Konrad Weiß: In keine Sammlung aufgenommene Gedichte


Die grosse Stadt

 

Man faßt nichts an und doch getreu

im sichern Wandel

geht Mensch an Mensch heran, vorbei,

beschließt im Herzen lauten Handel;

nach Erntedank im Ackerschrot,

so rückwärts vorwärts geht man frei

und alle Not

blieb still zu Haus wie Morgenrot.

 

Kein Stundenschlag Gedanken schreck,

so vielgeteilt und ohne Zweck,

so sorglich

eilt jeder Fuß vom Boden weg,

wer rühmt der Taschen Fleiß und Preis?

Und jeder blickt für sich.

Wie Lust und Gabe ruht sich aus

der Wille heiß,

sieht Haus an Haus

und Fenster lang

und Glieder schwindlig kantenbang

bewegt, wie sich gespensterlich

Geflügel auf der Stange rührt,

vorm hellen Tag den dunklen Laden spürt.

 

Stets ferner näher ungefähr

die alte gleiche Wiederkehr,

man wird sich selber schwer.

 

Da öffnet sich das Auge sacht

und froh allein

getreu umgeben von dem Schein

läßt man den stumpfen Blick zurück

dem frechen Glück.

Die Seele fühlt sich zugebracht

so frohe Luft wie nach der Schlacht

und ist erwacht.

 

(30.11.1916)