Gedichte über Blumen
ROSE DES ABENDLANDES

Sähe dich einer, du glühtest — wie dort im Straßburger Münster

Die Rosette erglüht, Rose des Abendlands.

Zwar, es umdroht dich Gefahr: des Weltfeuers zornige Flamme

Wagt sich, Schutzlose du, an dein heiliges Haupt,

Und der Bedenkliche fragt: was soll, da rings die Gewalt herrscht,

Rose, dein Glanz und dein Duft, Rose, dein leuchtend Vertraun?

Aber es waltet noch immer des Opfers strenges Geheimnis,

Und das Vergehende schenkt unvergängliche Kraft.

Sähe dich einer — im Dunkel, ja tief in der Nacht noch

Sieht der Leidende dich, und du erneust ihm das Herz.

Albrecht Goes