Sähe dich einer, du glühtest — wie dort im Straßburger Münster
Die Rosette erglüht, Rose des Abendlands.
Zwar, es umdroht dich Gefahr: des Weltfeuers zornige Flamme
Wagt sich, Schutzlose du, an dein heiliges Haupt,
Und der Bedenkliche fragt: was soll, da rings die Gewalt herrscht,
Rose, dein Glanz und dein Duft, Rose, dein leuchtend Vertraun?
Aber es waltet noch immer des Opfers strenges Geheimnis,
Und das Vergehende schenkt unvergängliche Kraft.
Sähe dich einer — im Dunkel, ja tief in der Nacht noch
Sieht der Leidende dich, und du erneust ihm das Herz.
Albrecht Goes
Albrecht Goes, Rose des Abendlandes. Aus: ders., Lichtschatten du. Gedichte aus fünfzig Jahren. S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 1978