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Konrad Weiß: Kriegsbuch 13 (1. April bis 16. Mai 1918)

Konrad Weiß

Kriegsbuch 13

1. April bis 16. Mai 1918

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Ostermontag, 1. April [Ostermontag, 1. April 1918]

mit Marie in Kirche Franziskaner, Kafe Fürstenhof [ehemals München, Neuhauserstraße 21]
Kühler Tag bedeckt aus der Musik des Cafe am Abend in Bürgersaal
unten das starke Singen „Jesus dir lebe ich.“ Sogleich über die
Straße

2. April 1918 [Dienstag, 2. April 1918]

Morgens schön sonnig, westwolkig. Morgens auf Weg. Mir
plötzlich das Geheimnis nahe der „überreichen Barm-
herzigkeit
“. Kann dies auch für Mutter gelten, ihr Elend und
stete Trübsal. Oder können wir auch dies erst als ein
Geheimnis offen verstehen in eigenem Geistes- oder
Gottesnähereichtum? gehört zum Verstehen der Barm-
herzigkeit als Überreichtum überreiches Bereitetsein?

Keinen freien Tag bekommen wie schon lange nicht mehr. Dieser „Neid“
weil ich reclamiert. Ich hätte die Wahl! Milde des Annehmens
als tiefstes Prinzip der Geschichte statt Selbstver-
antwortung. Wie mir die Milde (Gefecht der wachen Seele [Sinnreich 1. Fassung])
jetzt wieder nahe kommt. ganz gönnen als Geschichts-
mark
[?]. Durch Gönnen selber reich werden.
Ganz das Gegenteil von Neid. Nachher auf Weg

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daß Vertreibung aus dem Paradies, der Fluch Gottes und
Strafe auch immer positiv aus Erbarmen, Milde sein
müßte, daß das Geben der Freiheit, die immer wieder nicht
wünsche, der inneren Freiheit unsere Stärke ist,
daß Mensch allein diese Stärke der inneren Freiheit
in Milde hat, dies Opfer der Freiheit, die Vertreibung in
die Geschichte aus dem Paradiese gegen Gott wenden,
indem man sie zu innerer Stärke empfängt. Dieses
Magnificat, verbum caro. Aus Milde
entsteht der Menschensohn.

Beobachtung: Wer Liebe als erstes Prinzip bloß ethisches,
nicht durch Gott wirkliches, sondern humanistisches aufstellt,
geizt und Mißgunst hat, Liebe in Mund führt und
in Hand und Macht ein Schreckmittel braucht, sich die
Milde bezahlen läßt neue Gnade nimmt, wenn
er eine gibt oder zu geben glaubt, daß diese Liebe
immer einen Unterdrückten, einen zum unter-
drücken braucht.

Die Frankfurter Zeitung gegen Hindenburg wegen des [VR] Reichs-
tagtelegramms für starken Frieden. Dieser Dank und diese Enge
im wirklichen Geschehen.

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3. Mittwoch IV. 18 [Mittwoch, 3. April 1918]

Neid, Hochmut, Sklaverei
diese reclusa nun als Schuld gefunden, in die tote Rast des
Neides, der unmitteilbaren Erkenntnis gerissen, so
immer mehr daß wirklich Neidschuld sei (vielleicht erst wie
durch Reim auf Zeit und aus Anschauung des Auges, Bildanschauung [Bild anschaulich?]
als Vers und als Lucifergedanke gelockt und entscheidend [VR]
daß es Neid sei, und aus Trägheit geborene Erkenntnis,
Sklave, schlafe, auch der Schlaf der toten Wahrheit
Wissenheit
[? VR] (cfr auch in Kampf um Wahrheit Sklaverei
in Barockzeit) daß innerer Sinn der äußeren
Sklaverei sich hier gibt. Von Max am Karsamstag
über Dimmlers „Sabattruhe“ [Emil Dimmler: Sabbat-Ruhe. Gedanken über mystisches Gnadenleben. München 1917] gehört und nun zu lesen
angefangen. beginnt mit Hebräerbf. Ruhe. Wort, Ge-
schichte, Wort schneidet Gelenke (s. mein Kunstge-
danke Marées gegen Greco, die Gelenke, Wort schneidet
Gelenke und Mark, Geist und Seele. Daß [? VR] das
Wort die Ruhe in der Geschichte ist. jetzt diese Umkehrung
zum steten Sakrament

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Gedanke an den Versuch über Signorelli, Menschenkern in Gestalt
Sebastiangedanke. Ruhe, auf einmal leicht, darum
in Frührenaissance so leichtes Stehen selbst auf Bäume
gestellt. Gedanke bei Dimmler, daß mit Gleichnis
spiegel sonett auch ganz außen stehe

„In mir fand ich, als sei errunge [sic] Tat
schon eingegangen in die erste Ruhe
denn ich, ich nahe mich von allem bar
["Das nahtlose Gewand" (Die cumäische Sibylle)]

4. IV. 18 [Donnerstag, 4. April 1918]

Möglichkeit neuen Grams (Judas. Zuerst über sich [VR: dich], jetzt über den
Eifer des falschen Wortes, den Eiferer in schlechter Mache (Staats-
mannbrief[e?]. Statt diesen Gram zu dulden und zu hegen, alles
immer mehr selbst kernbilden und Zeuge durch Wort werden,
selber die Geschichte erfüllen, durch Umformung, sich Ein-
formung, so aus Ohnmacht (gegenüber dem Eiferer) zu Macht
kommen
, dieser Entwicklungsgang nun plötzlich auch Sinn ge-
worden. in Stationen „Aus Ohnmacht mich zur
Macht, Aufrang zum Sinn des Neidens, durch

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Ohnmacht immer mehr Kernbildung und wirklich zu
innerem Wort getrieben, zu Geschichte in [VR: und] innerer Grenze,
so wirklich in jenen Weihnachtsgedichten auch „verbum
caro“ unwissend prophezeit den Fortgang, so eingefügt
ohne Wissen, Schicksal und Weg nicht wissen, so geht der
Mensch ärmer als ich? Mein Bezirk: Wüste des Wortes
Prophezeien als reines Eingefügtsein verstehen, so
ganz Ader der Welt wahr sprechen und pulsen, von
Zeugnis trächtig, Füchse eilen, aber die Löwin trägt ihren
Leib zur Ruhe
. reclusa: der stille Raum ist
zu voll bedrängt. Nereide: ertränkende Frucht-
losigkeit bloß egoistisch bleiben müssend in Reue
Diese stumme unerlösbare reclusa, Klageelement
unbewältigt ein Hauch, Strudel in mich ziehe, wie ihn die
Erde nicht schluckt. Wissens Anbeginn, schlägt um mich ist Sinn
ohne Willen, alle Treue Element der Reue, Wort wie Propheten [?]

Dimmler wieder gelesen: das Weltliche fehlt, es ist eine

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beruhigte, auch nahrungssichere geistliche Sicherheit, nicht die eigentliche
Selbstverwicklung, Selbstverwirklichung, Verwirkung in alle
Gegenwärtig. wie in ein Gewebe.

Freitag, 5. IV. 18 [Freitag, 5. April 1918]

gestern abend mit M. und C. C. und Dr. Scheel. Alle Bekannten
in Amt und geachtet. Gefühl der Niedrigkeit und dazu bemerkt,
daß Staatsmannbrief versehentlich mit dem [VR] Autor gezeichnet. {Kolumnentitel} Ängstlich
und bedrückt und gequält in Schlaf und in Aufwachen. Bei
Lektüre Dimmler am Morgen den Vorhof, der nicht [? VR] gemessen
wird, entfernen, daß vielleicht mein erwählter falscher
Vorhof, der nicht gemessen
(diese Angst, des trotz allem verloren
sein könnens gleich Mutterangst, daß meine Ölbergidee,
das falsche Passion näherdrängen, die falsche Mutter-
nachhängerei (und dabei auch dagegen das Gefühl nach Beerdigung
der Mutter in Gottesdienst der in Demut wie schon die Er-
lösung vorwegnehmen dürfend geöffneten Lade) Diese falsche
reclusa, muß ich eingehen aus
der Verschränkung,
so dieses tiefste Heilwesen der Verschränkung, diese geheimste
innerste stärkste Wurzel herausziehen
?? spürend bis

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Herzgrund wie Befreiung, auch diese falsche Angst um Gottes
Form, um den Weltplan und die dadurch fruchtlose
Abhängigkeit, das falsche Hängen (an der Bildfrage
auch z. B.) am Fordern von [?] anderen, an der Passion
des Weltplans in mir, diese viel verstrickte An-
gleichung der Seele an die Weltform, diese gefährlichste
Substanzvermischung, dieser falsche Vorhof
. Sehe auf
einmal, daß viel ärger in Form falsche Teilung und
Übertragung habe als das falsche Ethische Försters, das
ich in ihm immer noch stärker besonders von mir bekämpfen
mußte. Diese Freiheit, nicht diesen Plan in mich zu nehmen,
mich frei zu halten diese Freiheit wie ein Opfer nehmen
wie ein erlöstes gefühl opfern

mir ist verziehen. auf einmal diese Erleuchtung.
Gießen in Herz, daß zu Häupten geht. Die Sühne liegt
vorwärts. Ich soll nicht mehr mit Willegis in den
Zweigen hängen, ich soll abstürzen zum

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Weizenkorn in die Erde, so mein Opfer als Tätigkeit
bringen. So wie Haupt des Paulus dreimal
zur Erde stürzte, Raum öffnet. Quellen, Bau
aber steht unbeweglich und des Volks Schar wie [?] Bienen
Summen um des abgeschlagen [?] Leibes Blut.

Auf Heimweg Mittags über frühlingshafte Bavariaring, wo
jetzt alle Sträucher schon Blättchen haben, die Kastanien
Knospen groß werden, es schon grün wird, Beetblumen
gesetzt sind und fast schon die roten Blütchentropfen der
früh dornroten Bäume kommen. Gedanke: Geheimnis so [VR]
einfach ausgedrückt, daß Maria alles in ihrem Herzen be-
wahrte. Jeden Tag nehme ich mir vor, die neue Regung
Eingebung im Herzen zu bewahren und ist guter
Geist oder Hindernis: jede neuere Regung treibt {überquellen des Bewahrenwollens} die
alte fort. So die immaculata, die alles ohne Regung
bewahren kann.

bei Hieronymus ist die Löwin. wie mir
immer die Löwin seit einem Jahre in Marie

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anlag und die natürliche Sorge vor Angst der Gedanken
und Sorge um Leben. Jetzt verstehe ich in Hieronymus
bilder die ruhende sichere Löwin.

Löwin wie des „Wortes“ Attribut
der Geschichte Wächterin.

mir immer wieder [VR] Aufgabe die Symbolprägungen,
Lösungen, in den Symbolen des [?] Zeitraums
die dritte Erzählung, C. ohne Zunge, Fl. ohne
Hände, ich ohne Herz Glaube, Hoffnung und
Liebe so als die Vorkämpfer der Landsknechte
auf Mittagsweg [? VR] zu Red. ich glaubte immer, nur
eine schwerste Sünde, aber ich habe alle Haupt-
sünden, ganz tiefgegründet kommen sie her und <1>
aus Erkenntnis in Natur.

Zu M am Abend, der wieder da. Vorgestern erfahren [VR], daß Rein-
hard den Heldentod gestorben. Ich wie Furcht gewußt.
daß Religionen und höhere Ideen mehr Kriege bringen
werden, als einfache Nationalidee, er könne nicht pazifistisch werden [?]

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Samstag, 6. IV. 18 [Samstag, 6. April 1918]

Urteil Fischer über Knies „Väterlichen Gottes“ etc „Künstelei“. Diese Abwehr
des Kampfes an und mit Form. wie doch Härte geben wichtig.
ebenso wie Wortanstrengung. äußerer und innerer Zwang Fügung [VR]
nachmittags zu Osterbeicht entschluß durch Dimmler auf Paulus
Philipperbrief 3.13 „eins aber tue ich, das was hinter
mir liegt vergessend, nach dem aber, was vor mir liegt,
mich ausstreckend 14. eile ich dem vorgesteckten Ziele
zu, dem Siegespreis, der von oben erhaltenen Berufung
Gottes in Christus Jesus. Wie dies Jahr mit Paulus an-
gefangen hat, Geheimnis in Römerbrief. So jetzt auch
zu Beichte geführt durch Paulus und letztes Jahr war es der
Jonasgedanke, sich aufrichten aus Rücken. Die armen
Seelen sollen mir helfen, das Gedanke auf Weg zu Bonifaz
basilika und Paulus Vorbild. In Kirche in Mühe und Gedanke
Ich bin deines Willens Mühe [Letzte Zeile aus "Der Baum" (Sinnreich 1. Fassung)] und daß ich ganz Natur
in Dichten hingegeben, früher [VR] nur leise Neigung und jetzt
in Brust wie leibhaft spürte diesen Frühlingsanfang wie
<1> Schößlinge, aber bleich wie Kartoffeln lang
ohne Erde zur Sonne treiben, oder zu sehr und

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haltlos bewegt wie tief in See Tang und lange
Ranken, Winden ohne Halt. und da ich die Mühe zu
Vorsatz überdachte und sah, einesteils Herr zu sein des
sinnlichen Menschen andernteils [m?]ich endlich und wie
mache ich es meine Trägheit zu Bewegen zu Tat des
Feldbestellens und da sah ich das Erdreich, da ich so be-
wegt und ohne Halt langhin mich erhebe, es ist Wüste und
Gestrüpp und kaum Scholle für Pflug und dem Gott
vor [?] Himmel und Gnade, mehr als nur verstand und Glaube
die Gabe zu sehen erst so dünn und fußlos unverankert, und
da ist das Erdreich, nicht in Stücke gehend, hart [harrt?] und wie
soll ich einbrechen. eine tote Schollendecke, alle Haupt-
sünden sind es, die ich durchbrechen muß in die Erde
darunter sind die armen Seelen. Pochen an diese
unfruchtbare ungesättigte ungelockerte Erdrinde.
So bin ich nun ein Mensch ohne Menschsein in Güte
bloß hingestellt in Fassen und Schwanken. Nur aus Demut,
wie will ich Paulus sein auf diesem Feld? Dank für diese
Demütigung. Ich muß einreißen, einbrechen unter

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die Natur gehen in Erde, durch Erde aber diese Hauptfehler,
vor allem den Geiz, das Nichtgönnen, Nichtgönnen-
können durchreißen, durchpfügen, durch Erde zu Menschen
kommen. Ich darf alles in Demut. Dies soll die Gnade
sein dieses Ostern: durch Mutter und Arme Seele zu Demut
an Aufgabe; und Vertrauen, daß Vergangenheit in
Verzeihung liegt. Brotbitte und im Beten nicht mehr binden
aller Gedanken so würdig werden, die Worte jeder Bitte
einfach in voller Waltung sprechen zu dürfen. wirklich
in allem gegebenen ohne die Einbildung, besonderer
Eigenschaften und Hilfe zu bedürfen, wirklich in überreicher
Gegenwart sein. Gnade diese annehmen zu können. Dies muß
erste Untergebung sein. Wer wird den Stein hinweg-
wälzen
? Glaube an Sakrament als übernatürliche
Hilfe.

7. IV. 18 [Sonntag, 7. April 1918]

Kommunion in Kapuzinerkirche. Die Angst und Sorge
wer wird den Stein wegwälzen, mich selber, die Angst der Frauen
dies Eine dieses Lebens. Diese Frage und übernatürl. Glaube, Berge
versetzen. daß es immer nur statt frohes Gönnen, die Form
von [VR: und] Härte des Anschauens ist, dieser Stein ist das Auge und
die falsche Anschauung. Wie alles in Gesicht

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und so auch die Härte des Nichttuns in Gesicht und Auge.
auf einmal in Kirche, auch die Passion und der Gedanke der Einfügung
in Geschichte, alles bis jetzt so Gedachte ist der falsche Vorhof. Am
nächsten Tag plötzlich Titel: Stationen von Neid und Wort auch
Wort, dieser Starrsinn für das Wort ist falscher Vorhof, kein
Lebendigkeit in Wirkung der Wahrheit

8. IV. [Montag, 8. April 1918]

in Gedicht „Der Baum[Sinnreich 1. Fassung], daß sich der unreine Reim „Marke
erstarken“, wie sich dieser Reim im inneren Ton der Fortsetzung fordert!
Sinn des Reiters! Sich zu gönnen. Stete Gespräche und Ent-
täuschung {darin} und auf Wunder warten als Erlösung; aber das bei C.
richtig, daß er das alles zuerst mitmacht, daß die reine
geschichtliche Natur, daß [?] der berufenheit als einer ur-
sprüngl. unverantwortl. unbewußten, nicht schon sofort
beladenen Natur alles zuerst und zu Nutzen mitmachen
kann und Scheidung an sich vollziehen lassen darf.
Der Reiter (als Gönner) und der Neid. So gegen Neid
als wahre Ritterschaft. Einziger Sinn und innerer
tiefster Wert der Ritterschaft gegen Ordensidee. Sinn
des Wesens in Geschichte, der tiefsten Weltform
gegen Enthaltung von Geschichte.

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Tischszene bringen, wo der Reiter sich nicht gönnen kann,
dies elendsgefühl der Verlassenheit aus innerer Unteilhaftig-
keit, Gnadefühlens und sich nicht dafür den Nächsten
verteilen können.

9. IV. 18 [Dienstag, 9. April 1918]

Wer im innersten Lebenskern bleibt, das ist
der äußerste und Mutterglauben, der kann nicht untergehen
Mutter = äußerste und innerste Grenze. Vater = Geschichte und
Freiheit. „Ich suche den Vater“ als Idee und in Mutter
sein. Das sonderbare, sondernde des Glaubens, Re-
formation, Abfall in der inneren Grenze
aus Eitel-
keit, qualitative Trennung, so ich wiederhole die Deutschheit,
ihr Schicksal in mir. Das Einigende in der Natur,
Vereinigung in äußerer Grenze, ich raste [VR: warte] auf dem
Schaft [?] der ganzen Welt, Gegenwart quantitative Einigung.
Da ist jetzt die Verschränkung äußerste Grenze geworden.
Diese Umkehrung und der Weg beginnt nach einwärts zu Ge-
schichte. bis jetzt war alle meine Geschichte nur Bindung
in Natur. Diese ganz absolute Umkehrung.

10. IV. 18 [Mittwoch, 10. April 1918]

Requiem für Reinhart, der am 21. März gefallen
ist bei Cambrai. Wie Schuld ein Rechtbekommen.
Wie ich mehr in Entfernung gehalten werde wie Flskp

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Markus erzählt, daß einer nackt entfloh, dies mir jetzt wieder besonders
gegenwärtig. Nichts zu tragen als die Schwere, die sich nichts vergißt
ward und bin ich Widerchrist des Gedankens, den ich rastlos mehre.
[Zweite Strophe von "Der nackte Jüngling" (Die cumäische Sibylle)]
Auskleidung so wirklich wie Mensch in Natur, Schreck.

11. IV. 18 [Donnerstag, 11. April 1918]

Nachdenken über die Ohnmacht der Eltern an den
Kindern. und ihren guten Weg[en?] und das Geheimnis der göttlichen
Instandhaltung und geführtsein und daß man ein ganzes Leben
hat, um dies als Barmherzigkeit immer mehr zu verstehen.
Daß Maria dies konnte, sie konnte alles im Herzen bewahren.
Das ist das Fortwirken der unbefleckten Empfängnis. Dieser reine
Schrein, der Natur nur wie Philomene auf Weg nach Hall
vorüberzieht, wie schon im inneren Bild.

Wer nichts hat, kann nicht Ehrfurcht haben, sondern nur Furcht
oder Liebe. O B Ehrfurcht religio (gegenüber Fichtes
Baum) und auch Paradies sein und Baum, hier hat sich der
Sinn der Ehrfurcht, gebundenheit an die unantastbare
Wirklichkeit, erfüllt, entschieden, in Fluch gewendet.
(cfr dagegen die Art der Judenfrechheit) religio überhaupt
an das Gebunden sein an Maß, an gnadenhafte
Gegenberheit [sic], Wirklichkeit, die Enthaltenheit in
Wirklichkeit. Gegen Förster das Geheimnis des
bleibenden Paradieses

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religio entspricht so in dieser Notwendigkeit zur Wirklichkeit
in Natur und Geschichte, es entspricht so der Freiwilligkeit des
Gottessohnes ohne Sohnschaft, zu Menschwerdung.

Becker-Gundahl in Sollner Kirche, wie viel der Farbe an
ganzer Möglichkeit fehlt, so auch an ganzer Zeitseele

die Möglichkeit gegen das Zentrum, daß künftig in Parteien
noch mehr noch mehr materiell äußerlich zweckhaft und wieder mehr
religiös [?] orientiert wird, daraus erst auch Politik mög-
lich. National [?] aber aus größerem Abstand, nicht nationalistisch.

12. IV. 18 [Freitag, 12. April 1918]

Wieder der Gedanke dieser Tage: der nackte Jüngling bei
Markus
, das ist in Geschichte, die sich ganz in Gefahr begibt
und nackt sich rettet, so auch, der ich immer um Geschichte trachtete
und stritt, jetzt diese Umkehrung, daß ich selbst ganz in Ge-
schichte verhaftet und weil nicht diente, ich mich nicht tren-
nen konnte, so in Verschränkung, aber in totem Punkt,
Leidenspunkt der Geschichte war. Lebensform tätig
aber nur möglich durch Dienen und sich abtrennen.
„der nackte Jüngling“ fertig. [Die cumäische Sibylle]

Gedanke <.> Enthaltsamkeit, die Schönheit der Geschichte
des Tobias. Morgens Vögel singen als wie Trümmer
im Mondschein, zu Tau und Niederschlag gesponnen
graue [? VR] Welt ohne Sonnen

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wie die Knospen, jetzt schon überall Blätter und die Bäumchen
mit den roten Knospen und vollen Blütchen beginnen und einige
ganz weißblühende Vorgartenbäume. Die Knospen wie Schnäbel
fliegender Vögel und Kastanien wie Schnäbel von Flamingo, Netz [?]
wieder Züge [Auge?] vorbei

13. IV. [Samstag, 13. April 1918]

Gedanke immer wieder an die Kleinlichkeit Försters
dieser „Fanatismus der Lauheit“ dem Deutschen
eingeimpft. Der Deutsche erhebt sich schwer über das
bloß Sittliche. Er macht sogar lieber aus dem unfrucht-
baren Nichts ein sittliches Ideal
. Aus der Verweichlichung
eine Verhärtung

14. Sonntag [Sonntag, 14. April 1918]

Besuch mit M in Solln, (am Freitag vorher [VR] abends
bei Ettl.) dann Spatziergang über Menterschwaige, sehr heiß
fast gewittrig. alles wie zu stark früh blühend und Boden
fast noch kahl und Bäume noch ganz nackt. bloß Blü-
tentriebe. winterblütig. (Besuch: wie wenig diese Liebe
Liebe hat)

15. IV. 18 [Montag, 15. April 1918]

bei Feuilleton Mahrholz in Frkf Ztg [Frankfurter Zeitung] über Schefflers „Gotik“ [Karl Scheffler, Der Geist der Gotik, Leipzig 1917]
Bemerkung über das Ruhelose erinnert und stößt mich heftig
auf meinen Aufsatz C. Ruhelosigkeit des Christentums.
["Karl Caspar. Eine Studie über die künstlerische Ruhelosigkeit des Christentums" in: Zum geschichtlichen Gethsemane]
jetzt wird von dieser Unruhe schon [VR] stilmäßig gesprochen und ich
hatte sie schon vorbildend in mir, kann aber

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es nicht von mir, auf mich weisend sagen, kann nicht von mir
zeugen, Zeugnis geben als durch Eigene Tun und Sein
und Gesche-
hen in mir. Der Prophet werden müssen (der Markus
der Geschichte). Prophet werden müssen des Erfülltseins.
auch das Erfülltsein nach Christus muß gedeutet werden
durch Lösung in eigenem Leib und Erfahrung – „Prophet
als Nachdeuter, wie vor Christus Vordeuter. So
kommt Prophetengedanke wieder
in Reich und Zeit. Jonas wollte das nicht
annehmen. Vor einem Jahr der Jonasgedanke
vom Rücken aufrichten und jetzt in dieser inneren Einsenkung!


Isenheimer Altar soll hier bald ausgestellt
werden. als Buch und mit dem 1. und innersten Ge-
danken: die innere Schönheit, die trotz und gerade in Folter
äußere fordert. erste Gedanken got. das Leiden und
die Unruhe. Dies in reine Tätigkeit übertragen, und
wie richtig Caspar, da er Tatkraft national und auch
Besitz nimmt. Pracht und Weltliebe nötig. Dieser
Gedanke ist die stärkste Mühle der Welt.

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Diese Folter lieben. Das falsche Leid muß Welt suchen
fort von Ölberg und von Wüste, um wahres Leben zu werden
auch Ölberg ist Vorhof. Dies alles fallen lassen sollen
diese Umkehrung wenige Tage, aber immer noch in Einsicht. Arme
Seelen, wie ihr euch [VR: auch] mehret. helfet. <1> Bruder Georg
ist gefallen am Karsamstag.

Schillers „Kabale und Liebe“, diese Ingrimmigkeit und Selbst-
zerfleischung des deutschen Sittlichen, wenden gegen andere
und doch tatsächlich sich selbst aus dem Gewicht bringen,
sich zerrütten in Nichtsform der Selbstversicherung.

16. [Dienstag, 16. April 1918]

Die österreichischen Ereignisse. Cernin geht. Kaiser-
brief. so möchte man fast wünschen, daß die altpreußische
Enge in mächtiger Vergrößerung Österreichdeutsche mit Ungarn
zusammen an sich reiße und engere Bismarckreich pflicht-
mäßig baue und daß die großdeutsche Welt- und Geistidee
vollends verkomme. Wer hat es denn getan? Lammasch
Förster und ähnl. kathol. scheinende Falschhelfer, weil
man<..> an [momentan?] die geschichtl. Ausreckung [Ausrichtung?] den Glauben
zu Hoffnung werden lassen will. So bleibt Hoffnung als
stets dauerndes Lebensnotbewußtsein und der

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Weg von Glaube zu Hoffnung geht durch Liebe. Nicht wie ich
bis jetzt immer Liebe als drittes wollte, sondern Liebe ist
Mittlerin, Mittlerin, ist der Weg von Glaube zu
Hoffnung, ist Maria sichtbar als Gottes Mittel als
prozessus, ist Maria im Sohne, ist Mittlerin
der Welt, ist immerwährende Hilfe, mehr als
Dolorosa, ist auch Magnificat s. 15. IV. 18

Wieder gedanke an Fkfztg [Frankfurter Zeitung] feuilleton: daß ich mich nicht
so hinstellen kann, sondern nur Form selber sein
durch Tun, den Sinn nicht sagen, sondern tun, dienend
erfüllend, so auch verstehen: weil immer mir Christi
Antwort auf Frage: Bist du Gottes Sohn!! „Du sagst
es
“, wie Ausweichen erschien, daß es kein
Ausweichen ist, sondern eben höchste geschichtliche
Wahrheits empfindung, er kann sein
Zeugnis,
auch vor Gott und Liebsten, nicht sagen von sich, sondern es sagen
lassen und stehen und während es gesagt wird, es erfüllen
er leidet, indem er das Zeugnis hört.

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Daß ich nicht tue, was ich will, immer das falsche Leiden.
nur im Tun um Zeugnis zu geben ist höchste Freiheit
so ist Schöpfung höchste Freiheit, um [VR] aber Gott in
Mensch, da er sich diese höchste Freiheit zum Zeugnis
selbstwerdens zweck nimmt, muß er leiden
er nimmt sich Freiheit der Schöpfung um Leid
der Mitteilung in Seele fühlen zu
können. so wird er mensch. So ist
Logos der Mitteilung als prozessus
zu Leid. Gott empfindet Leid durch
Menschwerdung, um den Menschen die
Barmherzigkeit der Mitteilung geben
zu können nach 1. Fall. Das ist die Gnade
der Barmherzigkeit, wo Gott Leid der
Erbarmung empfindet

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16. IV. 18 [Dienstag, 16. April 1918]

Marie [?] vom Peterhof telephoniert daß Behr auch
gefallen ist bei Albert Kopfschuß

17. IV. 18 [Mittwoch, 17. April 1918]

Das Vermittelnde des Hochland in Förster Demokratieaufsatz;
daß es jetzt als Fußnote andere Beiträge herbeigezogen als Diskussion er-
klärt wird. Daß bei solchen Diskussionen sich immer derjenige, der
sie geschehen läßt, sich als Links stehend verrät, da von Rechtsgefühl
alls herkommend spielend mit Freiheit bis verfallen Toleranz
so falsch möglich.

Aus dem Schacht steigen. Ich kann nicht beginnen, weil meine Arbeit zu
groß Fühlen, daß Arbeit am Nächsten, daß jetzt davonflieht, wenn man [VR]
sich nicht selbst beschränkt. Mannlied.

18. [Donnerstag, 18. April 1918]

Wie auch hier bei Förster wieder bloß Massenrecht, nicht geistiges Arbeitsrecht.
Die Demut überwinden, die innere russische feig empfängliche
Demut
, sich mit aller Wirklichkeit, Schönheit wie mit Maria
Mantegna Brokatkleid schmücken. Rom. Meßgewand.
So aus falscher Verschränkungs Demut heraugehen [sic], die Geschichte
teilen, sich härten. zu Glück geboren. Daß gerade diese
östliche Demut träger Hochmut ist. Erbarmen
statt Mitleiden. Das Erbarmen ist streng. In Gottmensch
aber auch mitleiden. Zu Pracht. Christus mußte dieses Leiden,
daß in [?] Herrlichkeit. Zu Zeit des Delacroix aufsatz
nur allgemein Notwendigkeit geglaubt; jetzt eine
bestimmte, sich bindende an vorliegende Volk-Zeitaufgabe.

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Augustinus S. 131 (Maiheft?) denn alles Maß der Erfahrung das Ziel
oder als Mitvollzug in Ehrfurcht ist natürliche in geschichtlicher
Ordnung und Geheimnis der Erlösung vereinigt.

S. 120. der falsche Massenoptimismus, der geradnasige, wie
er dasitzt in Leere. Optimismus, dagegen katholische Briefe
das Tragische des bloßen Entwicklungs{seins} und der Härte, zur Wirklich-
keit
. Verzicht und Überordnung eines Massenwillens
bei ihm. hier falsche Gesellschaftssubstanz. So Korrekturen.
man darf die Geschichtl Substanz als reclusa nicht zusammen-
tragen, sondern muß sie zum Ende der Tage zeitigen,
so statt Quantität auch wieder Qualität machen. Wie sich alles
praktisch korrigiert; Das ist ja richtig und so wäre folgerichtig
die dabei herrschende Gesinnung gleichgültig gewesen. Wie
deutlich diese Förstersche sozialpietistisch „ritterliche!“
Gesinnung nicht wahre Gesinnung, gar nicht Charakter ist und auch [VR]
nicht Charakter entstehen
läßt! Ich früher so ganz {gegen} Charakter und
jetzt ganz dafür: Charakter als Gnadenempfang aus
Zeit, aus Mutter und muß ihn in Härte der Geschichte
bilden <1> Vater. so Mutter durch filioque
in Vater übergehen. Vergangenheit in Zukunft
Fortsetzung der Zeit in [VR] Geschichte.

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Immer zuerst hier das naturalistische: Zeit, Berufung, Reli-
gion, Rasse, eben der Naturfalschoptimismus das
naturalistische Basispreisgeben, diese Demokratie mit
Preisgabe der geschaffenen und zeitlich geheiligten (durch Gottes-
plan) Menschenwürde, nicht Ehrfurcht gegeben, sondern nur
gedachte, gemachte klassizistische Menschenwürde.
nur Würde als Schranke, aber nicht als Nächstenliebe
strenges Selbstziel.

19. IV. 18 [Freitag, 19. April 1918]

Ja merkt er denn nicht, welch viel tieferer Hochmut
wenn ich gegen Dienstboten meine autokratisch ihm auch gönnend
wollende Gesinnung zeigen will, statt einfach die Not-
wendigkeit den Stoff mit ihm zu teilen, wie als
Soldat in Kaserne.

Jonas! da alles dieses Wissen über Weltgang kein
Verdienst
, darf ich nicht frei sein, ich Jehova, indem ich
handle, lebe, und wirken [VR: wissen] als Wandel füge.
Bräutigam, ganz von sich frei werden.
daß gerade Eitelkeit zu Moses <.> Lösung, die Eitel-
keit des Wasser-Unglaubens <1> felsen die Eitelkeit
des Mitdenken und Nicht tuns statt handen [sic]
um den Glauben zu erproben als Gottes Wahrheit

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Lied des Mannes, Eitelkeit tiefste Wurzel des Lei-
dens als Verzicht auf tätigen Glauben
in Hingabe.
[Pfeil auf "Leidens"] und Unvermögens. Gerade Sinn und Wort, das alls, was
ich immer suchte, ist Eitel. Diesen Vorhof hinaus werfen.
Judas, der zu große Eifer aus Eitelkeit, dies wieder das
Gegenteil, gerade Judas, dieses so Mensch sein hatte
alle Schollen (Ostergedanke,) er hatte das unfruchtbare
Erdreich, er hatte alle Totsünde ungetrennt. Und
sie untrennbar gegen den hl. Geist gebunden durch
innerste Symbol der Gabenlosigkeit und Opferunfähig-
keit, durch Geldsucht.

20. IV. 18 [Samstag, 20. April 1918]

Mein lieber Felix Dulk vor Amiens
gefallen. Wie sehr durch Geist verblendet, durch falsche Sinnen<..>,
daß ich nicht denken, mich nicht hineinfühlen kann, hinbrechen kann, daß
daß das Leben Gewohnheit und Gleichgültigkeit und jeder Brief [? VR] ihm
Bedürfnis und ich ihm nicht die Freude der Antwort gebracht wie bei Mutter.
daß ich doch endlich ausbreche zwischen Eitelkeit und Trägheit
und alles Lebendige dienend beantworte, alles in seinem
wahren gegebensein und Heischen, daß ich rege werde, aus Barm-
herzigkeit und ich Barmherzigkeit erbitte. Traurigkeit
mir zugewiesen tätig zu sagen, was andere Tätige Gabe
ich aber als Liebe still empfing.

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20. IV. [Samstag, 20. April 1918]

Diese Art Askese förster in Amerikas geist zu sehen
diese Hygienische {!!} Reinigung. Diese geschichtslose zuflucht

21. IV. [Sonntag, 21. April 1918]

Daß Gott dem falschen Frommen zürnen muß, weil
man doch selbst dies wie Heuchelei abgestoßene Empfinden hat.
und doch geduldet. jetzt auch verstehen das früher empfundene: Nicht
zu viel Reue. Die Reue muß auch Wirklichkeit zuge<..>
(nationalistische) Tat sein.

Wenn wirklich glaube, daß über Förster meine Ansicht, dann auch also
wirklich siegen wollen. Es darf und muß geglaubt werden, daß
siegen kann. Qualität siegt, bloß Quantität fällt ab.
Substanz. Auch wieder gegen falsche Passion als
stärkster fortschritt. christl. Art des Geistsieges

im [VR] Persönlichsten.

22. [Montag, 22. April 1918]

gedanke: Stationen von Neid und Wort heraus zu bringen
Sonett anima reclusa [Die cumäische Sibylle]: Daß in mir aufersteht, der ich begrabe
schmacklos nur die Honigwabe.
O Mutter aller Dinge sieh dein Knabe
Dein Kelch ich im Genuß dem Menschensohn.

2. Tag wie Josef und Maria reisen. Wenn man auf einen
schlechten Türhüter warten muß und gute Worte geben, daß
er sagt, ob Jesus da ist.
So liebt [?] das Wort sich selbst gefangen.

viel vergeben.

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23. IV. 18 [Dienstag, 23. April 1918]

immaculata conceptio Aus tiefster Gnade
immer tiefrer Scheu, wie will ich Mensch nicht sein, daß ich ihr darbe,
mir wuchs die Seele wie des Hirschs Geweih. So <1> Äste [Zeichnung von Ast] auf
immer breiter Narbe. ["Conceptio immaculata" (Die cumäische Sibylle)]

Gedanke: Lauretanische Litanei. Wasser rieseln in
Rinde in Frühjahr aus Herbst in Baum. Dann Hirsch-
geweih mit Augen abgewetzt, so daß sie erscheinen. Schrein

25. IV. 18 [Donnerstag, 25. April 1918]

Pietà, was ich mir gab, das nahm ich mir zugleich. ["Pietà" (Die cumäische Sibylle)]
mit C. abends zusammen. Ihm gefällt Titel nicht ganz,
darauf Überlegung und Titel genommen: die Cumäische Sibylle
weil auch reclusa, immac. und Pietà noch nicht der ganze Inhalt
christl. Erlösungsbegierde und Glück, noch nicht einmal [VR] ganz wie in Reise
nach Italien, sondern sozusagen noch heidnisch.

27. IV. [Samstag, 27. April 1918]

Der Herr ist gut. ich trat in mein eigen Blut. Arbeiten
und glauben, daß nicht Rache mein. Dies schwache Mark zur
starksten Stärke machen. Sich Weltstellung erwerben zu
müssen, zu wahren vor falscher träger Demut, das ist
und wird meine Passion
sein. Fange an zu meinem
Besten. Vor diesem Tage oft wie ein Glück [?]
wie Blatt im Winde, Rohr im Winde
aber ganz überlassen wie Hauptüberschüttend
überlassend

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wie in diesem kathol. Firma so wenig, so gar nichts bin, jetzt zum Dank für
Reklamation auch nicht mehr freien Tag nehmen dürfen. So wenig, daß es nie-
mand glauben kann.

Ich ging mir selbst so steht – entgegen – ein Prophet –
wie die Schlange alles in mich, eherne Schlange. , nicht Maß in mir als
am eigen – Schicksal an mir sich enthüllt, die Zeit zu scheiden
Ich bin und will es nicht mit Willen {am eignen Leib erfahren – was ich sah} wie Antichrist [? VR] gönne
Das stärkste Mitleid veranlaßt Jesus, die fremde Höhe zu
verlassen zu Tempelgang, und da spricht er: „Weib was habe ich mit
Dir zu schaffen; das ist erst Mitleid, den andern zum Leiden
zu vermögen
. An diesem Morgen als besonders barmherzig
da er sich erhoben, dann dieser Mitleidsbeweis durch Abtrennung
von Mutterschoß
und Ziel. Nun kann Maria sterben
sie [VR: wie] vorher bei Leichen Gang.

Daß sich in diesem niederen Leben Geist nicht gebeugt
hat, Starrsinn als Erkenntnis ist Muttererbe, aus
Mutterschaft getrennt, aber wie Bleiben, Fortwirken statt
der immaculata wirkt die starre Erkenntnis fort, die
durch ganz gönnen Mutterschaft werden muß in
jedenselbem. Organisch, Eigenschaft, Geschichte gegen Eigen-
sucht. gegen den Begriff Mensch X den Begriff Opferer,
nicht Hernahme, sondern Hingabe, nicht Menschen machen durch
Einschränken, sondern durch Ausfurchen

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wie die Selbstverratung zu Stande kommt, wie bei Förster, das angeblich
Ritterlich mannhafte, das nun nicht dienen will, das nun in seine
Verschränkung fällt und nicht mehr daraus kommt. Bloß durch
diese harte Richtschnur der Zeitlichkeit, des Dienens an dem
selbst nicht erkannten Plane, aber indem man nicht egoistische
Menscheinzahl, falsche allgemein [c]harakterbildung, die man
als Gesellschaft Typus Ziel ausgiebt, dies hat sich in der Verschränkung
der Zeit Verraten, dieses Menschziel Typus ist durch Geschichte
verraten worden, aufgedeckt, die Geschichte verläßt ihn, besonders die
in eigene {Seele [?]} Gewande Verschränkung durch Geschichte als Hin-
opferung Erlösung erfährt.

Gesicht ist Dauer, diese Art Raum, doch es ist möglich
in Augenblicksreine. X Mittlerin Liebe Mutter
Ohr Laut vergehend, doch Horchen und Höhren auf immer
befreite Seele. Dieses wahre Drama, jetzt
diese ganze Umkehrung
, von Auge in Ohr, von Anschauung
in Erfahrung. Gedanke zu dem Märchen „Das Herz des Wortes.

28. IV. [Sonntag, 28. April 1918]

Gewitter Perlach.

29. IV. [Montag, 29. April 1918]

Grundgedanke bei Fest in Jerusalem:
Schmerzleid bei aller Dinge Schau, wie Flieder

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braunrote Knospen und Apfelblüten, daß sie blühen und
inner [?] Zeit abfallen werden. Joseph morgens, dann
Mittags fühlt er, daß dies der Schmerz des Anteilnehmen-
dürfens
, dieser Ölbergschmerz, die Teilnahme, die ich immer
bleibend, als bleibendes Leid aus Sünde zur Selbst
demutpein wünscht, weshalb es war, wie Sünde nicht ver-
lassen dürfen
, so die stete Reine zu privativer
Eigenschaft
, dazu jähe bittre Trauer über die stete
Spaltung der Welt und Paradiesfluch (darin sich
Joseph bei Widersehen [sic] ganz selbstvergißt. Dies
ist Josephs Tag X Tag der Jungfrau, Blut auf
Straße, Unglück. Joseph wie Petrus durch dieses Wissen
an dem Schmerz teilhaben müssen, nährte
aber die Trennung, gebar schon Menschensohn, zum
ersten Mal in Hingabe seines Zweifels und nun
indem er belohnt<.> [?] wurde, als ihm Maria die
scheinbar harte Anrede mildern wollte, da
lächelnd wußte er es vor ihr, und hatte Jesus sein
Kind schon vor der Antwort verstanden.

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er schwieg, sie sagte es, weil sie Sinn aber nicht Wort beherrschte
er auch richtig Mensch ist, so sucht sie Jesus zu entschuldigen
indem sie ihn als Mensch zeigen wollte, der auch die
Härte des Wortes nicht ganz mildern könne, weil jedes
Herz schwächer sei als das Notwendige. und weil sie
Joseph helfen wollte.

Ölberg ist die zweite Schöpfung, nun wird die Natur
aus dem vorgebildeten Symbol entlassen in das
nachschaffbare.

wie Stein wegwälzen und doch milde. daß Fl.
schon von sich frei, ich immer noch eigene Seelenscheidung
geben wollen. Auch Gethsemane scheiden, dafür
das Wahre aller, so will auch Gott nicht mich als sich,
sondern das Gute, Geißel Flucht.

Tempelgang. Im innigen Grunde des Mangels, in
dem die Seele mit Gott empfindet, gibt es keine
Grenze. Das Wasser versiegt wie der Tau und der Kelch wird
immer höher und herrlicher.

Wort selbst: es treibt des Kernes Wuchs
zum Maße
und muß sich dauerlos verkleinern. Klassik
geraten in die Wege steinern, gem<..>, <1> in <1> verfallen.

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30. IV. 18 [Dienstag, 30. April 1918]

Gewitternachmittag. 2. Tag der Jungfrau Biene.
Ton durch Flaiß. [?] in Aufruhrschlägen in Stille immer hört Joseph
Maria, ohne daß er sehen braucht, das stete Horchen, er
hört sie aus ihrem Inneren Ton, und sie bewahrt alles was
geschieht in ihrem inneren Bild wie ein Bienen-
korb ihre Brust.

1. Mai 18 [Mittwoch, 1. Mai 1918]

Jedem seine größte Bewährung und Freiheit geben, so Geschichte
machen

den König decken, konservativ oder liberal
ihn beschützen und sich hinstellen, oder sich meinen und
ihn nur für sich decken. Wahlrechtstreit

Reiter, Sphinx, christl. Sphinx, Flucht nach
Ägypten, um das Wort als Lebensform. Rätsel
lösen. Verwirklicht in keinem Menschen sehen, diese
Entscheidung. Das Wort soll gar nicht kommen. So
auch Einsicht erst nach Erleuchtung. Wort, Vorhof.
„Des Glückes Ruh im Himmelsblau
fällt in die Brust gleich Morgentau [Nachlaß]

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2. V. 18 [Donnerstag, 2. Mai 1918]

Ein Schäfer grüßte mich: Grüß Gott
doch ich war wie im Schlafe
Das Herz des Wortes [Titelgedicht in "Das Herz des Wortes"]

Keine andere Lebensaufgabe, als nur das innerste Wort
natürlich zu verwirklichen.

4. V. 18 [Samstag, 4. Mai 1918]

nichts anderes als Ziel als sein eigenes Wort zu
sprechen, ganz frei sich zu sagen

5. V. 18 [Sonntag, 5. Mai 1918]

Nacht der Jungfrauen. [Nachlaß] Arnold „Sophia“, wieder Sitt-
lichkeit. Daß Wort erscheint. dort die falsche Umkehrung statt
filioque. Ein Ersatz in der Erkenntnis, ein die Erkennt
nis mit scheinbarer Substantiierung bezichten [?].
die falsche Mittlerin Erkenntnis statt der wahren
geschichtlichen Mittelung in Maria.

6. V. [Montag, 6. Mai 1918]

Geißel härter flicht. ["Der mir die Geißel immer härter flicht" (Nachlaß)] Ich muß mir das unfaß-
bare Gute immer nahen lassen, und kann nicht im Ab-
grund der Güte mich begraben, muß neben stehen,
dieses Ferngehalten sein in seiner eigenen
Laufbahn und Rufung, immer gespeister Baum
wach sein wie zu frühe Natur in Gefahr des Gewitters
sein stetes Ziel und bin beschützt und ihm [? VR] nicht näher
als er dringend will.

Immer abends um die Seele [vgl. KB9, S. 26 (6. Mai 1917)], wie ein Blatt in Wasser
und Stil auf Grund, so ist mein Leben und Nahrung

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ganz in Zeit und ohne Sicherheit, bewegt in Gemüt, Ruhe
aber als Form muß ich suchen
, da sonst kein Gedanke. in Gedicht
diese Ruhe suche
, gedanken wie in Ruhe opfern. Immer wieder ange-
rührt, so ich der ruhende Pol, immer berührt und nicht halten
können. genährt mit Geistesdingformen, die ich nicht sichtbar machen
kann. Wie in Tun nun alles klein wird, die großen
Willensphantasiewerke immer nur Gedankenspiele
im wahrhaften Werkwillen wühlend.

Daß der Verstand als Sicherheit, als in Richtung gehalten sein
in Wort
, der Logos zu Demut gezwungen ist, selber
seine Wiege in Armut besorgen muß
durch sich brechen
zu Arbeit und Anpassung. Plötzlich wie ein weih-
nachtliches Gefühl, Wiege bereiten müssen, Windeln cfr
zu Mutters Tod.

Joseph fangt alles klein an, gegen Rathenau. Nicht Beziehung suchen
geistiges Wort aus Mitschützen wollen. Sein Herz wankte, als er
durch die       schritt

8. V. 18 [Mittwoch, 8. Mai 1918]

immer in Hoffnung bewußt, {und wankende Bewegung um Herz immer sein [?]}
wenn dies aufhört, muß
ich heftig zu Menschen gehen. Palmsonntag gedanke
Gespräch der [?] Jünger vorher.

8. V. [Mittwoch, 8. Mai 1918]

Gesetz des Kaisers

Daß die geistige Charakterhaltung und Selbständigkeit

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gerade durch Härte, Nahe [sic] und Kampfmuht sich bildet, das wahre
Nebeneinanderstehen ||||, nicht das falsche unprüfbare im
Sittliche abgezirkelten Grenzen Männlichsein. Auch Roman-
idee
, man muß deshalb Menschen in Unglück stoßen.

9. V. 18 [Donnerstag, 9. Mai 1918]

Löwenzahn
mein Kind, das kann man nicht ändern, das kann auch dein Vater
nicht ändern. die Welt ist so erschaffen
und Jesus litt an seiner Kraft (Sehnsucht, die der Mensch,
weil er Gottes Schöpfungs anfang in Engelgeist gesehen hat,
nicht lassen will und kann) daß Gott die Welt erhielt, die
er erlösen muß.

Joseph aber sprach: Ermahnungen um so rührender
wie Vater in Steinbruch <1> Gefühl er selber, daß zu
Höheren, um so stärker ermahnend, oder [?] sich so
gleichsam besser machend zu zeigen als bittenden
Vater vor dem erlösenden Sohne und seine Ein-
falt steigerte sich in der väterlichen Verdemütigung gerade
durch große Worte

der Inhalt zu Gespräch in Tempel, daß auch Gott so lange
in Entfernung gehalten wird, bis er Gnade <1> Offenbarung
wie lange man sich unterdrücken lassen darf. Auf
einmal Ort des Funds des Wortes. Zu früh brechen. Judas-
eifer (Judasbergung [VR: Judasbegegnung] der Eifer.) eine Szene in Nacht
dieser Art machen.

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Die Allmacht: Gott liebend, was das nächste ist, doch weil er
alles sieht und nichts ihm sinnlich nächste ist, mit dem
nächsten Worte alles erreicht, so auch Sohn geschickt.
ich könnte alles und wäre allmächtig, wenn ich tuend und sehend
sehend aus mir gehen könnte. Aber mein Sehen ist weiter als
mein Tun, es ist aber nicht allweit, weil mein Tun
mich immer noch näher macht. Gottwurzel in Herz II
Das Bild muß in Dichtung handelnd werden, so auch
Paradies von der Anschauung her der Mensch lebend, und auch
Gott sah, daß es gut war, dadurch handelt und lebt
alles: durch das Angeschaut werden, Anschauung er-
fahren, indem Gott sein Bild und Gleichnis in das
rechte Tun bringt, handelnd werden läßt.
Der Herr ist gut – und nahm als Nahrung ihn mit
Kummer, Schlummer ihn

10. V. 18 [Freitag, 10. Mai 1918]

Die Juden, da sie Wort nicht haben in Naturfindung. Nicht mehr
Wort in sich, müssen übermäßig geschichtlich und darum leer
sein, müssen alles auf menschliche Beziehungen zu tragen
treffen sich darin durch Zeitfügung nach Aufklärung und Bürger-
rechten mit Kant und dem Problem der Bürgerlichkeit
können sich also in dieser Zeit wie Zecken einsetzen, während in
größeren Zeiten, wo <1> Deutsche aus Ding an sich und
in christologisch Ordnung, Juden wieder

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von selber wegfallen. Lasalles Schulbriefe. Schmäh-
sucht, Rachsucht, Pathos, an Witz genährt. ich auch gesprochen [?].
{Eitelkeit <1>} Frechheit, Gefühl für das Lächerliche „und wenn du noch einmal so [VR] denkst“.
Eitelkeit, gefürchtet zu sein.

12. V. 18 [Sonntag, 12. Mai 1918]

Augustinus, Haupteinfall. wie Erzberger und
Scheidemann gegen Geschichte und Hertling. So der Ultra
als Verräter. der zu Fromme als Strick des Judas in dieser
Zeit
. erfahren Inhalt des Augustinus als Erfahren [?] in dieser
Zeit, daß an Geschichte gezwungen, an Prachtkraft
der Geschichte, so Gnade und Freiheitproblem zu lösen,
Pelagianismus. Dies Darstellen in Form wie es erfahren
wurde. Auch Klinger künstlerisch, wie der Deutsche dieser Generation
durch die bloße Gefühligkeit und zu lose Freiheit, doch auch
Thoma, etc, Marées, zu [VR] Gethsemane.

13. V. 18 [Montag, 13. Mai 1918]

Der falsche Märtyrer als Inhalt des Anachoreten ["Anachoret" (Sinnreich 1. Fassung)]
wie der natürlich übertreibende, so auch ein gesch. über-
treibender, z. B. da jetzt Erzberger Integralen
gaunermäßig pazifistisch, so auch einen prinzipiellen
Gegensatz dazu den der lieber konservativ untergehen
will als sich an Maß der Zeit binden, der zu eifrige
in Feuer gehende Bekenner, dagegen immer nur gesunde
Gnade zu Geschichte und nächsten Tun empfangen

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will, schickt Engel, daß sie dich bewahren auf allen
deinen Wegen. Opfer an konservativer Härte bringen
andere sich selber belasten lassen, andern schwer
werden, so die geschichtl. Charaktergnade erlangen.
eine Weihnachtsszene in Wüste: da dies alles an
Neid der Menschwerdung hängt. dies hat Teufel aus
Einsicht als Unklärung in Menschen hangen lassen.

Allem, die ich inne sein
wollte, sollte
um die Brut
tief und tiefer in mich ein


14. Mai 18 [Dienstag, 14. Mai 1918]

neues Bündnis Deutschland, Österreich und Polen zu Österreich?
wächst wieder das deutsche Wesen in seinen Anfängen, wie es
abnahm in seiner Vernunfttopik, jetzt rollt [sollt?] es wieder in die
Geschichte.

15. V. [Mittwoch, 15. Mai 1918]

Zuerst immer in mir ein
Vorausgehen, weil bloß geistig, jetzt nach der
Verschränkung ein Zurückbleiben merken, wenn nicht
im Werke dienend angreifen. Jetzt sollst du dienen
seinem Jesus nach.

Er kann sich nicht wehren, wie auch seine Mutter nicht.
Joseph, ich hatte keinen Willen, ich konnte ihn nur gebären
auch nicht das Empfangen dieser Art Magnificat. Siehe, der so

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den Rat der Alten hört, er empfängt alle Zeit.
Er wird sich nicht wehren können. Er ist wie das
Lamm zur Schlachtbank. Gespräch „da sie ihn suchen.

wie eine Pflanze ich an tiefen Bächen
voll wasser

Paulus
ich muß ein mal losbrechen
sich scheute, daß sein Haupt
zu dreimal sprang
schon in Ruhe einbauen
wie Fassern [Fässern?]
verschlossene Brunnen, Brunnenstube, kühl
die innerliche Taufe, Jordanstrudel quelle

16. V. 18 [Donnerstag, 16. Mai 1918]

Pöllmann, Glasfenster [Ansgar Pöllmann: Weltkrieg u. Kirchenfenster, München 1917], diese krakehlende Art der
Kirche ihre hohe Kunstmission zu geben
dies auch zuerst Gegenwartkrakehlerei; kath. Eiferton.
Schalom.