Gesang in der Muschel
1
Ich bin beschützt und hoffe nicht,
ich bin gesegnet voll Gericht,
ich bin gegeben meiner Gier
und bin die Gabe nicht von mir.
Je ferner mir mein naher Sinn,
ein Augenblick verkehrt mich hin,
ich bleibe, wie ich immer war,
im nächsten Bleiben Bleibens bar.
Verglichen stockt mit Menschenmaß
ein Wasser, das sich zeitvergaß,
Unendlichkeit, ein Schattensaum,
glänzt wie geschnittner Frost im Raum.
Ist Liebe dieses Gut gereizt,
das mit dem Glanz der Kuppel geizt,
Bewegung, wie an Himmels Statt,
die doch von keinem Ziele hat?
Wer sich des Augenblickes wehrt,
wird von der Ewigkeit verzehrt,
in Blick gelegt ich unverwandt
es ist die Gabe deiner Hand.
Es ist ihm, findet er sich Ort,
als riefe ihn die Schnittrin fort,
doch unbeteiligt Teil allein
rollt sich im Traum die Wunde ein.
2
Widergesang
Verglichen stockt doch stets entflohn
wie Orgelwerk ein Wasserton,
im Echo stark und unbeschenkt
bleibt alle Spur von sich gelenkt.
Ganz weggelegt und ungesucht
man trifft mich immer auf der Flucht,
und in Bewegung wie ein Flehn
muß sinnlos alles dies geschehn.
Ich rufe nicht und bleibe Ton,
Fund eines Ohrs, gefaßt mit Drohn,
ein unbeweglich Aug vom Fisch
bedräng ich glänzend meinen Tisch.
Ich bin das eingebrochne Wort,
der Widerhall geht in mir fort,
er endet in mir unbehaust,
wenn sinnverstört die Muschel braust.
Und strudelnd doch so lang und lang
geht diese Weise ihren Gang,
wie Müssen kommt, ein Fischer, sieh,
geht durch das Wasser wie ein Knie.
(15.7.1918 / nach Oktober 1931)