Ihr, die ihr tiefer steht als wir, der Erde näher,
und ferner ihrer Qual, ihr habt das reine Leben.
Ihr kehret wieder: Uns ist der Tod ein weher
Abschied für immer.
Nur eine Rast ist Sterben euch. Und schöner heben
sich eure Blütenflügel in die zärtlichen Winde,
und ihr unsterblicher Schmelz macht tief erbeben
uns böse Schatten.
Euch macht die Nacht nicht bang, die unsrer vielen Sünde
anklagend stummer Sprecher ist. Ihr stillen Sterne
schwebt, groß euch spiegelnd, durch die Morgengründe
kindlichen Schauens.
Dort ist Geschwisterschaft. Dort mögt ihr Scheuen gerne
aufschließen euch dem Tau, dem Sturm der Liebesbitten.
Wir stehen ausgestoßen in der Ferne;
hoffärtig, weinend —
Und wandeln, während eure Wurzeln, unverschnitten
bewahrt in Gottes Schoß, sich brüderlicher bergen
und eure Andacht Gottes Stirn küßt, mitten
in unserem Abgrund.
Josef Weinheber
Mit freundlicher Genehmigung der Josef-Weinheber-Gesellschaft