Wanderer in Tagen
Morgen-Leis

 

Nach einer schlaflos langen Nacht

den Sinn dumpf, müd und überwacht

weckt quirlend eine Vogelstimme,

das klingt so rein im frühen Schein,

und über jedem dunklen Grimme

schläft Unrast ein und Eigenpein.

 

Da irgendwo, wo ich nicht weiß,

singt nun das Kehlchen wirbelleis

und steht auf seinen zarten Füßen,

es ringt sein Mund, ihm selbst nicht kund,

als müsse doppelt es begrüßen

zu dieser Stund den Erdenrund.

 

Mein Sinn und mein Gedankenspiel

sucht neu erquickt das alte Ziel:

so will ich meine Seele schreiben,

so rein und nicht verdroßner Pflicht,

daß nirgendwo die Füße bleiben,

daß mein Gesicht vergeht im Licht.

 

(3.9.1919)