Das Sinnreich der Erde (Erste Fassung)
Kelch der Empfängnis

 

1

 

Wie nicht zu sein,

da wieder Knospen früh in Kühle springen,

hart und in Eile,

vergeblicher als vom gewesnen Ringen

in toter Weile

geht diese Seele wieder in sich ein.

 

Ihr folgt der Blick

gebrochen, wie das erste Grün sich blättert

aus knospenkalter

jährlich erloschner Esse, sternzerschmettert

aus still entballter

Hand blüht er auf und faltet sein Geschick.

 

Als trinke satt

durch ihn bei immer neu verschloßner Kehle,

o Wunder welche

Geheimnisopfer bringt die alte Seele

aus tiefrem Kelche,

die unfruchtbare? Wer an ihrer Statt

 

trinkt sie mit Sucht?

Es schnürt das Herz sich ab von Jahr zu Jahren

und legt die Blüte

gebrochener, je härter in erfahren

geschaffner Güte,

sich immer näher an die tote Frucht.

 

(15. März, Juni, Juli 1918)

 

2

 

Diesen ersten grünen Strauch ein Strauß,

mit Augen ihn zu brechen,

bin ich leibhaftig

mit ihm geteilt, den Blick in mich zu stechen,

ich bin ihm schaftig

und kann mich nicht zu innerst kehren,

es reicht aus seinen Wehren

noch Blättchen kaum grün kraus

gelenklos eine Hand heraus.

 

Ich komme unter Menschen aus der Gruft,

die Seele zu gewinnen,

aus Gräbern trächtig,

in Stengeln wankend, blütenhaft zu minnen,

ein Blatt ohnmächtig

vermag mich, mir die Seele zu verlieren,

die Sinne abzuschnüren;

was innerlich mich ruft,

bleibt unbewegt wie stille Luft.

 

Im Auge wesenlos bin ich vereint

und allem zugeschlagen,

unzungenwürdig,

mich selber in die Blüte hinzutragen

empfängnisbürtig.

Mein Wille eine Hand entgegen

dem Blatt dem grün und regen,

bevor der Tau noch scheint,

sinkt wider mich in mich versteint.

 

So wandle ich in Jahren mir zurück,

ein Strauch mit eingedorrten

und übersichtig

mir näher immer und wie auf zu Worten

kaum kummerflüchtig,

weil Strahlen ihren Kern auslaugen,

seeldurchgebrochnen Augen.

Ach fülle dies Geschick

ein einzig voller Augenblick!

 

Der schwere Ernst in diesem Überschuß

mit Willen fortgelitten,

in mein vernünftig

zu Tod geteiltes Wesen eingeschnitten,

wird Fleisch zukünftig,

verschlingend den bewahrt durch Sparen

Fluchkern in mich gefahren;

kein Wille, was ich muß,

Empfängnis tilgt den Inkubus.

 

3

 

Dies bitterlich

gelingt mir nur

zu zeigen,

ich und Natur

und Gott und ich

ein Leib,

drin ruhelos sich Seelen zweigen,

zwei Seelen nur wie Mann und Weib.

 

Empfang im Leibe,

daß die Seele bleibe!