Konrad Weiß:
Das kaiserliche Liebesgespräch
Uraufführung Ostermontag 1934 Sender München
Erstdruck in „Das innere Reich“, Juni 1934
In Buchform erstmals veröffentlicht 1951 im Kösel-Verlag, München
Herausgeber dieses Digitalisats: Wilfried Käding
Ins Netz gestellt am 25. Juli 2016
Der junge Liebende
Die junge Geliebte
Der Waffenknecht
Kaiser Heinrich II.
Kaiserin Kunigunde
Der Bischof
Der Mönch
Waffenknechte und Volk
Zeit und Ort der Szene an einem Juliabend vor der bei Göttingen gelegenen Pfalz Grona, woselbst Heinrich II. am 13. Juli 1024 in seinem 52. Lebensjahre starb.
Stimme des jungen Liebenden
Das Tor ist auf, kein Rufer hier,
wo ist die Liebe hingestellt?
So Tal so Wald glänzt vor Begier,
so bin ich in und außer mir,
denn du bist noch im Feld;
der Kaiser kommt.
Stimme der jungen Geliebten
Wie Gleichnis über Tür und Tor
der Himmel heut ein Kronenmal,
nicht blau nicht bleich, dem Gold zuvor
die Silbersichel fliegt empor,
so wankend liegt das Tal;
der Kaiser kommt.
Liebender
Nun halber Tag und halbe Nacht,
Gespinst, das so viel Lichter schießt,
so bringend viel und ungebracht
war nie ein Tag allein gedacht,
was ist, das in den Ähren fließt;
der Kaiser kommt.
Geliebte
Das lichte Auge unerbebt
schaut sich von unsern Dingen satt,
je mehr die Ampel abwärts schwebt
und Ding um Ding sich selbst durchweht
und fühlt, was keinen Namen hat;
der Kaiser kommt.
Liebender
Vom Licht, das um das Dunkel freit,
läuft eine Spur im Auge stumm,
der nahe Weg wird davon weit,
doch unsre Erde liegt gefeit,
im Luftraum geht ein Engel um;
der Kaiser kommt.
Geliebte
Der Reif, der nun die Sichel wetzt,
hat heut mein wachsend Herz gebannt
und mich umfaßt und mich geletzt
den ganzen Tag und mehr noch jetzt,
im Blute steht der stille Rand;
der Kaiser kommt.
Liebender
Die Liebe kommt und was sie lehrt,
bald Glück und eine Wunde bald,
das Echo, das zum Rufe kehrt,
wird stummer Wuchs und stumm beschwert
ein Reh, geleitet zu dem Wald,
wo Echo nachts um Echo sinnt;
der Kaiser kommt, das Bild beginnt.
Viele Stimmen
Der Kaiser kommt.
Der Waffenknecht
Ich bin der Waffenknecht, mein ist der Weg,
der Weg geht ohne Ende wie ein Trank,
die Neige kommt und wieder hebt er an,
ein ausgeleerter Schluck erklirrt sein Becher,
er stürzt im Feld, der große Zug geht weiter
und führt sich selbst wie einen lieben Leib.
Die reiche Welt sieht abendlichen Frieden,
wir trinken ungeschwistert, Mann an Mann,
wir sind sehr viele, jeder doch allein.
Der Kaiser kommt.
Wechselchor:
Alle
Waffen, Waffen und ein Bild!
Einer
Des Zuges Antlitz
Alle
strahlend gegen das ganze Gefild
Einer
und selbst durch Dunkel
Alle
der Zweiheit Spiegel,
o Fürstin, Fürstin,
Einer
tritt das Reine aus dem Vielen.
Alle
Alles in ein Zweigesicht,
Einer
wie aus einer geliebten Zahl
glänzender tritt das Kronenmal,
Alle
innerst tritt das Bild heraus.
Einer
Füllend die Ebene wie Ewigkeit
Alle
schließt sich der Raum.
Heil!
Kunigunde
Ich bin die Kaiserin, hier ist mein Land,
mein Reich, du Land der Unsrigen, du deutsches,
als ob du mir vom Auge fielest, Perlen,
wie Vögel in der letzten Sonne zwitschern,
so Perlen, halbes Licht und halb schon Schatten,
zu meiner Erde fallen sie noch blitzend,
ich nehme Blumen, um nicht mich zu nehmen,
so tut die Nacht, sie nimmt und läßt sich allen,
ich bin ganz Nacht, so reich und nicht mehr kenntlich,
ich bin die Kaiserin und bin im Lande.
Heinrich
Sprich weiter, ich der Kaiser und dein Herr,
von Worten bin, wie du sie gibst, ich trunken
und reiche diesen Trunk dir mehr und reicher
wie von dem Abendwein der langen Reise.
Ich bin der Kaiser und ich trinke stumm.
Kunigunde
Stumm ist das Land, wenn wir es ganz erreichen,
es steht im eignen Blick, sein Atem du,
so Mensch an Mensch, daß wir so Bild im Bilde
vergessen, wie wir sind und wir auch trinken,
hinweggesaugt wir selbst vom gleichen Worte,
nur Atem noch und ringsumher dein Volk,
und stehn im Spiegel, Kaiser du und selber
die Magd, die ich dir diene, deine Würde
fällt uns mit ihrem ganzen Antlitz zu.
Und so, — ein Feuer so und stummer Spiegel, —
war so nicht das Ordal vom glühnden Eisen,
ihr Spiegel rings, und ich, und durch dein Auge,
mein Herr, der Blick von allen wie getilgt,
so kühl und weggeschwunden und kein Schmerz
und nur noch Atem, und — doch unsre Worte
sind unbewußt und ratlos und doch glücklich.
Und hinter allem liegt das tiefe Land.
So Land an Land, die wir jetzt ganz durchmessen,
ein lächelnd Bild mit weggelegter Last —
umsetzt sich große Müh in viele Zahl
und hebt kein Haupt mehr und ist gleicher Frieden.
Wie Nam’ in Name schweigt, wie Wang’ an Wange,
hat sich das Land zur Ernte selbst bereitet
und liegt im letzten Strahl wie trunkne Glieder,
die manchmal noch im nahen Hauche hungrig
zusamt im weiten Abend endvoll ruhn.
Und ruhen ganz, am Jenseits wie geländet.
Das war der Tag, er trennte Weg und Wege,
durchspurend mit uns schneller seinen Lauf
gleich einem Raub zweisam in uns erhoben
und nahm den Teil, den er je stärker gab,
bis in die Heimat, und nun von ihr Schritte,
kein Raub mehr, selbst sie, und nun kommt ihr Teil
und ist das Ganze und wie weggenommen.
In fremdes Licht hebt uns die fremde Sonne;
es nährt ersterbend einen Gegenwuchs
wie Kampf um Glück und Leben des Kristalles
und wird zur Heimat schwer und wie Geschmeide. —
Wohl, wenn das Licht uns so verwandelnd fortgeht.
Doch dies war Tag, aus Echo tritt der Fuß,
wir sind im Land, das Echo ist im Wald,
vom Berge glänzt die Luft, wie Wasser glänzt,
und heller noch erglänzt des Flusses Lauf.
Der Obstbaum ist genaht, die Äcker feiern
dem Fest der Ernte zu und um die Höfe
geht schon die Spur der Halme voller Glanz.
Du bist mein Reich, du unser Land, du deutsches,
wo mildre Sonne tiefer eingefaltet
den Sinn wie Linnen aus der Wiege hebt
und feierlich wie ohne Erde breitet.
Er schlägt sich auf und wird die reine Webe,
auf der das Kind des Himmels lächelnd ruht.
Du bist der Grund wie ohne Grund im Weiten,
und doch, der jeden Fußes Nähe fängt.
Nun steigt das Licht, das abendlich entgleitet,
an Burg und Mauer und getürmtem Dach
und wird am Gotteshaus mit einmal groß
und wird im Abendblick wie eine Uhr
der Zeit, die kommt und geht und kann nicht wanken.
Der Fisch im Weiher aber trägt in Stummheit
das späte Licht hinweg wie ein Gebrest.
Es muß uns fliehen, was zu uns gekommen.
Denn mit uns wird vom Echo weggerückt
all Ding, zu uns gekommen hell am Tage,
als gebe es der Hand nicht mehr Gefühl
und sei vom Schöpfungslaut zu uns verloren,
daß wir, als ob all Ding nun nach uns griffe,
ein Wort, je mehr es dunkelt, blaßt und stirbt,
ihm geben, Echo, Wort vom ersten Ruf.
Doch stummer flimmt der Blick und zum Gewände,
wo Heiltum ruht in seiner Mauern Gürtel.
Ach, wir besitzen nicht als nur gegürtet!
Nun steht die Reise nah dem festen Orte.
Noch naht sich dort und dort ein Mensch der Mauer
geht unterm Lichte klein die große Straße,
wie Obdach sucht unruhig ein Gedanke
und dort erlischt, wo Ruf den Ruf verläßt.
Doch Ruf um Ruf und überall ein Rufen
bleibt unser Weg und unlösbarer Gurt.
Er rettet uns im großen Überfall,
wenn sich die Dinge abtun wie von selber,
wie aufgespalten wird der Wald lebendig,
das Echo gürtet allen Schlachtruf los
und geht den kaiserlichen Weg zu Ende.
Doch wohl vollbracht liegt heut der lange Weg.
Nun geht das Licht und zählt die Fracht zusammen
und macht die Rechnung wie ein treuer Wirt;
dann atmet Heimat und nicht mehr Gedanke
und läßt sich heben wie ein alter Kelch.
Und dieses Volk bewegt das gleiche Blut.
Alle
Heil, Herrin, Heil!
Einer
Dein Antlitz ist wie helle Flucht
in Worten über uns gegangen;
nun will des Bildes Tiefe prangen,
das wie ein rüttelndes Verlangen,
indem es flieht, nach Antwort sucht.
Der Kaiser spricht.
Heinrich
Wie Licht im Blick aus tiefrem Licht gebürtig,
wie Wort in Wort zum Gegenteil gerüstet,
nun bin ich Kaiser, wie ich nie gewesen.
Zum tiefsten Glück ist nun kein Ding mehr säumig.
Ein Tag so groß, daß ihn kein Gang beendet,
braucht keine Nacht mehr, selbst er überlagert
von unnennbarer Tiefe, die ihn schweigt, —
du Bild, das spricht und nicht es kann ersprechen,
du Herrin, Wort mir heute so, als werde
die Schönheit satt vom Blut allein und leuchtet
und hebt stets höher noch die letzte Schale
und kommt der Nacht zuvor und nimmt dem Schlafe
das überschwere Herz und übt den Zauber, —
nun kommt kein Ende mehr, nur tiefre Reise.
Ein Tag war dies, der alle Tage faßte,
hinritten wir in spiegelklarer Luft
gleichwie durch Wasser und gleich endlos waren
die Worte locker wie von Pferdehufen
geschüttelt und doch schweigend in der Brust,
die weitre Sonne kam und mit ihr weiter
kam und verging Gestalt und war geschieden,
als ob ich zwei geworden, ich der Kaiser
und sie Gemahl mir und doch nur verschieden,
wie eine Träne Perle wird im Blitze,
die spiegelnd sich verliert und so gewinnt.
Und eine große Träne war die Erde
und schwamm im Fluß und mit uns fort zum Meer,
um ganz dem Licht der Sonne nachzurücken.
Dort ist das Meer, das Land im Licht vergangen,
das Meer von allen Sinnen, das uns winkt.
Ich tauche auf und spreche wie geschwistert,
ich bin das Meer, wo alle Liebe wandert
und bin Erinnrung und noch nicht beendet.
Mein Wort ruht nicht; und all dies Licht der Sinne
treibt es mit dunkler Rüstung in die Woge,
das schwere Herz geht flüsternd darin mit.
Es ist im Kampf mit jenem stillen Rufen,
wenn schon der andre Kämpfer schweigend naht
und jeder trinkt von seines Gegners Kommen
und will die Ankunft, hell in sie gerückt. —
Dort stirbt der Abend, der das Licht entwendet,
der Schatten schluckt, doch wie aus hellem Wasser
hebt sich Gesicht und trinkt sich selbst im Schwinden
und wird noch größer, Trunk um Trunk Gewinn,
doch der sich nun bezahlt und wird Verlust
und wechselt stärker in des Schwertes Licht
und bringt die Ankunft, die sich selbst verläßt.
Nun fällt der Tag von seines Tags Gesicht,
hinweggestellt vom Kampfe wie ein Dritter
und hingestellt in sein getrunknes Schwert
und ist ein Blinder, der die Nacht getrunken.
Hier wird nun Heimat, ihre letzte Sonne,
versiegend, schmilzt mir ins Gesicht, es zuckt
das Blut, mich dürstet die geschehne Reise,
ein trocknes Wasser jetzt: und bald im Tode
nehm ich dem Leben weg den schweren Fund.
Stimmen
Was ist dem Kaiser? Ist der Kaiser krank?
Einer
Die Überlast verzehrt ihr Glück;
zum letzten Schritte fortgewunken
nun steht er Sinn in Sinn versunken,
die andre Sonne, müd getrunken,
stößt ihn ans Ufer blind zurück.
Der Kaiser spricht.
Heinrich
Ich bin der Mann, der zählt und zählt Verzicht;
und der Verzicht macht einsam seinen Mann.
Der Schatten kommt, noch glüht die Mauer nach,
der Bettler geht allein darunter hin,
ein blinder Bettler, und befühlt den Pfennig.
Die hohe Mauer macht sein Leben stumm.
Ich bin mit ihm in meiner Lebensmitte
und stehe unterm Brande meines Herzens;
ich bin der Mann im letzten Sinn allein.
Wer braucht hier Rast, dem, noch im Kampf ein Kämpfer,
steigt, wenn die Taten brennen, hoch der Puls!
Schon ruft die halbe Ernte neu den Pflug,
er steht die Nacht im Feld, das Messer blinkend
steckt in der Erde, die mein Herz erkennt.
Des Kaisers Pflug bleibt Tag und Nacht im Feld.
Der ewge Pflüger aber ohne Klirren
fährt gegen mich dahin in dieser Nacht.
Die dunkle Mauer wächst mit keinem Tore.
Was wird der Sinn mir krank wie jetzt mein Leben
und fließt dahin mit meiner Tage Hufen,
die mich zertreten, dessen Tag verstummt?
Und eine Wachheit kommt und die nicht schweigt,
sie naht von Ferne wie von andern Hufen,
und wie Zerstörung wächst das stumme Feld.
Dies ist der Saal der Nacht und atmet nicht.
Das Wort bricht mir vom Mund wie eine Furche,
dem Tod verwettet bin ich jetzt allein.
Kunigunde
Dies ist der Saal der Nacht und horcht und atmet.
Nun fallen Würfel, tastend greift die Hand
zum Kelch und schwenkt die Neige überm Tisch,
und sonst kein Laut, und unser Herz rollt mit.
Die alles weiß, jetzt die geringste Magd,
die alles wissend selbst sich weggetrunken,
daß sie gleich einem Tau mit Tränen schwellend
mit trocknen Tränen stand, gleich ihm versiegt,
und die noch dankend selbst den Tau getränkt,
nicht Herrin, Magd nur noch und dunkles Leben,
jetzt in des Taglaufs Glanz hinausgeschüttet,
in unsrer Nacht jetzt Magd, die alles weiß,
will unsern Becher, eh die Wände blinken,
mit unsern Tränen füllen, lang verhalten.
Denn nun ist Wahrheit laut und dunkler Schmerz.
Das große Bild vereint getragen waltet
ins größre Wort, worin man einzeln stirbt.
Und flieht doch Wort um Wort noch klein nach Einhalt
und treibt die Reise, nicht mehr satt zu werden.
Ist nicht das Schluchzen wie ein innrer Spiegel?
Man stellt ihn rückwärts; was gewesen, naht,
man sieht sich klein und immer größer kommen,
o ungefaßter Mühen hohe Zahl,
man geht entgegen, und nun sind die Jahre
uns wie ein Widerlauf ins Herz gestoßen.
Doch deine Jahre, erst ein starkes Bündel
von Speeren, leicht zählt man sie ab, sie glänzen,
und jeden Speeres Spitze wird ein Stern,
dein Bündel trägt den Himmel und mein Schluchzen.
Mein Himmel aber ganz verwundet leuchtet
auf meine Tafel, wo die Würfel fallen,
die Jahre stehn im Kreis mit dir vollendet,
ich bin ihr blinder Rand, der weiter dürstet,
und mit dem Becher doch von dir geschwenkt,
ich deine Magd, dein Spiegel Stern an Stern,
nun, Kaiser, blick zurück und du bist groß!
Wer aber trinken will, soll jetzt nicht warten,
ihm fließt ins Leben, was er blind vernimmt,
und wird mit schwelgendem Verlangen frei,
bewahrt in seines Todes großem Nein.
Stimmen
Der Kaiser denkt die Nacht an frühes Sterben.
Heinrich
Bald soll ich meine Liebe niederlegen
wie einen toten Mann in seinen Schild.
Die Nacht schwillt an, um mit der Luft zu kämpfen;
so drängt mich Atem, und doch selbst gedrängt,
kann er nicht Wort mehr, nur noch Tat beeilen.
So ward ich Kaiser und so mußt ich tun.
So war, als ich, das Königtum zu fassen,
hinzog nach Mainz, des Rheines Bett geschwollen
zu meines Feindes Vorteil gegen mich.
Der treue Willegis war auf mich wartend.
Ich drang hindurch, und wieder stand das Wasser,
da ich zurückgewillt war, gegen mich.
So ward ich Herr und ging durch Kampf wie Wasser.
So ward ich Kaiser, und so mußt ich tun.
So schwillt dies Land und ebbt und wieder schwellend
von hier bis Rom, vom Osten an das Meer,
die gleichen Augen und die gleichen Schritte,
daß in sich tretend es aus sich entstrebt,
ein Volk um Volk wie um ein Kleinod kämpfend,
weil es das Gleichste hat wie ohne Gleichen
und alles Gleiche unvergleichlich will
und will ein letztes Pfand, und so sein Schicksal,
kämpft es im deutschen Herzen ab sich blutig.
Sein Sinn wie Wasser, die Bewegung Blut,
und um ein Heiltum heftiger verbrandend,
so du gemischt, daß dich die Wandrung stärkt,
du bist mein Volk, das keiner ausgelitten.
Du fahre hin, daß dich die Wellen schlagen,
du rolle fort, ein Rad im schnellen Wind,
du wirst nicht ruhig, bis dein Sinn gesonnen,
und mehr gesonnen reißt noch blinder fort;
du kannst nicht rasten, Blut und Wasser mischend,
und bist im Kelch, den du dir selber schwenkst.
Du überholend Sinn und Tun im Sinne,
du bringst der Welt das neue Maß des Krist;
du kommst zum Heiligtum oft wie verloren,
es rettet dich zuletzt die treue Magd.
Der Düsterwind wird sternig bis zum Himmel
und macht ein Ewigfeld, das, tot zu leuchten,
mit uns sein dunkles Rüstzeug jetzt empfängt,
der dunkle Fürst der Luft greift nach der Macht.
Die helle Liebe kennt kein dunkles Sterben.
Der letzte Gottesdienst kommt nach der Schlacht.
Es überkommt uns, wie ein Urteil kommt.
So sicher stand ich nie und doch so schwankend.
Bringt mir die Lanze!
Alle
Heil dem Kaiser, heil!
Wechselchor:
Alle
Bild um Wort und Wort um Sinn
Einer
hinweggenommen
Alle
wird im eigenen Mangel Gewinn
Einer
und treibt das Herz uns,
Alle
o Fülle selber,
mit Nacht zu nachten,
Einer
frei und freier ausgeboten.
Alle
Alles bricht vom Traume los;
Einer
daß die Atmenden leise flüstern,
wachet, Waffen, die nicht düstern,
Alle
reine Waffen schlafen nicht!
Einer
Gleich ihrem Herrscher halten die Treue der Zeit
Alle
Waffe und Mann.
Einer
Der Bischof spricht.
Bischof
Wenn nun die Lanze kommt, du Volk, du Kaiser,
du gleich der Wasserflut gemutes Volk,
du Kaiser, der die Fluten so gelenkt,
bis sie zuletzt, ein einz’ger Gruß zur Sonne,
hinliefen, wenn du kamst, nur Gruß für dich.
Wie wird das Rätsel groß im großen Wort,
wie urteilt sich ein Mann zum Tode klein
und sucht mit letztem Blick nach Bild und Halt!
Und dieser aber führt die heil’ge Lanze.
Von allen Waffen, die den Weg hinführen,
ist keine so verfolgend selbst verfolgt.
Sie führt aus Ohnmacht zu dem Herrn der Mächte,
dem Kreuz verwandt bleibt sie doch ungekreuzigt,
und sie nahm aus dem Seitenmal des Krist
die wunde Tracht wie eine Blume mit.
Sie gleichend ganz der Zeit kam so zum Kaiser.
So ganz und schildlos seinen Weg zu finden,
nimmt er sie wie gezeichnet auf und zeichnet,
daß er wie Körner sät, vernarbte Ernten,
das Gut der zweiten Zeit in Welt und Volk.
Er trägt den Sinn, der alle Lande zeichnet,
und Blut und Wasser lebt im Zeichen fort.
Du unser Kaiser, Herr, gerecht wie keiner,
der Bayern Fürst kamst du aus Sachsens Stamm,
du hast das Heiltum, dessen mächtig waren
die Ahnen, uns die Lanze mitgebracht,
das Heiligtum des römisch-deutschen Reichs.
Wie Konstantin sie aufnahm und getragen
und Reich und Kirche ward ein neues Bild
und eins dem andern opfernd gab Verjüngung
und Schönheit rein, je mehr in Blut gewirkt;
so fliegt sie fort und überm Haupte schwebend
dem Mann, der sie ergriffen, der sie hebt
zum reinsten Bild, gerecht wird ihm sein Arm;
zu ihrem Weistum treibt das Herz im Kampfe
und kehrt die Welt zurück wie nie verloren.
Ach, der Erkenntnis jüngste bleibt der Kampf!
So bliebst du Jüngling, Kaiser, erster Liebe
und hier ist Kunigunde, deine Magd.
Stimmen
Die Lanze kommt, sie glänzt!
Waffenknecht
Erhebt die Schilde!
Signalartige Musik
Waffenknecht
Erhebt das Wort, die Zunge lobt den Kampf.
Ein Waffenknecht
Und als die Wunde sprang,
da sprach das Blut: »verlassen
bin ich in allen Gassen.«
Wir sind die Waffenknechte
und stehn im letzten Rechte.
Wir haben den Gesang:
Alle Waffenknechte
Kyrie eleison.
Musiknachklang
Einer
Und wenn der Kampf nun steht,
da sprach der Leib: »ich streite
und hol mir noch Geschmeide!«
Wir sind die Waffenknechte
und bleiben im Gefechte.
Wir haben ein Gebet:
Alle
Kyrie eleison.
Musiknachklang
Einer
Und bringt der Tod zu Bruch
das Herz, kann es noch sprechen:
»Den Stecher muß ich stechen!«
Und fällt die Menschenveste,
hei Waffen, wir die Reste,
wir tun den letzten Spruch:
Alle
Kyrie eleison.
Musiknachklang
Waffenknecht
Der Kaiser hebt die Lanze, laßt ihn sprechen!
Heinrich
Noch ruft man Waffen, stärker wird das Herz.
Noch steht der Baum, die Lanze seine Zweige,
ich steh darunter, mit mir mein Gemahl.
Doch stirbt im Blick die Frucht, die alles weiß,
und nimmt mein lieb- und feierliches Leben
hinweg mit allem Wissen in das Dunkel.
Wenn Liebe still wird, rettet sie uns still.
Doch wenn sie still wird, wuchtet hoch ein Glaube
und schwillt der Sonne nach zum Untergang.
Nichts ist gewisser als das Ungewisse.
Voll eines schweren Glaubens wird es groß
und schlägt die Welt mit ihrem eignen Willen.
Hier ist kein Schild mehr, nur der starke Wandel
gibt gleiche Währschaft für und gegen alles.
Ach, daß sie nicht mehr wanderte und bliebe;
die Lanze bleibt der Hand nicht noch des Herzens.
Ein Hornruf
Heinrich
Das war des Tages Schritt; nun wird er laut,
nun eilt die Frist, daß sie sich selbst verzehrt.
Dreimaliger Hornruf
Heinrich
Was ist die Botschaft, was verspricht dein Schritt,
du Waffenknecht, der immer bei mir war,
schon wird die Folgschaft wankend um mich her?
Waffenknecht
Zu Roß sind beide, einer und ein Ding,
ein Mönch ist angekommen und ein Sarg.
Heinrich
O Schrei der Stille, warum also still?
Nun kommt er nach, der Wegelagrer Tod.
Laßt her den Bringer, der mein Letztes bringt.
Waffenknecht
Der Mönch soll kommen, bringt den Mönch allein.
Heinrich
Noch war ich in den Abend wie verhüllt;
nun kommt er, der den Pfennig einholt, offen. —
Ich seh, du bist ein einfach stiller Mönch,
was ist dein Wille, der mein Wille wird?
Mönch
Den muß ich treffen, der die Reise tut;
das Kissen bring ich für das Haupt des Kaisers.
Heinrich
Ich beuge mich und stehe größer auf
und weiß mein Haupt nun über meinem Willen.
Wie viel gereist, wie vielen ich begegnet,
du, der des Lebens Ort nur wenig tauscht,
willst mir jetzt meinen langen Einhalt bringen.
Doch, Mönch du dort, und ich der Kaiser hier,
was ist mir zwischen dir und mir begegnet?
Was rührt mich an und ist die gleiche Frage,
ich seh es, die du weißt wie eine Beute,
die zwischen uns noch ist und nicht geteilt?
Es rührt mich an wie die verborgne Quelle,
aus der im Traume man ein Leben schöpft
und darin eingeht, spiegelnd in den Spiegel,
und glücklich nicht mehr weiß, was man verläßt.
Ich weiß jetzt nicht, wenn ich die Welt verlasse:
was war ich denn?, und viel bleibt noch zurück.
Vielleicht wenn ich die Quelle wieder finde,
dann weiß ich, daß ich bin und mangle nichts,
und in mich mangelnd bin ich ganz und ledig.
Du stehst wie Traum vor mir und doch so tot.
Sprich mir vom Wasser und dem frühen Weg,
daß ich mein Stück erbeute und noch lebe!
Vom Leben ist das kleinste Stück so groß.
Mönch
Du kennst den Mönch, wie ich den Kaiser kenne.
Was sprachen wir in einer Zeit vor jetzt?
Da war ein Kloster und im Hof ein Baum,
dort standen wir, dein junges Herz war schwer,
am Kloster außen floß ein schöner Bach.
Dein Herz war mit dem Baum und mit dem Bach,
es sann Erkenntnis und es floß ins Blinde.
Heinrich
Das ist der Mönch, mit dem mein Wille rang.
Und mein Gefühl ging schneller als mein Wille
und ward mir umgesetzt in blindes Leben.
Der Wille aber stand in Klosters Mitte.
Du bist der Mönch und bringst des Mönchs Gesicht.
Es wird an meinem Leben wie ein Fenster;
ich schaue ganz hinaus, ich seh mich schauen
und zwischen Schau und Schau ist nur ein Wandern,
in Mitten drin ein kurzes Stück für mich.
Mein Schritt nimmt schnell und ungeschützt den Lauf.
Es wechselt das Jahrtausend wirr und eilig,
der Luftraum faßt die Welt wie Blut und Eisen;
wo ist ein Halten, das den Atem stillt?
Da aber stand des Klosters starkes Haus
und hatte sich mit Fenstern viel umschlossen,
um nah zu sein, und war doch keiner Nähe
gehörig, Raum in einem andern Raum.
O nahe Heimat und o weites Trachten!
So hat der Krist die Welt geteilt in Zeiten
wie Räume, endlos einer, welcher eilt,
der andre aber bleibt wie ausgeschieden,
und so beschleunigt Raum sich gegen Raum,
doch beide wachsen furchtbar gleich zum Ende.
Da will kein Herz mehr Lieb’ um Liebe schwören
und spricht zu sich: »nur Liebe muß ich fliehn!«
Dort stand ein Kloster, Heimat nicht, doch Schwelle,
ich hob den Fuß; wo ist jetzt, daß er ankert?
Ich auf der Schwelle sah die schwere Zeit.
Was aber schlug mein Herz mir und: »zum Pfande«,
so sprach es, »bist du einem andern Reich!«
Sprach so der tiefre Traum? Und waches Leben
nahm ich hinweg; und wieder sprach es: »eile,
und eilst du weg, so kommt dir alles nach!«
Nun kommst du, Mönch, mir nach zur Rechenschaft.
Nun ist kein Traum. Denn dies ist jetzt sein Ende.
Mönch
Ich sprach mit dir; das Herz des armen Mönches
sprach mit dem Kaiser und war auf dem Wege
in stillem Tod und trug die tote Speise
auf seinen unbarmherzig gleichen Tisch.
Der wird uns aufgedeckt und wir genießen.
Und will der Tisch doch groß sein für die Speise;
selbst der Geringste wächst mein Sinn im Tode,
ihm mehr zu bieten, daß er mehr mir nimmt.
Wie daß er uns verfolge, daß wir leben,
so langen wir nach einem großen Tod.
Das Feld der Erde atmet all dies Gleiche
wie eine unzähmbare Seele mit.
Nun wacht es und wir fragen und dies Letzte
ist uns die Frage, die sich nicht mehr zähmt:
was darf man hüten und was muß man schüren?
Wir brechen durch uns aus wie Elemente,
zum Feuer Wasser und zum Leben Blut;
wir zähmen uns, doch zähmt die Erde anders,
wir hüten ein, doch schürt das Leben aus
und schürt sich selbst um eines Bildes Schlafen.
Wo ist hier Maß der Dinge für und wider,
wie bleibt die Magd des Sinnes groß und rein,
wann ist der Herr mit seinem Bild zufrieden?
Dies ist wie Traum; an seines Todes Grenze
dem edlen Kaiser bring ich diese Frage.
Heinrich
Nun zwischen Mönch gestellt und mein Gemahl,
zum Tod geboten und voll neuer Liebe,
wie bin ich Traum noch und wie sehr im Wachen!
Bischof
Halt ein, Herr! Kaiser du, wie keiner würdig,
dies auszusagen, was, ein unzähmbares
Gefühl, die Seele schürt und steigt im Maße,
als sie, ein blindes Opfer, in sich mündet;
wie du gelebt, träumt hell sich selbst das Leben.
Zu deiner Ehre laß den Bischof sprechen!
Die große Frage bleibt in Demut Frage;
die größre Antwort gibt der Ruf der Ehre;
denn nur im Tun hat diese Frage Antwort.
Daß sich die Antwort selber bringt vom Rufe,
daß sich der Sinn erfülle um die Lanze,
daß sich die Ehre rüste ganz zur Ehre,
daß sich das Höchste mit dem Tiefsten binde,
die Zeichen seiner Macht um ihn gegürtet,
noch einmal soll der Kaiser vor uns stehen,
des vollen Lebens totgeweihtes Bildnis,
und sein Gemahl mit ihm, die Frau der Würde;
dann sollen Mönch und Kaiser wieder sprechen,
und so erfülle sich die große Nacht.
Nun, die ihr Antwort wollt, beginnt die Weihe!
Längere, signalartige Musik
Bischof
Die Nacht will dunkler, was die Sinne wissen,
wir weihen Herrschaft und wir suchen Leben.
Der Mensch, der atmet, lebt in drei Gefällen,
die ihm den Atem regen wie im Sturze,
auf daß er in sich fallend aus sich steigt
und so, was ewig glänzt, durch Zeit erschüttert.
Des Glaubens Feuer ist wie Tag der Tage,
die Hoffnung wird ein Wasser, das nicht endet,
das Blut der Liebe will die Nacht der Tiefe.
Wenn Nacht den Tag betaut, der Tag sie trocknet,
und zwischen Tag und Nacht sich sammelt Wasser
und Hoffnung bleibt der Liebe so am Morgen
und gibt dem Glauben Hoffnung weit im Abend,
ein Ring gleich Wasser läuft um Hell- und Tiefes,
so steht Gebild des Lichts im Kreis des Wissens
und ist unsichtbar Schöpfung, die wir atmen.
Ein unnennbarer Atem aus den Dreien
so fällt und steigt es durch die Nacht der Nächte
und wird der Laut des Lichtes ohne Schweigen.
Dann leben wir wie nur gemalte Bilder:
wir treten aus dem Wald der andern Sinne,
wir sind nicht mehr in Nacht und nicht im Tage,
nur Teil in Teil, daß er vom andern nehme,
und was er wegnimmt, macht den Sinn bereit;
dann tritt er in die Feier ohne eigen.
Nun sieht er auch mit Macht die großen Dinge:
das Schwert des Kaisers in des Vaters Glaube,
des Kaisers Mantel in des Sohnes Hoffnung,
des Kaisers Krone in des Geistes Liebe.
Dies sind die Worte und dies sind die Dinge;
laßt sie zusammen ihre Nacht begehen.
Kurzes Musiksignal
Bischof
Einweihungswort für Tod und Leben: Feuer!
Kurzes Musiksignal
Mönch
Ich bin der Mönch und frage an beim Feuer:
So gibt uns der Kristall sein hartes Licht,
es hat die Stärke, die er bringt und bricht,
du Weide ohne Nahrung, doch Gesicht
so reich, wie Armut sich ins All verflicht.
Heinrich
Nun spricht der Kaiser und fragt an beim Feuer:
Dein Schwert, das folgt, und meines kommt zuvor,
der Blitz kehrt ein, besucht ein wundes Tor,
o Blick im Streit, und wie um Gnade fror
mein letzter Schlag im Licht und kam zuvor.
Bischof
So gürtest du dein Schwert, du edler Kaiser;
das Schwert ist nicht vom Schöpfungslaut verloren;
Gott braucht zur starken Grenze harte Dinge;
der Glaube, still sich nährend, hält die Zeiten.
Alle
Heil!
Musiknachklang und kurzes Musiksignal
Bischof
Einweihungswort für Tod und Leben: Wasser!
Kurzes Musiksignal
Mönch
Ich bin der Mönch und frage an beim Wasser:
Wann kehrt das Höchste ein und eilt und muß
doch warten an der dunklen Muschel Schluß,
o Perle, wachse still, dann reift Genuß;
dazwischen ist des Traumes armer Fluß.
Heinrich
Nun spricht der Kaiser und fragt an beim Wasser:
Das Wort, ein starkes Roß, wie eilt es wild,
so Gottes Mantel wächst; und gegenschwillt
Gefahr wie Wasser, schwerer stets gestillt
wird Erde hungrig wach von unsrem Bild.
Bischof
So legst du an den Mantel, edler Kaiser,
zwei Spangen halten ihn mit festem Streite,
so bändigt sich die Woge mit der Woge,
die Hoffnung bleibt der Spiegel aller Grenzen.
Alle
Heil!
Musiknachklang und kurzes Musiksignal
Bischof
Einweihungswort für Tod und Leben: Blut!
Kurzes Musiksignal
Mönch
Ich bin der Mönch und frage an beim Blute:
Nun kommt mein Gang, der nicht mehr zu mir kehrt,
ein Sinn, der horcht und nicht mehr mich beschwert
und trägt mich Pfand, je mehr mich Liebe lehrt,
wie ich geduldet bin und Ganges wert.
Heinrich
Nun spricht der Kaiser und fragt an beim Blute:
Nun fällt zurück, in seine Tiefe fällt
der Sinn, der mich gewählt und mich gestellt
in Blut und blind; doch Gleichnis mir gesellt,
dir wach ich auf, du Traum in schöner Welt.
Nun fällt zurück der Sinn in Sinnes Flut,
wo ihm kein Wort mehr und nur Liebe ruht;
und wie ein Haupt vergißt; und alles Gut
ist solch ein Wissen, wie ein Antlitz tut.
Bischof
Setz auf die goldne Krone, edler Kaiser!
Der Tag sinkt in die Nacht mit einer Krone,
die hehrste Nacht ist wie ein reiner Gürtel,
er hebt sich auf das Haupt der hohen Liebe
und krönt die Stirne wie vom Firmament;
den Sinn der Welt faßt dieses Bild zusammen.
Du gabst einst, wie du ihn vom Papst empfingest,
den Apfel, Kaiser, deines Reichs der Kirche;
Geschenk wie Rücktausch! Oder wird nicht Eva,
die zweite Eva, schuldlos so und Mutter
von allen Kindern; und doch mit dir sinnend, —
warum doch nichts besitzend sinnt sie weiter?
Nichts eignet mehr und alles ist uns eigen
wie Schwermut und wie Nacht; und tiefer klingend,
was nicht mehr Erde hat, ist Ruhm der Erde.
So tauscht das Auge, was es schön sah, Schönes
der ersten Zeit zurück in blinder Schönes
und schließt den Blick und weiht das Herz zum Kampfe.
Der Jungfrau Sinn wird aller Zeitkunft Spiegel.
Der Kaiser trägt dies reine Bild der Erde.
So bist du einverleibt; du frei und freier,
du Rüstung, Waffe, Kampfgewalt und Ehre
allein aus Tat und Inbild in dir schweigend,
wie sich dein Volk in dir verliert und findet,
du Ritter einer Magd; und du im Tode
trägst nun ein Antlitz gleich der hellen Sonne,
das nachtend bleibt im tief- und milden Mond;
im unversehrten Bild krönst du die Magd.
So hat sich dies Gestirn ob uns erhoben;
ein Himmelsgürtel läuft um seine Liebe.
Ihr andern Sterne, die im Tode flimmern,
die Liebe füllt die Nacht mit dunklem Glanz.
Alle
Heil, Heinrich, Heil! Heil, Kunigunde, Heil!
Wechselchor:
Alle
Schweige, Wille, laß den Sinn!
Einer
Zu freien Nächten
Alle
zauberisch eilt er in Fesseln hin.
Einer
Er zieht im Kreise,
Alle
sich selbst vergessend,
o Taube, Taube,
Einer
unbegrenzter Macht der Liebe.
Alle
Was auch Sinn vom Wege spricht,
Einer
über alles gewesne Gefild
sonderbar lächelt das Totenbild,
Alle
Ziffer einer blinden Schrift.
Einer
Unermüdlicher um die Taube der Zeit
Alle
trippelt ihr Tauber.
Größere Musik
Mönch
Noch will der Mönch, ich, der die Botschaft brachte,
ein Wort von Dank dem lieben Tode sprechen:
das Kissen trag ich für das Haupt des Kaisers.
Heut wächst die Ernte noch und fällt schon nieder,
wir sind mit ihr zusammen und den Dingen,
o Sommer, der uns hütet und uns schürt!
Dann untergreift die Sichel einen Sinn,
und die wir wanken, fallen an die Erde.
Was untergreift die Sichel? Weggenommen
wird hier ein Blick und stärkt das Herz im Blicke,
wie gleich dem Felde, das die Rast bereitet;
und mit dem Rüstzeug ist ein großer Frieden.
Die aber um sich greift und flieht und schlägt,
sie schließt, die Sichel, nicht den Ring zum Ringe
und hebt hinweg, was Mitte ist und lebt,
und trägt den Nachsinn fort und fällt in Tiefe
und wird Gestirn, das groß und größer kreist
und schließt sich nicht — so will kein Sinn mehr schließen
und fühlt Gesetz wie Frucht durch Frucht genommen.
Der Sinn ist hier im gleichen und gefangen;
die Sichel nimmt hinweg, worin sie waltet
und schürt Gesetz und schürt, was sie vertilgt;
und aller Sinn wird Rüstzeug für ein Ende.
So fällt er ab und größer wird der Himmel.
Dazwischen aber stehen wir verwundert
und werden langsam und mit Staunen groß,
wie von uns fallend, die wir zu uns kommen;
doch mit den Dingen ist ein gleicher Frieden.
So fühlt Gesetz sich selbst und wird beendet,
je mehr es wegnimmt für sein größres Kommen,
und fühlt unendlich, wie es lebt und stirbt;
mit großem Sterben ist der Sinn im Reinen.
So Dank dir, Tod, du hast den starken Blick,
du wendest ihn auf die geträumte Erde,
du sagst uns aus wie einen Sinn der Dinge,
du räumst die Mitte aus, und die noch suchen,
was stärkt das Herz uns, das die Sichel findet?
Dann kehrt der Sinn, ein Blick, zu Gott zurück,
und was wir schüren, ist in deiner Hut.
Nimm alles weg und mach mit dir uns groß!
Es wächst um Ding und Sinn die letzte Spanne.
Der Tod, von Gott geschickt, besieht das Feld,
hier ging vorbei der kaiserliche Weg,
und wo das Ende ist, sieht man kein Ende.
Waffenknecht
Der Kaiser winkt, er steht in seiner Größe,
wir treten vor ihn her in seinem Schatten,
wir sind des Kaisers, weiter geht der Weg.
Signal
Heinrich
Nun, Kunigunde, mein Gemahl, nun fallen,
die uns gehuldigt und uns nahe waren,
wie Speere auseinander; schon die Reise
tritt laut in Nacht und rüstet schnell zum Ende.
Doch steh ich hier, nicht ich, mit meiner Liebe
so überfangen, wie des Himmels Schönheit
mich überfängt und laut in Schönheit, lauter
umstürmend, unsichtbar, ein großer Sturm,
sich nicht mehr schweigt und wird doch Schicksal schweigend.
Darunter trittst du, mir Gemahl und Gleiche,
und ich steh hier und horche dich im Blicke;
doch du, du nicht, hier steht ein Bildnis da,
ich kenne dich nicht mehr, nicht mehr mit eigen,
nicht fassen die zwei Augen des Erkennens,
was Liebe faßt, und Liebe faßt sich nimmer,
du mein allein, mein Bild, mein Gold, mein Schicksal,
da, wo du stehst, ist eine goldne Mitte.
Kunigunde
Und ich bin die geringe gleiche Magd,
bin lauter Mangel und dein ganzes Erbe,
so dir bereit und zur Bereitschaft eilig,
wie eine Blüte wegfällt und ist einzeln
und will doch ganz sein und von voller Blüte;
so fällt ein Blatt erst schnell, dann lieblich schwingend
und kost den Atem selber, der es wegholt,
und fällt dann fort; so bin ich deine Blume;
die ganze Nacht hat Atem mich zu rufen.
Heinrich
Du bist die starke Magd und bist gegürtet,
und an die Erde muß ich vor dir fallen.
So war dies einst: zu deiner Morgengabe
gab ich dir Bamberg, dann mit anderm Willen —
den trugst du mit mir, wie ich ihn getragen —
gab ich es, Weih- und Bistum, fort zur Kirche,
sie meine heil’ge Stadt, mir Stirn und Mauer,
du ihre Stirn, du bist der Mauer Krone.
So ging dies einst: es war Konzil zu Frankfurt,
man widerstritt mir und im hohen Kreise,
sowie mir Richtersinn und Sache wankte,
warf ich mich immer wieder an die Erde; —
das war für dich, für Bamberg und mein Leben.
O Erde, die den Willen trägt und kündet,
o Erde, die uns stark wird nur gegürtet,
so fiel ich auf die Erde für die Jungfrau.
Nun ist mein Umkreis weg und abgelaufen,
inmitten aber seiner steht die Jungfrau;
sie tragt das reine Erdenbild im Blicke.
Kunigunde
Nun wird die Krone eine große Nacht.
Ich bin ihr Tor; und alles kommt; und eingeht
mein willenloses Glück, und doch nicht ich;
wohl zieh ich mit und kann doch mir mein Wille,
weil alles nach mir blickt, nicht näher kommen,
so groß ist Glück und Schmerz und geht durch alle
und ist die Spanne dieser Nacht; und alle,
die nach mir blicken, sehen, Kaiser, dich
und sehen Glück und Willen mir zerstückt.
So bin ich ohne Willen und doch Glück;
mein Glück, dem so viel mangelt, ist jetzt Liebe.
Heinrich
Wir rufen in die Nacht und rufen Stimmen,
damit von tiefen Wassern, wenn sie quellen,
nicht übermannt uns Schmerz und wir ihn hören,
und hören nur die Stimmen voll von Nacht.
Noch steigt der Mond, noch schwebt ein Lebensbogen,
die Reise führt sich selbst noch eine Weile,
die Rößlein werfen ihre blanken Eisen
wie Silbersicheln in die blaue Luft.
Die Adler rücken nächtlich Haupt und Flügel,
wir sind in unsern großen Zug gekettet.
Schlußmusik