Konrad Weiß: In keine Sammlung aufgenommene Gedichte


Deuteronomium

 

Wer Unrecht leidet, straft

sich selber doppelt, fängt

sich im Gebrauche.

Der böse Hauch mit Kraft

nicht widerstoßen schlängt

wie aus dem Schlauche.

 

Dem Küfer in den Mund

folgt Wein, der Dunst gesogen;

du sogest stumm im Schlund

Unrecht, nun kommts in Bogen

und mit dem Recht der Wut

von dem, der Unrecht tut.

 

Daß doch der Herr gebot,

die Wange hinzuhalten,

verstehst du es, mein Sinn?

So viel, daß ich in Not

nur meines Rechts zu walten

mir sonst nicht rechtens bin.

 

So viel er Dünste sog,

der Küfer nun mit Kraft

muß er des Weines trinken.

So viel er Milde zog

aus eingegornem Saft

darf frei der Rechte blinken.

 

Kernlichtig stark im Bruch,

Wein mit Erdgeruch.

 

(zwischen Oktober 1921 und Oktober 1929)