Gedichte über Blumen
GELBE ROSE

Als die schmale Flamme ihrer Knospe

sich geöffnet, lohten hierhin, dorthin

Blätter aus der Blüte, weit und weiter,

Bis das violette Herz entblößt lag,

Bis sie überm dringenden Sichöffnen

Aufrecht in der eignen Form zu stehen,

Selig Sinkende, vergaß.

 

Breitend alle Blätter, die bereiten

Einzugehen in das uralt blasse,

Flüsternde Geweb des ewigen Teppichs,

Dargeboten ruht die welke Rose.

In ein raumlos Inneres versanken

Saft und Feuer ihres reichen Blühens,

Dort verwandelt sie und mischt und läutert

Sie die reine Alchemie des Todes,

Und die Blüte horcht in jenes Innen,

Abgewandt.

 

Edelstaub des Sterbens dämpft ihr Gelb,

Löscht die leise Röte, trocknet ihr die

Letzte Feuchte aus den Farben, doch ein andrer

Glanz erwacht in ihrem Abschiednehmen:

Gold verschweigt sie überall.

Ludwig Strauß