Gedichte über Blumen
NARZISSEN

Längs dem Quell und hinan über den Wiesenhang,

wo der Birken Geweb gegen den fahlen Firn

geistert — Horch, eine Flöte

klagt der Stille ihr perlend Leid.

 

Bald ersterbender Ruf, Jugend und Liebeswahn:

War es hier? Oder litt ewig im Traum das Herz?

Und erkennt sich in diesem

Schweigen? Sieht seine Tränen, sieht

 

aufgegangen das Blut, sternenerstarrt den Schmerz

und die Schönheit nicht tot, da sie zu singen glückt?

Steige, namenlos stiller

Jüngling! Nimm dir die Seele, fühl

 

unerwiderte Glut, schmerzvoll versunkne Schau

in das eigene Bild, ewigen Opfers nie

endendürfende Trauer,

fremd und ferne dem plumpen Tag.

 

Wie dein Schicksal doch ganz meines in sich erfüllt!

Kühle Blumen — und ach! Da ich mein Herz zerriß,

war es Blut. Noch im Tode

folg ich, edle Gestalt, dir nach.

Josef Weinheber