Gedichte über Blumen
AN EINEN BLUMENGARTEN

Sehnsuchtstränen rinnen dir oft, die süßen

Sehnsuchtstränen später Erinnrung, werte

Szene meiner goldenen Knabenfreuden,

Bester der Gärten!

 

Deiner Beete blitzende Wechselfarben,

Wo sich Buttervögel im Tau besahen,

Und auf Silberrosen das Bild des schönen

Frührots sich malte;

 

Deine Blütenlauben, wo Nachtigallen

Maienlieder flöteten, kleine Bienen

Ihr Entzücken summeten, stehn mir immer,

Immer vor Augen.

 

Immer, immer schau ich die werten Plätze,

Wo du mit mir wandeltest, teurer Vater!

Wo dein Mund, dein redlicher Mund, der Tugend

Schöne mich lehrte.

 

Und die Kräuterwasen, wo Juliane

Durch die tausendfarbigen Frühlingsblumen

Hüpfte, sanft beschimmert vom Abendgolde,

Zephyrlich hüpfte.

 

Welch ein Wonnelächeln um ihre Wangen

Schwebte! Noch im Eden der Toten Gottes

Will ich deiner, lächelndes Mädchen, deiner,

Garten, gedenken!

Ludwig Christoph Heinrich Hölty