Du fern Geliebte! Schreck mich nicht auf, ich bin
vorbei, vorüber. Laß mich, solang du winkst,
dir nachschaun, trauern. Scham und Sehnsucht
dunkeln im Kranz der Erinnerungen.
Dort stehst du noch und blühst einem neuen Jahr
und blühst zu Unruh neuem Geschlecht und hauchst
wie ehe, schön und weiß und blutwild,
Kelch der Verzauberung! her die Wolke,
den süßen Rausch der Leiber, die stöhnenden
und feuchten Lippen, purpurn Gelöstsein, Last
der lauen Luft, Umschlingung unter
sausenden Bäumen, gegeben in die
Gewalt der Küsse, Taumel und Übermaß
des Glücks! O nimm das Süße zurück, den Hauch
des Damals. Längst zuviel ist dieser
herbe Geruch, der die Jugend aufruft.
O fühl: Dies ist dein bitterster Dorn: Du kommst
noch einmal: prüfst, beschwörst dieses Sterbens Kraft;
verführst noch dort, wo still zu gehen
einzig bewahrt vor dem Krampf der Schwäche.
So laß mich außerhalb! Und die Trümmer will
ich sammeln in den Traum: In das Glück, für dich
gerettet, mein zu sein; entrückt schon,
singen zu dürfen: O fern Geliebte...
Josef Weinheber
Mit freundlicher Genehmigung der Josef-Weinheber-Gesellschaft