Das Herz des Wortes
Inviolata

 

Dieses, daß ein andres Wesen
Mensch gleich uns mit unserm lebt,
innerlich zu sich erlesen
mit Gestalt von uns sich hebt,
heut gleich Glanz in stillen Steinen
fremd bewegt sah ich mir scheinen.

 

Schein im Winter, wenn das flache
Licht emporsteigt silberweiß
fessellos und Trunk im Bache,
Schluck gefesselt unterm Eis,
das war ich, im Fließen weinte
mich die Sonne, die mich einte.

 

Weiter ging der Lauf, beengter,
und im Schritt darüber hin
Perl an Perle ich bedrängter
und entgegenbeugend ziehn
sah ich mich, sah in den Ruten
um mich Menschenschatten bluten.

 

Dies und daß ein Lichtbehälter
auch der Stein im Grunde zog,
als mit Wundenschauern kälter
durch die frische Hecke bog
ich, ich sah es dort im ersten
Ostern fließen, nicht zerbersten.

 

Immer war das Ich im Bunde,
Mumie in Steines Bauch,
und zu Bildern in der Runde
sprach es mit gefrornem Hauch:
rühre nicht im harten Raume
Seele dich, du bist im Traume.

 

Heute nun, wie eine Welle
einhält und Gestalt enthebt,
ich lebendig sah, die Schwelle
fiel und Saal an Saal belebt,
und nun wie an Echos Haaren
kam dem Bild ich nachgefahren.

 

Ruf im Körper, stumm im Steine,
jene blickt im Tun für sich,
die verdichtet Echoreine
schlägt die Fessel lind um mich,
neu Gestalt wird klar in Fluten,
drein von Wänden Bilder bluten.