Ich bin erwacht, mein Sinn ist stark,
was pocht das Herz zum Tage karg
mit offenbarer Mühe,
was schmerzt mich in der süßen Frühe,
es drängt – o dränge es ins tiefste Mark
der Seele in den Zeiten alt –
das Frühlicht wie mit Sturmgewalt
mich in gebrochne Kniee.
Des Himmels Brand wie Feuers Schur
bricht Furchen in die alte Spur,
die schollenharte hohe,
weich aus, was will die bitter frohe,
die blasse Seele vor der Sonne nur,
die immer wieder um sie kreist,
hier hält kein Grund, es flammt der Geist
auf zu Gewitterlohe.
Da ist das allgewisse Licht
versammelt, wenn der Tag anbricht,
geh hin, du Seele bleiche,
die Schwester suche, ihr dich gleiche,
sie hält und läßt noch nicht das dürre, flicht
es in das junge grüne Blatt,
wie bist du schön, in Demut satt,
du zaghaft hohe Eiche!
Wie wurde sie des Segens still,
wo alles sich nun regen will,
wie wuchs sie auf vom Grunde,
sie voller Wehr und voller Wunde?
Vergangnes laß, doch wie das Blatt verfiel,
sie hielt, empfangen unverwandt
von einer in die andre Hand,
die Gabe ihrer Stunde.
Sie still, da in die Sonne flog,
wie Schnäbel sich zum Öffnen bog
als wie von Vogelscharen
die Knospenbrut, was offenbaren
will sie, die winterlängsten Kummer sog,
ihn lichtwärts trug als dunklen Strom:
Ich bin nicht eine, bin der Dom
der Dinge, irdisch wahren.
Die feierliche Stille bebt,
die hohen Bäume rings belebt,
die Eschen wie mit Lanzen
zum Reigen stark, zum frühlingsganzen,
wer schüttelt ihn, daß jede Zier sich hebt,
du mußt – ach, höbest du den Schmuck,
auf ihrem Grunde liegt genug –
mußt mit der Seele tanzen.
O Jungfrau, stetes Paradies,
du zaghaft nimmer im Verlies,
daß ich dir nahen werde,
mein Kummer inner aller Erde,
ich schwinge dich, du schwingst um mich dein Vlies,
ich lege auf dich meinen Mund,
die ganze Erde ist dein Grund,
und du bist meine Härte.
(21./22.5.1918)