmutzigweißen Buckeln bestand. Trotz seiner Mühsal pfiff der Bursch unermüdlich und überfroh. Franz versenkte sich, von seltsamen Schauern beronnen, in die Erinnerung an sein Bild und ging früh zu Bett. Er wollte ein Gespräch mit Antonien wegen ihrer Kränkung am Mittag heute vermeiden.
Antoniens Individualität wurde Abends bisweilen unbestimmt sehnsuchtsreich, verlor gleichsam ihre Umrisse, und sie sehnte sich nach Franz.
Die Fenster seines Arbeitszimmers standen weit offen. Die Luft war von schwerer Wärme und dumpfer Süße, fast der Kuchenteig des Schlaraffenlandes.
Die Stadt war gesegnet von schönen, himmlischen Zeichen. An solchen lieblichen Augustabenden schweiften güldene Sternschnuppen. In diesem Jahre flogen sie besonders häufig. Aus dem Fenster gelehnt, auf die Gerüche des Vorgärtchens wie auf ein unsichtbares Kissen gebettet, konnte man die Sternschnuppen gut verfolgen und sah sie links in den von leisem Duft und prachtvoller Geheimnisstimmung umgebenen Waldwipfeln schwinden. Vorn schnitt das hohe Mühlenhaus ihre Bahn mitten ab und verschlang sie mit seinen Schornsteinen und dem breiten Dachrinnenmaule.
Antonie stützte sich still sinnend auf den Fensterkopf und träumte in die goldpunktige Weite, neben ihr David.
Oben lag Ullerich samt seiner Frau im Fenster und rauchte Pfeife. Ein altertümlicher, süßlicher Geruch entstieg dem Tabak, ergötzend und lächernd wie ein Tanz des Großvaters mit der Großmutter.
Zuerst sprach keiner.
„Wieder eine, Mutti!“ rief endlich David silberhell und hob den Finger einer Sternschnuppe nach, die längst ins Blau gehuscht war.
„Ah, da ist ja noch wer,“ antwortete Julius Ullerich. Seine Worte lutschten am Pfeifenrohr entlang. „Guten Abend, Frau Pfinz.“
„Guten Abend, Frau Pfinz,“ sagte auch Frau Ullerich. „Guten Abend, Herr Pfinz.“
„Der ist wohl nicht da,“ entgegnete ihr Mann.
„Guten Abend,“ sagte Antonie. „Nein, mein Mann schläft schon. Er hat es wieder schwer gehabt.“
Es kostete sie eine kleine Anstrengung, dies zu sagen. Ullerich merkte wohl schon, daß eine Verstimmung in der Ehe war, weil er gleich sagte, der ist wohl nicht da. Sagte er es nicht sogar in einem Tone, als wäre ihm Franzens Verstimmung gegen ihn selbst bekannt?
Die Tür zum Schlafzimmer stand hinter Antonien offen. Sie errötete, als sie Franz sich im Bette wälzen hörte, daß die Pfosten ächzten. Er fand keine Ruhe, er bedurfte ihrer zu dieser Stunde auch nicht.
„Ach, wieder eine, Mutti!“ rief David klar.
„Prachtvoll, nicht wahr?“ fragte Frau Ullerich herunter.
„Wunderschön,“ sagte Antonie.
„Ihr Mann könnte das auch mal ansehen und brauchte sich nicht immer so zurückziehen,“ meinte Julius Fürchtegott Ullerich und paffte ein paarmal, daß eine silberblaue Wolke um seinen dicken Kopf dem Mond entgegen stieg.
Antonie erschrak. Wohl wäre ein schöner Platz für Franz hier neben ihr im Fenster gewesen, und diese Stunde hätte ein köstlicher Schmuck für das ganze Leben werden können. Ohne ihn wehrte sie sich eigentlich gegen die Schönheit. Wie mit ihm? Das Fallen der Sternschnuppenstreifen im weichen Blaugrau der Nacht erregte ihr fast einen leisen Schwindel, weil sie zwischenein so aufpaßte, welche Untertöne in den Worten der Nachbaren lagen.
Sie schämte sich, befangen zu fühlen, wie sie fühlen mußte, aber ihr Verhältnis zu Ullerichs war ja doch gequetscht, gespannt. Sie mußte Franz verteidigen ohne innere Nötigung dazu und entdeckte im Drang ihn zu schützen neue Blößen an ihm. Sie bat die Nachbaren nicht herunter, weil sie wußte, Franz mochte sie nicht, sie ging nicht hinauf, weil er auch das nicht gern sah. Und wußten das Ullerichs auch schon? Sie kamen ebenfalls nicht und nötigten nicht herauf.
Das Gespräch durchs Fenster wollte nicht fließen, bis das Bemühen, dem wißbegierigen David das Wesen der Sternschnuppen zu erklären, friedliche Meinungsverschiedenheiten und einen lebhafteren Austausch schuf. Nachher ermatteten die Worte wieder.
Franz hatte den Schall des Gespräches vernommen und es nicht aushalten können. Er stand auf, kleidete sich an und saß auf dem Bettrand, bis Antonie „Gute Nacht!“ sagte und die Fenster schloß.
Da kam er in die Tür.
David schrie über die unerwartete Erscheinung auf, aber Antonie freute sich sehr.
„Papa setzt sich hierher,“ sagte sie mild, den Tisch etwas vom Sofa abziehend, „und David legt sich ins warme Bettchen von Papa.“
Sie brachte den Kleinen aus den Kleidern und setzte sich dann zu Franz.
„Schade, daß wir nicht beide da im Fenster lagen,“ sagte sie.
„Wir können uns ja noch ein Weilchen hineinlegen,“ erwiderte er krank und beladen.
„Ich habe Ullerichs doch schon gesagt, daß du schläfst.“
„Legen wir uns also hinaus, wenn Ullerichs schlafen gegangen sind.“
Und sie lugten wie Gefangene zu den Fensterscheiben, die von einer bläulichen Trübung undurchsichtiger schienen.
Ihre Füße ruhten auf dem Flicketeppich. Ein Streifen Mondlicht hob eine Zone der rot- und fahlbraunen, grün- und weißgrauen Zeugzungen hervor. Hinter der Portiere zum Nebenzimmer wiegte sich das sanfte Atemholen des schlafenden David: dies sah und hörte Antonie. Franz hingegen freute sich, wie das Mondlicht die Totenmaske Beethovens in silbernen Duft hängte; ernst bog sie sich über seinen Damenschreibtisch mit geschweiften Beinen, und des Kindes Atmen schien aus diesem bleichen Gesicht mit den großen, geschlossenen Augen zu kommen.
Nach einer Weile öffneten sie das Fenster und lehnten sich hinaus. Sie blickten scheu nach oben. Dort lag niemand mehr.
Eine Zeitlang war keine Sternschnuppe zu sehen. Die Nacht war stiller und kälter geworden, und die Menschen fühlen sich um diese Stunde von harten Blicken fremd angesehen.
Franz und Antonie gaben sich mit einer wunden Erwartung der mondfarbenen Einsamkeit hin, wurden nicht erquickt und traten sehr bald friedelos und zagend in die stumpfere Dämmerung der Stube zurück.
Der nächste Tag war trübe. Ein schleichender Wind schleppte über die Sträucher, eine unbehagliche Nachdenksamkeit hielt die Menschen an einem Fenster oder auf einem Stuhle fest.
Der folgende Morgen war wieder sonnig. Antonie stäubte ab, während Franz schon Beispiele für einen Schüler in der Harmonielehre schrieb. Von der Dachrinne tropfte das Licht streifig, das Blau färbte es blauer, die trabenden Rappen machte es augenblicksweise zu Schecken, die glatten Hände behaarte es, in den Gossen glitzerte es und verlor dabei kein Pünktchen seiner Heiligkeit. Antonie war überrascht wie nach einem Erwachen aus erschöpfender Ohnmacht und machte Kinderaugen. Ihr Staubtuch zögerte vor Franzens Schreibtisch: sie konnte die Sonne doch nicht aus der Welt stäuben, nicht einmal vom kleinsten Dinge. Sie war gerührt, nur, daß doch überall ein Schmerz in der Freude lag, wie manchem Kranken bei seligem Blick in die Höhe die Augenhöhlen schmerzen.
Da kam Frau Ladwig und reifte ein ganz offenes und hartes Haßgefühl gegen Franz; unerwartet heftig entstand es.
„Liebe Frau Pfinzchen, so still? Ich finde, Sie sind so still geworden, liebes Kind?“ — Und dabei tätschelten bedauernde Hände mager und kalt um ihr Kinn.
„Erzählen Sie doch etwas, Frau Ladwig,“ antwortete Antonie leicht gezwungen und sah beiseite.
„Ei, Frau Pfinzchen, ich finde, auch Ihr Mann ist still und schmollt vielleicht gar. — Ja, das entgeht dem Aufmerksamen nicht. Habt ihr was miteinander, Kinder?“
Dabei faßte sie von ihrem Stuhl aus die aufrecht stehende Antonie um die Taille und ließ sie nicht fort.
„Was sollen wir denn immer schwatzen?“ erwiderte Antonie errötend. „Früher fand ich dasselbe wie Sie.“
„Ach nein, schwatzen! Warum sagen Sie schwatzen? Soll man denn mucken?“ Sie bestreichelte wieder Antoniens Gesicht und sprach in so weichem, so unendlich bedauerndem Ton.
Antonie stampfte leise mit dem Fuß auf.
„Ach! — — — Also, es ist schon gut.“
So ging das neugierige Zaungucken schon an, das fürsorgliche Bejammern!
„Hier, sehen Sie, der soll auf den Tisch drüben,“ sagte sie trocken, wies einen halbfertigen weißen Läufer vor und erklärte die Häkelei. Frau Ladwig aber hatte dafür nicht soviele Blicke wie für Antonien, stellte ihre Unwillkommenheit ohne Groll fest — und machte fortan seltener den Weg hier heraus.
In Antonien erlosch der Eindruck dieses Morgens nicht mehr. Versteckter Haß setzte auf gewisse kleinen Dinge seine Spinnenfüße. Antonie folgte Franzens Fingern mit Unbehagen, wenn sie behaglich den Kopf krauten. Hatte sie ihm beim Ausgang noch das freundlichste Wort mitgegeben, so betrachtete sie gleich darauf mit stechenden Augen, wie der Drücker hinter ihm gar zu bedächtig und leise in seine wagrechte Lage hochstieg. Über ein Lächeln dachte sie nach, ob es nicht falsch gewesen war, bemerkte einen Sprachfehler genauer, hörte ein wehleidiges Zittern seiner Stimme länger und rümpfte darüber die Nase, hätte ihm einmal sogar fast nachgeäfft ohne jeden bösen Vorsatz; es wurde ihr erst beim Ansetzen bewußt und sie schrak darüber zusammen. — Einmal kam er erkältet nach Hause und hustete in der folgenden Nacht ein paar Stunden. Da Antonie den Tag über schwer genug gearbeitet hatte, nahm sie die Störung des Schlafes in einem mit Ekel gemischten leisen Zorn hin. — Der Umzug gewann immer größeren Raum in ihrem Erinnerungsleben und unterstützte täglich Widerwillen und Scham.