Ein Rosenstöckchen, früh erblüht,
Ist über Nacht erfroren,
Als wie ein hoffendes Gemüt
Die Hoffnung hat verloren.
Wenn nun die andern sommerlang
Sich mit den Kronen schmücken,
Muß es betrübt bei dem Gesang
Der Nachtigall sich bücken.
Doch einen spärlichen Ersatz
Hat ihm der Herbst bescheret;
Als rings die andern ihren Schatz
Der Lebenslust geleeret:
Da triebs am letzten Sonnenstrahl
Aus innigen Gedanken
Ein Röslein noch, voll Lust und Qual
Im kalten Hauch zu schwanken.
O glücklich, die in lauer Luft
Der Frühling ließ verglühen!
So schaurig ist es, auf der Gruft
Der Liebe zu verblühen.
Friedrich Rückert