Konrad Weiß
Die kleine Schöpfung
Erstausgabe: Georg Müller Verlag, München 1926
Dieses Digitalisat enthält den um 4 Strophen aus dem Nachlaß erweiterten Text der Ausgabe von 1948
Herausgeber des Digitalisats: Wilfried Käding
Ins Netz gestellt am 8. Mai 2015
Gewidmet dem Kind Felizitas
WANDERSPRUCH
Nur ein Blatt von Schwere kaum,
wirbelnd fällt es ab vom Baum,
um ein Kind niemalen matt
sinkt geschwichtet Blatt um Blatt.
Hingestorbne Wanderspur
löst die Schwere, wandert nur;
immer seliger gewinnt
uns Erinnrung wie ein Kind.
***************
Täglich, spricht der alte Hahn,
fängt ein neues Tagwerk an,
seit die Welt von Gott, mein Christ,
kikriki erschaffen ist.
Alle Kinder wachen auf,
Mutter, spricht der Vater, lauf,
Sonne scheint vom Himmelszelt
in die Kammer dieser Welt.
Komm heraus auf meinen Schoß,
ei wie ist das Kindlein groß,
weil bei Nacht die Zehe siehst
du gagag gewachsen ist.
Werktag ist ein lauter Tag,
jeder werkt, so viel er mag,
doch der Gockel stark und schrill
kräht auch Sonntags, wann er will.
Denn das Tier hat ein Gebot,
rege dich und lobe Gott,
flügelschlagend benedeit
drum der Hahn die liebe Zeit.
Eines Tages laut wie nie
schrie der Hahn, wer kikriki
kikriki ist noch im Haus,
sieh da kam das Kind heraus.
Winke winke wie wie weit
ist schon fort die liebe Zeit,
kaum daß dies gesprochen war,
kam mit Gag die Hühnerschar.
Eine Henne spät und früh
gagagag hat Ruhe nie,
und wenn wir versammelt sind,
geht das Fressen sehr geschwind.
Doch der Gockel fiel ins Wort,
Schnickschnack ihr bleibt hier am Ort,
ich geh mit dem Kind zu zwein
in die goldne Zeit hinein.
Dreimal schlug er in den Tag
mächtig seinen Flügelschlag,
daß der Weg ganz rein und lind
lag zu Füßen vor dem Kind.
Wunderwanderweiter Raum,
komm zu mir so spricht der Baum,
komm der Weg, und nun komm mit,
sprach der Hahn und ging im Schritt.
Froher Weg ist schnell gewählt,
ringsum stand das Himmelszelt,
doch die Reise hatte bald
unversehens Aufenthalt.
Halt, so sprach der Hahn, ei ei
wer hat hier gerade zwei
Weizenkörner gelb und hart
unbefleckt und unverscharrt
mitten in den Weg gelegt,
daß sich gleich der Schnabel regt,
eins fürs Kind, das andre Korn
für den Ritter mit dem Sporn.
Schon hat er sichs einverleibt,
daß ihm nichts zu tragen bleibt,
wer nicht sparen gig und gag
kann, lebt sorglos pick und pack.
Doch da schaut das ganze Land
auf das Kindlein unverwandt,
komm, da trug es sein Gericht
in der Hand und aß es nicht.
Wunderwanderweiter Raum,
sieh da fliegt ein Sperlingflaum,
eine Feder leicht und schräg,
spricht der Hahn, die zeigt den Weg.
Halt, wer unsre Dienste halt,
unsre Dienste braucht, bezahlt,
muß bezahlen, halt Alarm,
schrie ein ganzer Sperlingschwarm.
Unsre Dienste, unsern Kiel,
Daune, Fahne, Federspiel,
zahlen muß er klipp und klar
unsre ganze tapfre Schar.
Komm, hier spricht man gar kein Wort
und die Feder ist schon fort,
sprach der Hahn und sagte nein,
doch der Chor hüpft hintendrein.
Um die Hecke komm geschwind,
dort weht gleich ein andrer Wind,
dieses Volk führt kikrikik
immer und am liebsten Krieg.
Und wer auf die Zänker paßt,
sprach der Hahn, hat niemals Rast,
sprachs und schlug die Flügel aus
und ging langen Schritts voraus.
Durch die Blätter ging die Luft,
Perlen gingen durch den Duft,
durch den grünen Erdensaal
ging der helle Morgenstrahl.
Auf der Wiese wächst das Gras,
mitten drin ein Hügel saß
schwarz und erdig lockerklein,
wer mag hier begraben sein?
Kaum daß man sich recht besinnt,
rückt es, daß der Hügel rinnt,
gocklock, sprach der Hahn, nur still,
weil ich einmal horchen will.
Wer kommt hier, hat kleine Schuh,
hüo hü und schaut mir zu,
hü vor meinem schwarzen Haus,
und der Maulwurf schaut heraus.
Sprach der Hahn, gocklock fürwahr,
gocklock hier hat nichts Gefahr,
und das Kind, schau Zwerglein Zwerg,
warf sein Körnlein auf den Berg.
Danke danke sag ich an,
bin doch fast ein blinder Mann,
der mit Kopf und Hand und Fuß
graben graben graben muß.
Frühling, Sommer, Zitterschein,
Wurzeln kehren bei mir ein,
finster ist mein Haus, mein Schritt,
Kind nimm eine Blume mit.
Blume auf dem schlanken Stiel,
nimm sie, und die Blume fiel,
Maulwurf rückt zum Gruße nach
wie ein Hütlein noch sein Dach.
Eine Taube rug rug ru
sah und nickte, kam herzu,
eine weiße Taube kam,
die das Korn vom Hügel nahm.
Frühling, Sommer, weite Bahn,
Blume, Kind, Korn, Taube, Hahn
gehen alle nun zu drein
in die goldne Zeit hinein.
In Gesellschaft geht man gern,
Trippel, Trappel, Blume, Kern,
unsre ganze Kreatur
wandert in der Fremde nur.
Wo die Sonne scheint durchs Laub,
sitzt der Sperling froh im Staub,
schüttelt sich und putzt im Bad,
hat viel Zeit und bösen Rat.
Ei du Taube, ei du fein
feines Kind, Hahn hintendrein,
in Gesellschaft, das ist lieb,
Taugenichts und Tagedieb.
Doch der Schimpf kam nicht zum Ziel,
mitten drein ein Schatten fiel,
und ein Windstoß, kurzer Schreck,
blies den losen Schalken weg.
Lüfte wehen glockengleich,
Blumen blühen durch das Reich,
ringsherum wie Szepter schön
Blumen auf den Stengeln stehn.
Doch wo bös der Nachbar rief,
lag noch jetzt ein Schatten schief,
mache, wie die Sonne tritt,
komm darüber einen Schritt.
Und es schritten Kind und Hahn
und die Taube ging voran,
doch da ging der Schattenstrich
auch im Schritt und rührte sich.
Und er war ein dunkler Mann,
silberbärtig umgetan,
und sein Mantel kam daher
rauschend wie ein Wasserwehr.
Wer hat wie ein Kindlein Mut,
wenn sich Gottes Blick auftut?
Das Gesicht verschwand und sprach,
und die Wandrer dachten nach:
Wißt ihr, wer den Sperling blies
und den Schatten fallen ließ,
ringsherum ist meine Statt,
der den langen Atem hat.
Jedes Gräslein steht und schweigt,
nur die liebe Sonne steigt
immer höher ihren Weg,
hohen heißen Himmelssteg.
Sprach der Hahn, erschrocken zwar
wie vorm Vater Adebar,
wenn er kommt, ein Frosch erschrickt,
bin ich fast, die Taube nickt.
Was vorbei ist, ist getan,
wie man geht, so kommt die Bahn,
nickt sie, wie sie immer nickt,
wenn sie sich zu Fuß beschickt.
Und die Herzchen, erst noch fremd,
sprachen nun ganz ungehemmt,
weil man ein Erlebnis hat,
doch der Hahn sprach nimmersatt.
Was ein Hahn wird, übt den Hals
jung schon und ich ebenfalls,
sprach er, und ich weiß nicht wie,
plötzlich schrie ich kikriki.
Sehr erstaunt war ich und stolz,
doch, was Holz ist, das bleibt Holz,
sprach mein Vater, so mein Sohn
krähte unser Urahn schon.
Unsre Stimme klingt mit Macht
täglich aus der Gruft der Nacht,
wir sind nur ein kleines Tier,
aber Petrus weinte schier.
Jede Nacht hat Morgenglanz,
Petrus aber weinte ganz,
weil ein Ruf in Nacht ergeht,
der das Herz wie Schollen dreht.
Unser Ruf wie Uhrwerk geht,
Gut und Bös wie Schollen dreht,
ja wir sind ein kleines Tier,
aber damals krähten wir.
Sprach die Taube, horcht nur zu,
wie sie singen, doch wie du
singt kein Vogel, und wie nie
schrie er plötzlich kikriki.
Ja wie aus dem Spalte dicht
zwischen Erd und Himmel Licht
morgens kommt und fährt vorbei,
also ist der Hahnenschrei.
Wind ging durch das Gras in Ruh,
doch ein Zittern kam dazu,
und der Ton mit voller Lust
ging wie Schaudern aus der Brust.
Wie ein Wappen stand er klar
auf dem Feldstein, der da war,
denn die Ordnung und der Ton
braucht zur Haltung einen Thron.
Alles ob es klein ob groß,
das Geschöpf braucht Ort und Schoß,
daß es froh spricht, wo es lebt,
hier bin ich hineingewebt.
Doch die Wesen sind nicht gleich,
ein fast unsichtbares Reich
hat die Lerche, wenn sie grenzt,
wo sie kaum im Blau noch glänzt.
Singt sie, ist der Himmelshang
wie ein Stockwerk voll Gesang,
aufwärts blickt man und verirrt,
wo ihr kleiner Körper schwirrt.
Was man sah, war wunderbar,
daß sich fast die kleine Schar
der drei Wanderer vergaß,
bis den Weg sie wieder maß.
Und die Straßen, immerfort
Wanderstraßen, doch sieh dort
stand am Rain ein Rabe, der
wartete und schaute her,
schweigend, bis die Taube sprach:
Der du wie ein finstres Dach
dort stehst, nur zuweilen nickst
und mit einem Auge blickst,
wie ein Hammer in der Luft
ist dein Schnabel, der nicht ruft,
komm und sprich nach unserm Brauch,
Rabe, und der Hahn sprach auch:
Rabe komm, halt mit uns Schritt!
Nein, sprach er, ich geh nicht mit.
Wanderschaft hat eine Spur
wie das Pendel einer Uhr,
warten muß man auf das Grab,
kommt die Stunde, ruf ich rab,
daß im Feld ein Schall erklingt,
wie man einen Hammer schwingt.
Drauf erhoben schwarz genug
strich er ab mit schwerem Flug,
fern und schwarz, man sah ihn kaum,
saß er ein auf einem Baum.
Jenes dort und dieses hier,
weites Feld und kleines Tier,
Herz im Kerker, eilend Lied,
wenn man eine Grille sieht.
Lieder, Kinder unbewußt,
wann wird die gefangne Brust
so vom Schmerze wanderfrei,
daß sie gern gefangen sei.
Vieles kam noch aus im Land,
auch ein Hase kam gerannt
aus der Furche in die Höh
gleich bei einem Acker Klee.
Ein Gespann ging mit dem Pflug,
bis der Bauer sprach: genug,
weil der Mittag Hörner trägt
und die Glocke lange schlägt.
Denn das Mittagbild ist schwer,
geht mit harter Stirn einher,
tragend im verschloßnen Born
Morgenhorn und Abendhorn.
Wohl des Mittagswegs allein
kommt ein Kind, ein Körper klein,
unbewegten Angesichts,
schneller gehend, sagend nichts,
trägt vorbei in seiner Hand
viele Blumen, die es fand;
kleiner Körper, kleine Schar,
wer nimmt all die Blumen wahr!
Alle Blumen sind noch gleich
wachsend in dem Kinderreich,
bis in unsres Sinnes Licht
eine dunkle Rose bricht.
Unaufhaltsam unbewegt,
nur daß sich der Atem regt,
blickt das Mittagbild uns an,
wandre Taube, Kind und Hahn.
Kam der Bauer mit dem Knecht
auf dem Heimweg, stellt sich recht
hin vor unsre Wandrer drei,
fragt: Ja Kind ja Kumpanei
ja woher und wo hinaus,
wo sind denn die drei zu Haus?
Sprach der Hahn: Das findet sich
innerlich und kündet sich.
Ging die Bäurin mit der Magd
heimwärts und die Bäurin fragt:
Um des Himmels willen, Kind,
und die Kameraden sind
eine Taube und ein Hahn,
ja was fang mit euch ich an?
Sprach die Taube: Bunte Schuh,
munter zu dem Wunder zu.
Winke Seele, winke Kind,
wandre Erde, wandre Wind,
an der Straße blüht das Land
wie ein Zweig in deiner Hand.
Kommt ein Berg, den Himmelssteig
fliegt ein Vogel Zweig an Zweig
selig auf, mit Baum und Stab
kommt der Berg zum Kind herab.
Kind was willst du, Wonne viel,
Berg was sinnst du, nach dem Ziel,
Kind und Baum und Blume stand,
auf die Kniee fiel das Land.
Fliege Vogel, Beinchen lauf,
Berg herab und Kind hinauf,
doch der Hahn sprach, halt ich bitt,
kikriki halt mit mir Schritt.
Dort wo man zur Seite schaut,
war ein ganzer Wald gebaut,
eine Hürde war davor,
Schafe schliefen dort im Chor.
Plötzlich als der Kuckuck rief,
stand ein Lamm auf, das nicht schlief,
stille, rühret mich nicht an,
horchen will ich, sprach der Hahn.
Wanderherz auf dunkler Spur,
Puls der Lüfte ist es nur,
Kuckuck Kuckuck wann es will,
Kuckuck laut und wieder still.
Wo man geht und wo man schaut,
wird nun alle Regung laut,
aus dem Walde kam ein Stamm,
aus der Hürde kam das Lamm.
Gleich der Sonne kam es her
über alle Felder quer,
und mit silbernem Geflock
war der Stamm ein Brunnenstock.
Aus der Ferne wie das Meer,
wie ein Kern kommt alles her,
ruheloser Pilgersinn,
wie ein Kind geht alles hin.
Öffne dich und sei bereit
selige Geborgenheit,
offner Gottesgarten rund
wie ein aufgeschloßner Mund.
Wie das Auge sich beschenkt,
öffne dich und sei getränkt
du Geschöpf in sichrer Hut,
wie die warme Zunge ruht.
Hüpfend fand das Lamm die Spur,
müde Beinchen folget nur,
jedes kam und jedes trank,
auch ein Fremder, der sah krank,
der sah aus wie Aufenthalt
lange in dem dunklen Wald,
sachte daß er sie nicht schreckt,
sah er, wie es jedem schmeckt.
Ach das ging so Kopf an Kopf,
auf und ab so Schopf an Schopf,
wie es, wenn ein Brünnlein träuft,
Well an Welle um sich läuft.
Bog das Lamm und bog das Kind,
hielt das Wässerchen geschwind,
hob die Taube, hob der Hahn,
fing es neu zu rinnen an.
Bild der Erde allverweilt
war wie Bäche ausgeteilt,
war doch, wo sie Lager bot,
nahe und wie trocknes Brot.
Aber gleich dem Brunnen lief
treu das Herz, das noch nicht schlief,
wie ein Lamm, das ungeschaut
einer Führung sich vertraut.
Als sie zählten, wie viel sind
Taube, Lamm und Hahn und Kind
auf der Reise fort von hier,
waren es nun Wandrer vier.
Niemand schaute ihnen nach
als der Fremde, der jetzt sprach:
ruheloser Pilgersinn,
wie ein Kind geht alles hin.
Wo man ging, war Gras und Baum,
grüner Berg und blauer Raum
und auf einem Wolkenkahn
fuhr das hohe Licht heran.
In den Gräsern, Gittern hell
floß das Licht so heimlich schnell,
schmetterlinggleich aufwärts trug
sich gelöst der Wanderzug,
selbstvergessen, doch da husch
raschelte es stark im Busch,
ja da fuhr es fast ins Mark,
plötzlich raschelte es stark.
Zwar der Hahn mit tapferm Lauf
rannte spornstreichs gleich darauf
wie der Ritter zum Turnier,
doch da rief es: Ich bin hier!
Wer ist hier, rief man, und wo,
und nur halb und ängstlich froh
sah man in die Zweige, bis
sich der Fremdling blicken ließ.
Sprach der Hahn: Es sitzt, mein Wort,
nur ein kleiner Fremder dort,
doch, sprach er, es funkelt sehr
schwarz von seinen Augen her.
Sprach der Fremdling: Eine Nuß,
drum das Eichhorn wandern muß,
immer wandern, und ein Nest,
wenn das Licht den Tag verläßt.
Sprachs und schaukelte mit Hast
und sprang über Baum und Ast,
einmal schaute Aug und Ohr
lang noch hinterm Stamm hervor.
Und beweglich perlenhaft
sprach noch seine Augenkraft:
Unsres Daseins Zwang und Art
ist stets rätselhaft und hart.
Stiller warf die Sonne bald
ihre Strahlen in den Wald,
auch als blasses Silbermal
hing der Mond am Himmelssaal.
Sprach die Taube: Abwärts geht
nun die liebe Sonne, seht,
und das Land, das dunkler blinkt,
ist ein Kelch, aus dem sie trinkt.
Wer ist mehr als Sonne, wer
trinkt und dürstet immer mehr,
sprach das Lamm, und Baum und Strauch
und das Echo horchte auch.
Und sie sprachen und es klang
aus dem Walde wie ein Gang,
und sie horchten, innerwärts
war das Echo wie ein Herz.
Und auch einem Herzen gleich
ruht der Berg im Himmelreich,
steigt man über seinen Rand,
wird die Tiefe unbekannt.
Und die Herzen wurden still,
laß es gehen, wie Gott will,
alles war ein offnes Tor,
Schweigen trat daraus hervor.
Sprach die Taube, wenn man denkt,
was uns so ein Herz doch schenkt,
und in seiner Wallung gut
ist es nur ein Tropfen Blut.
Atmend im bestimmten Lauf
geht der Eimer ab und auf,
füllt die Fluten und die Fracht
sind die Träume in der Nacht.
Komm zum Kinde, Kunde mild,
in das Auge, in ein Bild,
und was man nicht sagen kann,
sehen unsre Augen an.
Aller Schein wie Augen geht
hin, er wird hinweggemäht
und gefesselt Glied um Glied,
alles wird ein stummes Lied.
Kikriki, nein aufgewacht,
aufgemacht das Tor der Nacht,
komm, so sprach der Hahn und wies
mit dem Fuß und Krallenspieß.
Munter, jetzt noch einen Schritt,
du zuerst und wer hält Tritt
durch der Himmelspforte Paß,
ich und du, Felizitas.
Augen, die ihr offen steht,
gleichwie Sonnen die ihr geht,
weil die Erde wandernd rollt
oder fällt ein Tropfen Gold,
nirgends sah man eine Wand,
flog der Fuß und flog die Hand
auf und auf im goldnen Raum
wie das Eichhorn auf dem Baum.
Lamm und Taube, Hahn und Kind
auf und auf im Himmel sind,
schattengleich hinweggewischt
und im Himmel aufgetischt.
Lippen, die ihr mächtig nur
eines Wortes, sprechend nur
gleich den Schnäbeln offen geht
oder Rosen auf dem Beet.
Sieh ein Engel, nein geschart
waren viele wie ein Bart
rauschend und als wie ein Wehr
ging daraus ein Flüstern her.
Rechts und links stand Tier an Tier,
Engel, Löwe, Adler, Stier,
laut mit Trommeln, wartend schon
saß der Herr auf seinem Thron.
Wer saß dort auf hoher Statt:
Der den langen Atem hat
und ihm wie ein Lächeln rund
flog ein Sperling um den Mund.
Und zuerst trat in den Kreis
mit dem Korn die Taube weiß,
dann das Kind, doch ihm zuvor
trat der Hahn jetzt in den Chor.
Dort das Dorf mit lauter Schein
und zu oberst ganz allein,
sprach der Hahn und reckte sich,
auf dem Kirchturm das bin ich.
Wer ist mehr als Sonne, wer
trinkt und dürstet immer mehr,
sprach das Lamm, und jeder Laut
war wie Atem aufgestaut.
Und sie schwiegen und es klang
in dem Chore wie Gesang,
wie ein Rauschen, das mit Lob
ganz von ferne sich erhob.
Wann kommt diese Fülle her
rauschend überm weiten Meer,
Erde satt von jedem Ding,
winkend auf dem Wasserring?
Und wo ist die Stätte, wo
spricht das Herz, nun bin ich froh,
Ruf und Stimme warm und kalt
schläft mit Echo noch im Wald.
Bis der Stamm sein Mark entzweit,
Wiege wird zu seiner Zeit -,
Sommer geht und Winters Frist,
Kind und Wort geboren ist.
Wurzel, Weg, Trieb unbewußt,
Ader aus Gott Vaters Brust,
Leben, das kein Name nennt,
das man nur mit Winken kennt.
Und sie schwiegen und es klang
in dem Chore wie Gesang,
wie ein Rauschen innerwärts
pochte laut des Kindes Herz.
Winke winke wie wie lang
ist die Zeit noch auf dem Gang,
Gloria,- und da im Flug
stand ein Baum, der Äpfel trug.
Kaum geschaut, besonnen kaum
saßen alle auf dem Baum
samt den Engeln und in Ruh
lächelnd trat der Herr hinzu.
Und zum Baume, der geneigt
alle seine Lasten zeigt,
sprach er, donnernd klang es fern,
schüttle dich, gib Frucht und Kern.
Und der Baum wog Laub und Last,
schüttelnd hob er Ast und Gast,
sprach der Baum: Entblätterung,
schattiges Gerüst und Sprung.
Was geschah, mit einem Wort,
wie ein Traum war alles fort,
was geschah, mit einem Satz
alles fiel an seinen Platz.
Erst mit Blättern grün und klar
ringsum flog die Engelschar,
dann fiel Taube, Hahn und Lamm,
Kind und Apfel fiel vom Stamm.
Zu der Herde kam das Lamm,
in den Wald zurück der Stamm,
in dem Schlag die Taube schlief,
bis der Morgen wieder rief,
bis der Tag zu werken zwingt,
was man nie zu Ende bringt
selig wie man es gedacht
nur in einem Traum der Nacht.
Wo ist wohl das Kind allein,
sprach ein Engel, schaut hinein,
wer es mitgenommen hätt,
ach da lag das Kind im Bett,
lag wie aus dem Himmelszelt
oder wie vom Baume fällt
frisch ein Apfel und am Mund
lag ihm auch ein Apfel rund.
Alles kam so glücklich an,
wo es ausging, nur der Hahn
war noch auf dem Kirchturmdach,
weil er mit Gott Vater sprach.
***************
Mit dem Sternenuhrwerk stumm
wandert nachts der Himmel um,
als ein Brunnen in die Zeit
gießt sich aus Geborgenheit.
Alles geht auf einer Spur,
öffnet sich und schließt sich nur
zu, nachdem es in Gestalt
eine Zeit dahingewallt.
Kind du hast auf deiner Bahn
in dem Wappen einen Hahn,
eine Taube in dem Schlag
und ein Lamm im freien Hag.
Das Geschöpf geht Hand in Hand,
Schöpfung täglich an den Rand,
findet sich, dann schläft es fort,
alles ist an seinem Ort.
Offner Himmel, offnes Feld,
treulich sieht, verborgen hält
feierlich und heimlich aus
so ein elterliches Haus.