"Was willst du schon, zu frühes Kind des Mais?"
So sprach der Schnee zu einer zarten Blume,
Die sich dem harten Schoß der Erd entdrängte,
Als er, ein Sohn des März, kalt auf sie fiel.
"Ich bringe dir, Unglückliche! den Tod:
So will es dein unseliges Geschick.
O warum gingest du so bald hervor?"
Doch ihm erwiderte die beßre Blume:
"Ich harre hier der Sonne des Aprils.
Der innerlichen Kraft gewaltges Streben
Trieb mich hervor, noch eh der Winter floh.
Wenn mich nun auch dein kalter Hauch vertilgt,
So geh ich freudig doch vom kleinen Schauplatz,
Weil ich dem innren Streben bin gefolgt."
Allein der Blume ward ein schönres Los:
Die Vorsicht rettete den zarten Keim.
Ein Mädchen, das die fromme Blume sah,
Entfernte hurtig und mit zarter Hand
Den Schnee, der grausam schon am Leben ihr,
Am kaum enpfangenen, stillen Leben nagte,
Und flocht von Rohr ihr eine kleine Zelle,
Und schirmete damit die junge Pflanze,
Bis an der Frühlingssonne wärmrem Strahl
Sich ihre Schönheit ganz entfaltete.
Johann Traugott Leberecht Danz