Konrad Weiß: Tagebücher
Kriegsbuch 1 (30. Juli bis 30. September 1914)
Kriegsbuch 2 (1. Oktober 1914 bis 5. Mai 1915)
Kriegsbuch 3 (6. Mai bis 29. November 1915)
Kriegsbuch 4 (1. Dezember 1915 bis 16. Juli 1916)
Kriegsbuch 5 (16. Juli bis 15. September 1916)
Kriegsbuch 6 (17. September bis 13. Oktober 1916)
Kriegsbuch 7 (15. Oktober bis 26. Dezember 1916)
Kriegsbuch 8 (27. Dezember 1916 bis 4. April 1917)
Kriegsbuch 9 (5. April bis 19. Mai 1917)
Kriegsbuch 10 (21. Mai bis 9. August 1917)
Kriegsbuch 11 (11. August 1917 bis 6. Dezember 1917)
Kriegsbuch 12 (7. Dezember bis 21. Dezember 1917)
Kriegsbuch 13 (1. April bis 16. Mai 1918)
Kriegsbuch 14 (17. Mai bis 30. Juli 1918)
Kriegsbuch 15 (1. Dezember 1918 bis 2. Februar 1919)
Register
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Jesus im Tempel
Grundgedanke: man muß das liebste kränken: Mutter {Welle [?]}
wozu bist du gekommen (wie Christus zu Judas) zur Beschleunigung
des Opfers als Aufteilung unter die Menschen, daß das
Eigene verlieren und Leib geteilt für Menschen werden
muß) daß dies und man auch selber am tiefsten
Grunde des Mangels und ganzen Verzichte[n?]s, daß nicht
zu persönlichster Innigkeit und Nähe (wie an Krankenbett
in Kammer kommen kann, vielmehr gehen muß durch
alle Menschen, wie durch Landschaft zu wandern
und Himmel Sehnsucht gibt. Maria denkt in
diesem Augenblick an Gang über das Gebirge. wie ich
an Heimat, daß man im Kelchgrunde des Mangels
und Opfers tiefste Scheu der selbstlosen Selig-
keit habe. Symbolisch trinken, um Seele getrennt
zu erkennen in Schau.
Und Josef sah, daß es wie Leid des Kindes, daß Gott
nicht deutlich werden konnte und Wort nicht an Men-
schen gehen und seine Falte schwieg an seinem
2
Munde, so faltet sich die Geschichte und furcht sich, und
indem sie sich zerfurcht öffnet, schließt
sie die Geheimnisse Gottes unter den Menschen
ein.
statt gram auf Willegis Baum menschl.
(wie Hirschgeweih) Sicherheit, Fröhlichkeit als größte
Kraft, alle Waffen stärker zu haben. – Es ist immer
wieder der Gedanke der Berufung, z. B. auch wenn bloß moralische
Einwände gegen die bloße Technisierung der Balance of
power theorie erhoben werden. Es ist Berufung vor [und?] Be-
rufenheit annehmen, was unsere Aufgabe, das sich bin-
den an die Geschichte. Wieder der Gedanke von mir früher, daß
das wahre Rechenschaft verlangen Vorwurf gegen Kirche,
daß nicht alle gleiche Berufung haben. Man soll sich, wenn
man auf dem geschichtl. rechten Weg ist, auch durch das
sympath. richtige religiöse Gehaben eines Nächsten
nicht von sich ab verführen lassen (z. B. Butler „Entwicklungskon-
version und jetzt Engländerei) Es sind Leute, die nicht
nötig haben und auch nicht wollen und demnach nicht gerecht sein können
so erklärt sich auch die Heftigkeit des Überzeugungs Kampfes
um den polit. Weg statt in religiöser zu verstehen, daß
da die Geschichte notwendig tun muß gegenüber de<.> bloß sittl. Wächter
3
Weil selber kein Erleben hat, außer ein Erhorchtes (nicht einmal das
wirklich), darum muß er alles Erleben und Miterleben (document
humain) so eifrig gelten lassen, wie in Aufsatz „Imponderabilien“
statt eigenes Erleben in Erfahrung zu verstärken, so geschichtl. für
diese Zeit wieder das παραδὁξον, weil sie kein Erleben hat,
überall horcht und um so mehr Erlebnis betont, auch die so be-
gründete Dichtung und Literaturpflege
hl. Geist in Liebe, keine Rache
1/2 7 Uhr früh sehr schöner Morgen. Azalee in Sonnenaufgang
gestellt. Droste hl. Jahr. Spatziergang allein zu Bavaria, wie
die Eichen Blätter bekommen, die alten Dürren noch festhaltend
wie zaghaft Eiche, die alles erhalten wollen und an sich festhalten
Knorren, Äste an sich heben und Stämme um so mehr bloßbieten und härter
werden in Dauer wie junge Frauen und Geschlecht der Menschheit
Eschen wie Ritter, Fest, Volk, Fahnen, Lanzen. Zier. Im Bürger-
saal Amt, daß Eiche sein und in Dauer hart, fest Emitte
spiritum tuum et creabuntur, daß aus Liebe und
Geist erst Erde und Schöpfung neu ersteht. Neue zweite
Schöpfung nach Ausschränkung aus dem Geiste et reno-
vabis faciem terrae. Wie mir immer Gnade des
Pfingstgedankens nachging; daß Kirche in Pracht
sein muß und alle Menschheit umfassen, nicht in Stille
Frauen in Weihwasser wie Geflügel, Enten, Huhn
4
Über Peter von Alcantara: wie weit heute jede solche Weisheit
tot, die bloß naturalist. Gefühl, aber nicht Höhe der geistigen Erkenntnis.
Pfingstsonntag, Redaktion Gespräch über Förster: „Wer nicht mit mir
sammelt, der zerstreut. Wieder, daß seine Aufgabe sei,
alles Material zu Urteil zu geben, dann könne man
wählen.
Wie mir immer deutlicher meine Aufgabe gezeigt wird,
Einwirken auf das Stoffliche, um es fruchtbar zu machen statt
Idee zu behaupten, durch diese Gegenführung aus Verschränkung
kommen, wirken am Gegebenen, wie die Lieblichkeit z. B.
bei C. <.>. Bild seiner Frau entstand. (– daß diese Leute, die
Selbstbestimmungsrecht anwenden oder behaupten, es gerade
gar nicht selbst haben, ertöten jeden Charakter können
auch gar keine Zeit verstehen. Selbstverrat der Umkehrung
des umgekehrten Sinnes im stärksten Sinne, wer es fordert
hat es selber [VR] (und läßt [VR] es nicht gelten. Aufgabe, dem eigenen Sein
und Wollen die Würde zu erwerben. Daß [? VR] hier in ganz
anderer Gesinnung die Parallelität zum Klassischen
halb diese Begriffe Eigenschaften in Ausschränkung
im geschichtlichen, im Erfahrenen sein müssen.
Immer wieder Rachegedanke, statt diese Aufgabe im geschichtl. Schritt-
halten zu tun. Rache ist ein Verstocken, die Geschichte geht
weiter und man ist selbst ihr Opfer.
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Wirken in Ruhe im Geiste der Armen Seelen
das falsche kathol. Tönen, Kralik, dieser österreich. Optimis-
mus, der nicht wirkt, dagegen die Kraft der Gebrochenheit.
sehr heiß und fast wolkenlos. das Pfingstgedicht fertig.
Ich bin erwacht, mein Sinn ist stark, was pocht das
Herz zum Tage karg. ["Pfingstmorgen" (Das Sinnreich der Erde)]
daß man die Geißel, die er flicht, selbst
noch lieben muß, wie Regen gestraffte starre [starke?] Seile.
wie an alls große Freude. Diese Welt freude
Apokalypse 1. Blatt von Dürer Leuchter, wie die
Fläche und doch Schwere, indem nicht Raum, nicht das
Topische und auch deshalb nicht für Blick das Perspektivisch-
chronische, da jedem Ding seine Schwere gegeben
neue Schöpfung. Indem man jedem Ding wie
dem Paradiesbaum nicht in seiner chronischen Um-
gebung, sondern im geiste als Eigen geschöpft sein Eigenart,
gibt, sein Geschaffensein, vermeidet man falsche
Teilung und trennende Tiefe. Allem seine eigene Schwere
geben, nicht in Besitz zu einem ander, doch {da diese} Beziehung
doch immer bloß nur das Zwischen menschliche.
6
da ich Apokalypse von Dürer 1. Bild Johannes vor Maria
Gedanke: Mad. insat. Joh. Komm., daß Christus die
Passion und alles zwischen Maria und Johannes sich vollzieht.
zwischen Wort und immaculata, durch Kuppel, Harmen
zwischen Praesepe und Melchior. <1> Christus am
Kreuz zwischen Mutter und Sohn. Wo will diese
Innewerdung hin? Schalom. (für Gesetz des Kaisers
Titelbild apokalypse: Tier mit Lammshörnern
als der Sozialismus, die falsche Gesellschaft gegenüber
dem Löwenrachen der Geschichte, das gezwungen
sein, so auch Kaiser und Könige.
Kiefl über Förster, daß die Korrektur so doch gerade
aus der Zeitnot, aus der Grenze, an der [die?] man sich
binden muß, kommt, aus Vaterlandspartei-
seite, aus dem Nationalen, wenn auch nicht gewollt,
so doch gewiß deutlich spürbar aus dem Gesetz des
Kaisers
Ermüdung im Sachlichen, Zuerst das Höhere
dann Prüfung, so Kern nicht faßbar, Maria
Selber im Höchsten redend vereinbar, aber Weg schwer
Gespräch.
7
Indem der Gedanke schneller wächst, als seine gute
Erfüllung, wächst die Schuld, dies Spiel, und die Größe der
Weltgebrochenheit und Geschichtspracht.
Gethsemanegedanke. Es ist Prophetensinn,
was die heutige und immer mehr die künftige Menschheit
braucht, um die Dinge der Geschichte nach Christus
zu verstehen, die geschehen zu erfüllen, wie die Dinge
vor Christus, die geschehen um vorzudeuten.
Lehre von vorgedeuten [sic] und erfüllt Symbol, daß die
Deutung fruchtbar und innig werde ist eine Nähe und Häufung
von Leiden nötig und dadurch muß er selber Mitleiden
an der Härte des Verstehens. Aber in der
Innigkeit ist auch wie [VR: die] Erlösung und Lösung in allem.
Diese große Verantwortung, diese Gedanken auch nur auszusprechen
denn auch hier ist das Maß, das Erkenntnis für Willen
gibt und nimmt. Die falsche Vollkommenheit
der Klassik, das Absolute nicht aussprechen:
Tantum dic verbo [Matthäus 8,8], nicht selbst aussprechen,
falscher einmaliger Wortwille, nicht Menschwahrdauer
sein wollen. Wie auch das Wort nur so beantwortet:
Du sagst es [Matthäus 26,64], dadurch ist Leib und Korn [?]
8
Es treibt des Kernes Wuchs zum Maße
und muß sich dauerlos verkleinern
sehr windig, sonnig ganzer
Tag mit Ostgewölk, sehr kalt. Flugzeugausstellung.
Dies Wehen ist über Wasser, ein gleiches mir da auferstand.
geduld, das sich reizen lassen hindern. Flucht und
Bildergang der Geschichte durch das Herz Maria und
Mütter an Fronleichnam, wie sie geduldig schauen [VR]
und alles in ihr Herz geht durch Geduld. Krieg. Soissons,
daß Leid bald zu Ende gehen will. Herr sein,
ob Leid, ob Friede, seiner klar und sich ganz
unabhängig. Über Zeit und Krieg in hingegebner
seelischer Reclusa sicher werden, wie aus Geist
Natur erschaffen wird, so sich selbst erschaffen
aus Opfer reclusa, so daß Geschehen aus der Freiheit, daß
man auf Brücke von hier zu Mutter im Himmel steht
diese immaculata, nur Wandel, aber davon nicht geändert
werden können.
9
wußtet ihr nicht, daß ich in dem sein muß, was meines Vaters ist. [Lukas 2,49]
In diesem Augenblick ging Verschränkung von „muß“ in „will
über zu Liebe der Menschheit in Tatkraft.
Ich tue nicht was ich tun will, das Herz vor lautem Atem still
so steck ich in in der Klammer
Bethesda
wer sucht in mir den Unterlaß
den schweren Gang hab ich umsonst
gefunden und wenn nicht in Stunden
Diese Art Eigensinn, gerade immer in mich zu tauchen
daß deshalb der Gethsemane aufsatz erschwere
weil nicht in kritisch Weg aus mir gehe, sondern zugleich mehr sein
mehr nützen wollend in Regel und organ. Gesetz der
Allgheit–, wußtet ihr nicht, daß ich in dem sein muß
Jesus nahm zu an Weisheit und Alter und Gnade. Er muß
menschlich werden und Kräfte messen, dies die stillen
nachkommenden Jahre symboldeutend [bezogen auf "messen":] zu können. Das
Kind war den Großen zu unfaßbar zu stark.
nachts mit „Zu geschichtl. Gethsemane“ aufsatz fertig. Morgens
Gedanke, um die Gnade der Verschränkung fruchtbar zu
machen, auf breiter Narbe, die andere Form als
Jesaias wiederholen [Zeichnung]
10
bei der Einsicht gestern abend, daß Menschen mit weniger geschichtlichem
Umweggehen viel wirklicherer Gottesglaube, nicht die Verbrämung, das
sich in Denken wichtig machen, sondern das schlichte Wirklichsein,
dies in anderer Form sich näher kommen, aus Erbarmen verstehen
Marées, Greco
wie den Menschen das Klassisch Eitle hindert,
z. B. sich für Grünewald nicht zu entscheiden, die innere
Führung in diesen Jahren als Jesaiaseinfalt [VR: Jesaiasinhalt]
plötzlich Schlußsinn der Joh. Komm. als die geschichtl.
Erfahrungskommunion, Erfahrungskümmernis, „nur immer
kummerkleiner will ich werden“ ["Scheidung" (Tantum dic verbo)] als Johannes
der Täufer (das Wasser in meiner Brust zu Augen,
das stürzen will) Sinn, da ich eben Aufsatz über Grüne-
wald lese, den einer eingeschickt hat, und immer in diesen
Tagen der Gethsemaneeinleitung die Gegenüberstellung von
Lebensform und Zeugnis hatte, daß bei Grünewald
bei dem Zeugnis des Johannes [Isenheimer Altar] steht: Illum oppor-
tet crescere, me autem minui [Johannes 3,30], Sinn
des Ganges auf den Einzelnen, Sinn der
Verwirklichung. S. bei Heimfahrt zu Mutters Tod
Johannes evangelium!!!
11
Gesetz des Kaisers: Sie mußten alle an ihrem Orte zusammen-
kommen, da Jesus geboren werden sollte, die geschichtl.
Fügung in der Häufung der Menschen zu ihrem Geschick,
so auch heute Schalom Dank für Unterdrückung unter Gesetz.
es verwandelt sich alles in eigenes Fort-
leben müssen, so daß die Kategorien und Fachaus-
drücke kaum mehr einfallen.
gestern abend C. neuer Kunstwillen: mehr
Cézanne das rein gegebene Schöne. wunder-
bare Kraft der Kunst fühlend, da ich ihn in Gethsemane
für mich wie abschließend festlege, schafft sein Geist
in neue Formkraft die Weite, die ihn durch die Ge-
genwart führt und auch ich das Gefühl der reineren,
getrennteren Darstellung.
Ein Jahr nun verheiratet. Gedanke der
Abendumrungenheit und psalmische Angst: „nicht
zu Schanden zu werden. Leben ein Jahr ein wie
eine leise Stufe der Sicherheit {12. VI} Frühmesse, Friedhof
Löwin.
Besprechung Lipperts in Stimmen M Laach [Stimmen aus Maria Laach, seit Oktober 1914 Stimmen der Zeit] über Fischer.
zugleich: Neue Geistverlag: Nicht zu eng machen.
Größer bin ich nie als in der Ahnung, daß ich ganz
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vertrauen soll, in diesem Ganzen weiten Raum schweben.
mit Willen stets voraus ich meinem Ziel, kann ich
nicht dulden, was mich sicher trägt? Übereile, nicht anders
als in Blindheit deine Stimme. Neid, nicht sich
tragen zu lassen, stürzen in Vertrauen
Kurt Wolff „neuer Geistverlag“, warum wir
heute auch dort mitmachen müssen; weil in kathol. immer
der ältliche Geist korrigiert und keine Richtung aus der falsch
vermittelnden. Gesetz Gottes wäre, aber daß jeder selbst
tragen und Wort sprechen darf, einer frei vor andern,
keine falsche und beschränkende Interpretation. das ist Christ<.>
<1> Gesetz auch wohltätig für den Einzelnen, ihn zu weiter
treibenden Gesetz des Kaisers. Nicht mehr an
andern korrigieren, sondern eigen tun, weg den
Keil und die falsch fordernde Rechts heischende und
säuernde Verstockung. Diese ganze Sabattruhe
des eigen getanen erlangen. das reine Tun
aus sich ohne zu rechten., Gottes Ruhe.
[Beschriftung von Zeichnung:]
Gesetz des Kaisers Mensch Gesetz Gottes
die Verschränkung ist jetzt so wie das Herz weit zu machen
Jesaias
13
Jesaias Anfang: Mich hat das Wort gezwungen: Geh
zum Fleische.
Je mehr nicht ich, desto mehr werde ich
(<1> Grabmäler heute Genuß für Menschen, aber nicht ihr Ernst
für sich und ewige<.> Bedeutung.)
Vorladung zu Nachmusterung auf den 14. vormittags
in Frühpost, da es bemerkt, an Datum des Hochzeitsjahr-
tags. Mittagessen: Spinat und Geröste und Kuchen aus
Marmelade, Rhabarber, weiße Nelken. Meine Frau so
stillglücklich.
in Kirche 1/2 7 Uhr früh, daß wie ich Geth. artikel
jetzt fast fertig mir immer mehr als Erleichterung aufgebe,
daß nun Wandlung und auch das heitere, die Freude der Welt
und Geborgenheit. ähnlich wie C. vorgestern abend sagte,
Cézanne, zwecklose Freude (wieder diese parallelität aber gegen Kant)
warum dann doch Gethsemane kein Wendung [VR].
(Judenkritik: Bemerkung: Art, Verständnis bestreitung,
etwas anderes setzen für Sache, etwas Lächerliches und dann dieses (daß
erst [VR] Kalender bewiesen werden mußte) lächerliche bekämpfen, sich selbst
dabei lächerlich geben, mit herabziehn, Spatzierstöckchen
dies sich leicht zu machen auf Kosten der anderen, Abgötterei:
Geschichts Bild.)
14
Fl. Ratgeber fordern: Unsere Sache leidet in
lauter Mißverhältnissen, statt mütterlichen Gang be-
reiten und Nacht der Jungfrauen.
Mutter in Himmel, sterben als leicht zu ihr hinübergehen.
vates veniam redde. Neue Sezession
Sonntag früh Gedanke: wie jetzt Fest in Jerusa-
lem, da Jesus das Gesetz des Kaisers zu Öffentlich-
keit sprechend zum ersten Mal erfüllt, daß das
Wort so entsteht durch Gesetz des Kaisers, durch
Anschluß an Geschichte, nicht Vorgedrängt, sondern in
Begleitung der Mitmenschheit, so auch Geburt
in das Edikt gefallen; oft leichter Gedanke:
Sterben als Übergang zu Mutter.
Nicht gegen Demokr. oder Aristokratie, sondern gegen sie
wie auch gegen Absolutismus, wenn sie [VR] das Gesetz des Kaisers
nicht anerkennt, das tut aber heute die page [?] Demokratie
Viel umgehen und bewegt sein, um vielfach
und vielum die Blume und Blüte des göttlichen
Empfangens in Schweigen zu tragen.
Bedeutung von Jesu Jerusalemweg ist der erste Weg,
der Gedanke des Trennens, das in mehr als Sittlichem
im Bilde ist, der Übergang von Mensch zu Mensch
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nun in wahrer Verschränkungsform, man soll nicht die
gedachte Einheit, die gleich erlebte sein, sondern wirkliche Nächsten-
einheit, das ist die Kreuzigung und wahre Passion herstellen
diese Einheit X, nicht diese O.
Notwendigkeit des Schweigens heute ganz deutlich,
um wie Maria alle Dinge im Herzen zu bewahren,
die Lade der Brust geöffnet in Requiem für
Mutter, Tod und Sarg, die Tränen gesammelt,
jetzt aber auch Dinge und Worte hineinlegen, um den Schrein
zu füllen. Wie ich entdecke, daß ich jetzt
erst Bäume und Syringen Gartenpflanzen
Blumen in Zimmer [bezogen auf "Bäume":] (Ulmenblüte) Jasmin kennen
lerne, bald 40 Jahre alt und die einfachsten Blumen
trotz Botanik nicht gekannt (was Fl. schon [VR] vor Jahren immer sagte).
Nachttraum Gespräch mit dem [?] kath. Buchhändler bei
Festessen; der Eifer und die feine Tücke, Weitergabe einer
Wursthülle <1> gefülltem Tisch, nachher Fest, Kegel [?] und das
Aufführen in Sägmehl und Schmutz auf den Brettern, wo
mit Füßen [?] fortbewegt auf Walzen [Zeichnung] und der
gehalt [?] [Zeichnung] von <2> Gerank, stumpflaut und
Klappern und eifriges Getriebe, Knirschen, Quietschen
ganze Maschine und dann der groteske Tanz mit den
16
Drahtgelenken, die sich in Scharnieren bogen wie Neger-
tänze auf Schulter die Drahtgestelle fühlerartig
geschwungen. [Zeichnung] stumm und grotesk eifrig
wie die H<.>b<..>ß sich sperrt, nicht so viel daß man allein unsichtbar [VR (Steno)] weiterleben
kann
daß man den Mangel ausfüllen will,
den Schlund und dann vor lauter Fülle nicht mehr mäch-
tig, erkenntnis selbstohnmächtig gebannt [VR: gebaut], zerstreut
kleinlich
in wachem Traum war ich wie Tantalus
die Welt geht in den Völkern zurück zu Felsen
Petri, England durch Irland wieder katholisch, die Glau-
bensboten kommen wieder. Glaubensboten, wie
ist mir heute plötzlich dieser Gedanke wie Propheten!
Gespräch über die Hoffnung: seinen Kreis zu
finden. Ich will die Stütze der konfessionellen
Ergänzungen verlassen.
In Deutschtum mit seiner Kaiser-
papstidee am meisten gültig das Gesetz des Kaisers
Jeder hat da, wo er am höchsten Berufen ist, seinen
stärksten heftigsten Abfall und Verderb, Schwer-
punkt in seiner Ebenbildlichkeit und Geschichtsform
17
Eine Blume baut, wie blüht sie auf
überhängend ihrem kargen Stile
gestern war ich einer Blüte Ziel, Rose in Vorgarten
["Rosenschnitt" (Das Herz des Wortes)]
wie gestern abend ich dachte, daß bei Gesetz des Kaisers
bei zu starker Teilnahme in geschichtl. Einfügung und
Beziehung auf sich, bei bloßer Selbstverantwortung und
alles in eins fügen wollen Glaube des Geschehenmüssens
in Gefahr kommt, mit dem Verlassen des Confessionellen
Bitte um so stärker werden muß, um den Glauben, daß
man sich noch innerlicher und vorschauend tätiger werden
muß; so heute früh, daß die zu starke Hoffnung und Geschichts-
eifrigkeit wieder durch Lieben einzeln in Glauben halt
machen muß
so geht die Verschränkung wahrhaft
auf den einzelnen über durch Liebe, caritate mitis
3. VIII. 18
die Betätigung im sittl. Kern zur Geschichte machen, nicht
idealistisch sittlich, sondern gerade ganz in Einzelsoll [seel?] beschränkung
daß die Gefahr Schillers, der Kommunismus heute lästiger und
größer ist als die Gefahr Goethes, die innere scheinfreistellung.
das Problem der Reformation, daß zu große Geschichtlich-
keit und aus zu großer Hoffnung, aber dann mit falscher
Gesellschafts- statt Liebe verschränkungs idee Fortschritt sich selber
brach. gerade bei Luther nicht mehr, oder
18
nur scheinbar auf eigene Seele, vielmehr [VR] schon zu sehr
gemeinform, Alleform ähnlich der Sittlichkeit übertragener
Glaube dann überbetont. Daß gerade das tragende
Deutschland, der Kern der Zeit heute keine wollenden
Staatsmänner in den [dem?] unhabsüchtig Großen Sinne über die gegen-
wärtig notwendige Tatkraft hinaus hat, so viel schick-
salhafter anzusehen ist in seiner Berufenheit, während die
Ententestaaten eben die Passivstärke haben in deren [VR]
sog. Willen mit Nützlichkeit und wie Wilson das falsche sittl
Ideal vertreten. Diese allg. Teilhaftigkeit Deutsch-
lands als Gethse. Gefühl.
4. Bf gegenüber Treitschke: Deutschland hat so in der
allschuldigen Beteiligung einzelhafter Empfindung
das Mütterliche des Plantragens heute gegenüber dem
Väterlichen; es ist tiefer in der Geschichte. So
auch die Angst des Passion erleiden müssens des
Deutschtums im Anfang des Krieges bei mir jetzt
milder in Gefühl erfühlter Dolorosa mütterlichkeit
gelöst. Treitschkes Wendung gegen das Ethische. S. auch
unsere Wendung gegen das Sittliche zum Erfahren [VR] und mitleben
des Planes, nur die Ordnung zu vollziehen. Ahnung
ist gleich gerichtet.
19
Ausgang vom Gefühl der Verkleinlichung und daraus den
fanatischen Sozietätsdrang der Gegenwart im Sittlichen.
das geschwätz Fisch. über „die großen ethisch. Naturen, die
daran zerbrochen sind, die unerbittlichen {katholisch} Forderungen ihrer
der kompromißlerischen Umwelt aufzuzwingen.“ S. 407
[Max Fischer: Heinrich von Treitschkes Lebenswerk, Hochland, 15. Jahrgang Bd. 2]
Geths. ist gewesen, so das Leiden auch geschichtlich zu
wenden, nicht nur zu denken. Rechtfertigungslehre
In der Rechtfertigungslehre (die Früchte der Passion auf sich
anwenden, was tapferer Gnadengedanke dieser Jahre, daß
er [?] nicht verloren gehe) steckt der Kern der Transsubstantia-
tion, die Versubstantiierung der Geschichtsform, in der
Annahme der Leidensfrüchte, nicht weitere falsche Er-
löser pose des Ethischen (wie ist dies gegenüber den Stationen des
Wortes und Erkenntnis lucifer. Angleichung an „Worte“)
protest. und kathol. Mittelpunkt von Gesetz des
Kaisers!!! wie ich mich bei Lesen von Treitschkes Wort
und Bekenntnis S 407. (gegen Seelenruhe des kirchl. Martyrers
der sein Bekenntnis unabänderlich vom Blatt abliest)
wieder durch die ganzen Gedanken des Morgens dahinfinde,
und stündlich betreut, bewahrt von gestern abend mit dem
Willen, nicht konfessionell als falsche Vervollkommnungsergänzung
zu benützen. Gnade wie ein Faden, der durch [? VR] mein Hand gesponnen.
20
warum aber doch Fichtes Sittlichkeit wirkte, Zeitschärfe!?
Auch Nietzsche, der die Höhere Form sucht, zu verstehen aus der
sittlichen Verkümmerung und kleinl. Engherzigkeit, die in
der Welt eintrat, als die höhere Planerfüllung verlassen
wurde. Das ist also nicht so fast seine eigene Schuld, der
Geist kann nicht befriedigt werden mit der Herdenmoral.
Wie Gott doch alle nährt durch gegenseitige
Unvollkommenheit, so daß jeder Platz und Krippe
findet und keine geistige Rache unsere Sache ist. Wille-
gis wie der Vogel (beim Spatzenstreit um Brot-
samen von den Flagellanten) in falscher Reinheit
durch Ameisen, des Gewissens Nacktheit, so <2>
falsche Neidreinheit, wie mich oft wie in Brust schüttelnd
zum Lachen bringt, wie alles ißt und seine Nahrung
findet. Die Unvollkommenheit ist unsere Speise.
Der irdische Rest und Kummerbrocken um die [an der?] Voll-
kommenheit Gottes, an dem alle behaglich speisen,
deshalb selbst meine „Richtigkeit“ in Hochlandarbeit, das Nichtfehl-
bar Neidhafte, ohne Wirkung, weil nicht unter Menschen gegangen
um mit ihn zu essen. Zöllner, er ist mit ihnen.
21
noch W. [VR; vielleicht eher "nachts."?] erzählt, Schlüssel, Schlüsselbart.
Genug, genug der Gabe. [Wer nicht hat, kann nicht Ehrfurcht
haben.
Heimgang Fest Jerusalem, der [VR] abend vor dem Hause, der
Zwielichtabendwind, dieser Zug in Haupt und Herz, der nur in
der Heimat ist, die weltschwere und trostreiche Nacht.
die Gräber ihrer {seiner} Heiligen sind
der alten, die sie kalt vergaßen, wie Lindenduft im
Regenwind, gerecht [?] verregneter Garten
Aprilmäßiges Donnerregen Wetter
in Paulskirche. Gedanken [Gedanke: ?] caritate mitis, ganz
Vertrauen werden, wie auch in Phantasie, {ge}reinigter
von sich Erkenntnis Wort empfangen. Gegenüber Natur-
empfängnis nimm auch ebenso mit Hilfe der armen
Seelen (als neuer tiefer Krypta) ganz in Milde Ge-
schichtsempfängnis, da nicht Wille, so sich helfen
lassen durch stetes Wahrheit empfangen wollen.
Nachmittags Schlegel Martyrermalerei und <1>
der Liebe gelesen S. 101, Zeit der Liebe nach Ver-
schränkung.
Maria über Gebirge
Präsepe, Hingang, noch alles ins Große gespannt
Hergang alles ganz nahe suchend pfleglich.
22
Geschichte: erstes Gesetz: Tief- und Schwerpunkt
2 Gesetz: Selbstverrat des Gewissens
vor oder nach Abfall.
wieder sehr stark Gedanke, das nahtlose Gewand.
immer gespannt. Gegenüber: daß ich des Augenblicks mich freuen
kann, aber anders als Faustgedanke aus
<..>ellität
die Spatzen vogelschlacht.
Tempelgang. Christus mit Joseph.
Weggetrieben sich fühlen, wie die Knospe, gar nicht
in Nähe kommen können. Auch Christus fühlt gerade
vor Tempeleingang das Weggetriebensein von
Vater zu prozessus, zu Knospe (Das Zeugnis lag
in ihm und sein Blut war gespannt vor der Kühle
den [des?] Anderssein.
die Sehnsucht zu Mutter als ein Nachtstück, daß man
sie auch im Himmel nicht aufgeben will.
sehr kalte Tage. Sonnig, windig, bedeckt.
der weinende Petrus heute an mir erfuhr ich wieder
aus plötzlicher Feigheit Freundlichkeit Verrat, trotz
innerster Hartnäckigkeit doch zu leichte Seele
heute früh Gedanke, daß nicht Pfarrer werden wollte, um
23
nicht herr spielen zu müssen, eitelfalsches Reden, dafür
jetzt unfreier gedrückter Knecht.
Der Einsiedler, die blinden Augen dieser Menschen, die
als könnten sie die schöne Seele schonen
über Grünewald
[rechter Rand:] Dämonie
Die Säure und das gestockte, ohne den geschicht
Abzug in die lebendige Verwirklichung; dieses
vollends hinausbringen. Es ist das, was C. gar nicht hat.
Schalom. wie zuerst als 3teilige, zeitliche recl-
immac. pieta Gedanklichkeit bis aufgerichtet
als Kelchform Schalom eigenentwicklung. Welt-
sorge, Methode auch selbst die Erfahrung von Längsgang
zur Aufrichtung.
Tempelgespräch: in was unverletzlich ? als eine
Begleitrede. [bezogen auf "Aufrichtung":] dies von Erde durch Methode
zur Selbstform ist nichts anderes als von Bild zu
erfülltem Ölbergsakrament. Diese Aufrichtung darstellen.
Melchior, Lang war der Gang, {Sch<..> der Sch<..>} fiel in den Abgrund
so Kuppel durch Aufrichten
Nicht Wissenschaft als Ziel einer logischen Einheit, um
die Fläche des Geistes zu retten, statt innerlicher
Erfahrung ausweitung.
Blüht [?] der Ort, an dem die Seele stritt
Rosenschnitt, Stigma, Osterkerzen
24
Den Kelch ganz rein zur Fülle bereiten. Das Säuerliche,
Essigscharfe, wenn zu viel für rechte Erkenntnis gelohnt,
geschätzt sein wollen, Erkenntnis braucht nicht Lohn,
sie ist nicht Verdienst, sie ist nur Selbstgericht. Tun
braucht und bringt Lohn. Es muß ganz selbst gegeben sein
mit Tapferkeit und tätigem Willen, intrepidus. ganz
Hingabe, dann auch erst rechte Milde.
Abends Köster mit Vermittler nachricht von Volksverein
Gefühl, daß ich jetzt wenden [VR: werden] kann. Gedanke wie immer alle
äußerlich belohnt und in Sicherheit und nur ich wie Fisch mir im Sinne war.
Kommt durch Lebenshauch in mich Element
wie Wasser sog
in mich bog, warum so frug ich wissend wie gefaßt
Fische, durch Gewalt und Maß des Erbarmens. Gefühl wie Fisch
Cromwell, in zu g<..> Heuchelei geschichts glaube der
Engländer.
daß dieser religiöse Imperialismus gerade der Schwer-
und Wundpunkt der sichtbaren Kirche als Fort-
setzung des geschichtsgethsemaneleidpunkts nicht
will, gegenüber dem formalist. Kirchenwesen, und Geschichtspracht
im Papsttum nicht sieht und will
der Atem des Papsttums als erfahrende
Seele in Geschichte
25
In der unfruchtbaren Erkenntnis liegt der Neid und das
Nichterlebenlassen wollen
Nachts bei Aufwachen
Mann: Fühlst du die Verschlossenheit der Stunde
nicht öffne und [?] die Worte aus meinem Munde
Plötzlicher Lichtschein wie an Wand aus Türrahmen {Zeichnung: Rechteck}
das ist alles nicht mein.
wer nicht versteht, muß genießen. Immer das
Geheimnis des Nichtvollendetseins, selbst die Ehe
genießen und [um?] Entfernung willen[s?] mitleben, die Dä-
monen der Versuchung, Grünewald, miterfahren
die Erkenntnis ihrer Dämonen in Sicherheit des Lichtes lassen
davon muß das Grünewaldbuch ausgehen: Antonius
in Wüste statt Gesellschaft.
Immerfort triefende Regentage und Nächte in Kälte
Nacht der Jungfrauen: Sulamith spricht zum Liebenden.
wie mir plötzlich wieder die Empfängnis ins Herz fast schrecklich
liebend tritt, daß ich so viel Werk entstehen sehe und
in Entfernung gehalten keines tue, daß jedes Werks
eben Würdig machen, Werben um Liebe Gottes und seine
Nähe ist
Natorp, „Weltalter des Geistes“, „Die Seele des Deutschen“,
Morgenstern „Stufen“ Gedanken: „Ich habe oft bemerkt, daß wir uns
durch allzu vieles Symbolisieren die Sprache für die Wirklichkeit
untüchtig machen.“ [Christian Morgenstern, Stufen. Eine Entwicklung in Aphorismen und Tagebuch-Notizen, 1917]
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der Machtspruch und Urteil d. a. v. H. Beruf [? VR] des Mächtigen, daß
der volle Ton und doch Urteil nicht er, sondern er selbst gelenkt
und so auch, daß M. Interesse hat, mich klein zu halten
wie Reiter nicht unter Kinder kommen kann, weil <1>
es hindert Jedes Wort soll eine Wiege Gottes sein
vor den Menschen und meine Seele aber Hoffen,
in Sattel wiegen
Das Gesetz des Kaisers schreiben als, wie
Ausschreiben der Volkszählung, als Wiege und
Advent für das Wort.
erspart bleiben, Sinnen um Erkenntnis heute, leiblich
sich aber nicht überlassen. wahre Tapfer-
keit in Tun alles probieren. falsche Reinheit in Er-
spartheit. Sich nicht überlassen. Diese Schlußprobe des
blinden Reiters, Star lösen (Schmetterling)
(Schmetterling als noch zu leichte Dauerlose Seele 11. VIII.,
auf Holzrädern. Jetzt weiß er Es zu tun wie Saulus,
was soll ich tun (auch faule Knecht). Auch das Ausreiten
müssen, das in Ferne gehalten sein z. B. nicht „kathol.
Weltpflicht“ schreiben, dafür das „Gesetz des Kaisers“,
nur das Entferntere tun können, das aber eigentl.
das Schwerere ist, Humor.
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Dank für den gestochenen Star. Vorher die verschiedenen
Gespräche paßt ganz gut das bloß gesprochene.
Das Mathematische und Formale, weil darin keine Liebe ist
Pechstein, auch die Mechancholie Dürers, weil der Rest
der Liebe nicht gestaltet werden kann in Form, wie der Mangel der
Barmherzigkeit.
In Ferne gehalten sein, Gedanke: Gott
wie hilfst du Dir? für das Gebanntsein plötzlich
verstehen, dann zu Kindern kommen, Ritter, Rauschengel
bewahrt nur durch einen gläsernen Schild.
Schild der Erkenntnis.
Gedanke, da ich sehe, wie schnell jetzt z. B. Kreitmayer über
Expressionismus schreibt, Fischer sich wie Zecke einsetzt,
citiert wird, wie andere Früchte pflücken, daß in Urteil,
Schlagwort, logisch Menschen sich finden, daß aber darin
nicht geben ist, daß keiner den anderen versteht, außer
im Dritt [?], außer in Gott, jeder so von dem anderen
immer hier getrennt, durch Gott als Zwischenglied und seinen
Willen. Eine Geschichte oder die Geschichte der Welt immer
mit diesem Gedanken, der eine Form hat wie [Zeichnung]
hängen beide an Gottes Willen, so die gotische und
barocke Rhombenform verstehen, auch
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durch Ehrgeiz nicht beweglich werden, sondern wenn
Schmetterling in Herz trinkt und schwer wird
durch Milde, Herz der Zeit.
früher alles in eins geronnen, so daß kein Weitergehen schien,
immer zu einem Knäuel, jetzt alles auseinanderzwei-
gend, so daß kein Anfang, wo Hände zuerst anlegen
Pietà Südfranzösisch Springer IV. S. 22 [Anton Springer, Handbuch der Kunstgeschichte Bd. IV] wie in Formen
cfr auch Dürer die Melancholie, so auch heute das Leidens-
mäßige und Kubismus, so auch in Schaufenster diese Empfindung.
zu Kreitmayer S. J. Bemerkung über meinen
Eberz aufsatz (der Unterschied jetzt so [?] Sprache gegenüber seinem
früheren Schleicherbrief. Ich habe Frage bis dahin geführt, wo
sich die Künstlerische Kraft offenbaren und entscheiden muß.
Es wird selten sein, daß geschichtl. Sättigung in Natur durch sie zum
wahren Ausdruck der Stärke erweckt wird. Es handelt sich aber doch
auf einen weg zu Gethsemane aus der Erkenntnis und gegen den
formalismus dieser neuen Zeitform ähnlich wie gegen die Beuroner
zu kommen. Gegen den Erkenntnisschnitt, zu kommen auf
den Baum des Lebens, nicht mehr allg. Gültigkeit
religiöser Erlebnisse, sondern bestimmteste Fügung, wo
selbst der [VR: das] subjektivste näher und überhaupt auf die Schwelle
aufs genaueste zur eigenen Entscheidung geführt. so Gedanke
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daß Künstler wie Erlöser entsteht als Abbild
gegenüber pietà nascitur, so poeta renascitur, er ist
auch eine Wiedergeburt.
Die Religion und das Wort. Luther. Es ist damals
alle Kunst ausgegangen, stillgestanden um das nackte
deutsche Wort. Deutsches Schicksal, Deutschland macht
nicht Kunst, es ist selber Kunst ein Kunstschicksal, es
ist selber reine Entblößung und reine Verdichtung. Aufgabe,
dem Wort Fleisch zu geben.
Die Muschel, ich bin beschützt und voll
ich bin gesegnet voll Gericht ["Gesang in der Muschel" (Nachlaß)]
warum die Milde so stark empfinden, Lamm der Seele. Milde
ist die Hilfe der Geschichte.
Flsk. heute Mittag, an dem ich morgens Korrektur
von Gesch. Geths. bekam, Lit Handweiser mit Mumbauer
Vorauskritik „unverfälscht Gotiker“ Auf Straße in Mittags
sonne von Schatten der Bäume wie unterspült und Aufquirlen
wie in lauen Bades Wasser
tauchen. wie der Untergrund der armen {Lob} Seelen
Muth [?] zu Ehren statt quirlen Eitel [?] Wehen wahren
ich sah, Simon im Tempel Gethsemane <1>
meine Augen haben das Heil gesehen!
[linker Rand unten:]
Streit <..>heit
mit Fl.
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die Schilderung Sophie Reise nach Memel [Johann Timotheus Hermes, Sophiens Reise von Memel nach Sachsen], Flaubert, die Art in
die Selbsterkenntnis schildernd sittlich ausbeutend
zu dringen, daß sie zu Lüge führt, weil man wie
auch Rousseau aus der Konfession für andre schon
ein gut fabuliert, aus dem Bösen im belehrenden
Hinblick auf andre eitel ein gut, auch hier statt
eigener Demut und lieber Sünde nicht <1> wortlos
lassen, als etwas eigenes nicht als falsches Opfer zur Be-
friedigung anderer, gleicher Fehler wie die vertauschte in
Masse gewandte [?] Sittlichkeits substanz, bloß
noch deutlicher Rousseaugrund heuchelei
Nur eben anfangen mit Ehrfurcht, alle
Dinge warten in Kirche, daß der Schlüssel alles schließt,
alles in sich höchlich hat.
alles bloß Eigenseelische Aufgeben, auch nach Platz aufsatz
„Krieg und Seele in Frankreich. Kommen bis zu dem Ziel,
die kranke Mutter immerfort in der Schlafkammer zu
besuchen, die unnennbare Herzgefühl [?] des Abschieds in Elend
wie Boden schief, damals nach Gaildorf, immer mehr zu Gesetz
des Kaisers
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heute Mittag, das Kind in Leiterwägelchen Knabe beim
Lachen, Gebirge blau, Rose in Sonne wie Arbeiter in Beruf,
Soldat in Feld, der feste Blick vor dem Schicksal, wichtiger
als das Lachen und Verschleiern, Schicksal des Kindes nicht
durchbrochen durch Freundschaft. (sehr heiß diese
Woche.) Das Geheimnis des Verkehrs und der Gleich-
heit im Geist der Geschaffenheit
daß Fl. über Geths. aufsatz so betroffen: Nachahmung [?] ? oder
Gegensatz empfindet? Die eigene Tat eines
Menschen ist Abfall vom Nächsten, so
auch Judas Neid, der nicht dulden will, daß Christus
eigen ist. Verstehe: Gönnen, tiefste Juden-
frage des Eiferers.
Perlach heiß und windig. nach Haching zu Fl.
gekauftem Haus. Prof. Seitz. Gespräch über Ebenbildlich-
keit, Abglanz, Ratschluß, Epimetheus,
quod est in potentia, non est in actu, was in Erkenntnis
ist noch nicht in Wirklichkeit, da braucht es den actus
purus des Ratschlusses,
Gott ist actus purus
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nicht himmlisch, nein, so wie du warst
Mutter irdisch arme,
so wiederkennen und sehen wollen in Himmel.
die Erkenntnis wird bedrängt durch Notwendigkeit
heut sah ich mich
der gestern war in heißem Ackerweg
actus purus
daß eine Notwendigkeit der Vergangenheit, das
Untrüglich richtende und eine <1> Zukunft Gesetz
des Kaisers
untrügl. Gericht Erkenntnis Baum [Zeichnung: Koordinatensystem] Gesetz des Kaisers Lebens Baum
ich zu Seitz in Perlach, ja auch Idee Platos sei
von Geschichte abhängig, so auch freiheitsbegriff
idealistischer Idealismus, wie das Wort auch von der
Zeit Sinn erhält, Platos Idee und das
wahre Bild, das mehr in uns
[rechter Rand:]
(in Mutters Kranken
kammer
darum das durchtreffende [?])
Angst unser deutsch idealist. Wesen nicht zu
verfälschen. Dieses immer nicht weiter denken
können und wollen als bis zum deutschen Idealismus
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Dies „Erste der Väter“, realer Grundgedanke.
Der Deutsche muß alles unter eine Idee bringen, aber
gerade er macht humanist. Idee wie Plato zu
Abgott, statt die Idee, die er geschichtlich getrag
und gebrochen hat, die Wesenheit aus Geschichte
der heutige Morgengedanke: alles durch
anderes, Mensch und Ding ausdrücken: wie [? VR] Brevier,
Laudes flumin<..>, der ganze Chor des Geschaffenen
Muschel
in Kirche früh mit Maria, wie mir einfiel, daß
nicht genügt, wenn bereit zum Beten und Gutes tun
und Opfer und Reich gründen wollen, sondern daß selbst
um Annahme des Willens und Betens beten muß,
und bangen um gewürdigt werden, ob Gott es wohlgefällig.
Diese letzte Nähe und Ferne der Augenblick der Gnade
und Verwerfung. | Der Feigen Wille um die falsche Macht
Maulwürfe, die das Erdreich unterschürfen
["Gesichte des Knechts auf Golgatha", 27 (Die cumäische Sibylle)]
Jerusalem, Christus als Störenfried in
fast wie in Wespennest, daß immer bei
sittl. leer einmütigem Gefühl man nicht
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die Herzen wahren kann und die Freundlichkeit
trübt wie ein Himmelsflor am vormittag
zu Karfreitags sonnenschein immer aussieht.
Szene und Prüfen diese leere sittl. Einmütigkeit
im Schöngetue durch aufmerksam machen
auf ein echtes Ding. Vogel oder Bild, etwas echtes
kleines oder aber nicht soziales, da sofort verlegenes
Belauern, Mißtrauen, weil sich jeder
von dem andern geprüft fühlt, und keiner
zu andern von einer wahren Sache glauben hat
dann vereinter Haß, ganz schnell.
seit Sonntag 21. Perlach Gespräch mit Seitz immer wieder der
Gedanke der reinen Tätigkeit, actus purus,
und als Inhalt Begründung der Menschensohnschaft in Geschichte
so aus [VR: der] Verschränkungsgedanke frei, rein aus [VR: reines] Handeln, auch statt
der inneren Grenze der Natur die Stetigkeit des
reinen Handelns, daß nun aber gerade gegenüber dem
formalist. Expressionismus der bloßen Gegen-
standslosen wirklichkeitsgetrennten
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Selbstinnenäußerung das reine Handeln, gerade durch
Dienen, durch Darstellen nur möglich, wie auch damals durch
erkennt <1> Notwend<..>it nach rückwärts bekenntnis mäßig gericht,
prophetisch nach vorwärts Wille, Gesetz des Kaisers, so daß
gehe, der Gang beginnt, Gespräch über die Hoffnung: Schluß
von Gedanke zu Tat. Dies gerade auch deutsch
wieder neu [VR: nur] zu actus purus, Beladenheit Berufenheit,
das Positive gegen Amerika.
wie die klassische Tätigkeit Schick X Fehr [?]
die Romantiker in Geschichte
so Faust II vorbild. wer immer strebend sich
bemüht, so faule Knecht sich wenden muß
von Gedanke zu Tat.
daß aber nachher die Klassikidealiker, die noch
an Weltanschauung gebunden sind, diese reine
Tätigkeit nicht gelten lassen wollen und dann ent-
steht wieder dieses Nachhängen.
[rechter Rand:]
nur falsche Idee, die absolut
genannt wird.
Alles geschieht nur, um den Teich Bethesda und
Herzen zu rühren.
[Eingelegte Kalenderblätter]
[Blatt 1]
20. VI. 18
Nur allen anfang
mit Ehrfurcht [?]
alle Dinge schlafen
wie in Tempel,
daß der Schlüssel
alles schließt alles
in sich h<..>ng hat.
[Blatt 2]
[Bleistift] 21. VI. 18
[Tinte] Gedanke, daß alles an den Schlüssel
der Erkenntnis gehängt, so daß er gar nicht
[Bleistift] genug, genug der Gabe
[Tinte] mehr schließt, viel zu viel Erkenntnis
[Bleistift]der Sitz <2>
[Tinte]dagegen wahre wirken
[Bleistift] wer nichts hat, kann nicht Erfahrung
haben
[Tinte]immer mehr Schweigen
müssen
[Bleistift] Herz des Wortes
[Blatt 3]
22 VI 18
Nachts: Erzähle
Schweigen
Schlüsselbart
Gegenteil
von Herz des
Wortes
[Blatt 4]
Schluß
der Gast durch alle Herz
doch
nur wie ein Schwert mit {Schmerzen}
säge