Wanderer in Tagen
Abendhimmel

 

Wie ein Licht durch unser trübes

Wesen, dachte ich,

sei die Seele. Blieb es,

liebes,

klares Licht! Doch wie durch Farben-

fenster zitternd es durch Narben

kann nicht sammeln sich.

 

Uns mit einem Blick zu zwingen

ganz in Gegenwart,

will uns nicht gelingen.

Schwingen

immer und noch mehr bewußt

muß die Seele durch die Brust

milder bald, nun hart.

 

Sieh, dort steht des Mondes Wiege,

Sichel ohne Kern!

Reiner Ungenüge

schlüge

Seele voll dich ach ein Meer!

Leichte Luft kommt weit daher,

leichte Lust von fern.

 

Jenes Dunkel eingeschlossen

fast von einem Ring,

den die goldnen Sprossen

gossen

fast, und dunkel, dunkler schier

wie die Allmacht wird in mir

Stern, den ich empfing.

 

Wie mit trocknem Luftgespiele

diese Nacht beginnt;

eine Wolkenschwiele,

viele

stehn am Himmel, die nicht starben,

durch die lustverzognen Narben

brich, o Menschenkind!

 

(vor 1929)