Konrad Weiß: In keine Sammlung aufgenommene Gedichte


Rote Rose im Juni

 

Wie Gewölke oben schwebt

heut mit Lasten ganz durchwebt,

wie sich drängt zum Dunkel an

langsam eine Donnerbahn,

 

wie nun will erdrücken fast,

dann doch steigen diese Last,

wie der Himmel alles trägt,

blau und schwerer stets bewegt,

 

anders nicht in seinem Los

hängt dein eignes Herz so bloß,

zeithaft in bedrängter Ruh,

und dein Auge schaut ihm zu.

 

Manchmal ist dein Herz so schwer

wie ein Tag und keiner mehr,

manchmal fühlt man, daß es still

gleich der Sonne lächeln will.

 

Manchmal blickt das Auge in

seines Lebens ganzen Sinn,

manchmal ist die viele Welt

rings ihm wie ein Gruß erhellt.

 

Manchmal scheint dir, was er tut,

ohne Hilfe all dein Mut,

manchmal wie der Sommerwind

hebt dich starke Lust geschwind.

 

Bald beseelt vom Erdenbild,

bald so völlig ungestillt

fragst du all dein Herz verirrt

nicht nach Blüte, nur was wird.

 

Und des Himmelsauges Blau

trägt die Last bewegter — schau,

und du siehst die erste auch

rote Rose still am Strauch.

 

(Juni 1938?)