Gedichte über Blumen

Blumenmuskel, der der Anemone

Wiesenmorgen nach und nach erschließt,

bis in ihren Schooß das polyphone

Licht der lauten Himmel sich ergießt,

 

in den stillen Blütenstern gespannter

Muskel des unendlichen Empfangs,

manchmal so von Fülle übermannter,

daß der Ruhewink des Untergangs

 

kaum vermag die weitzurückgeschnellten

Blätterränder dir zurückzugeben:

du, Entschluß und Kraft von wieviel Welten!

 

Wir, Gewaltsamen, wir währen länger.

Aber wann, in welchem aller Leben,

sind wir endlich offen und Empfänger?

Rainer Maria Rilke