Das Sinnreich der Erde (Erste Fassung)
Zu einem Reliquiar

 

Als ich schlaflos liegend denke

Schwester dein nun schon erkaltet,

mir auch liegen die Gelenke

wie ein Hirtenzelt gefaltet,

 

will von dem in dir zu Ende

hart gerungnen Werk gezogen

ich auch falten meine Hände,

wie ein Richtscheit ausgewogen.

 

Still mein Haupt, so wird das deine

mehr doch aufgerichtet liegen

über dem gebrochnen Schreine

deiner Brust mit stillen Zügen.

 

Stirb zum Schrein so fremder andrer

Kräfte, die nur sichtbar waren

wechselnd fort im Dienste, Wandrer,

stirb dem Werden, undienstbaren.

 

Doch wie Vögel, die nicht rasten,

nicht ans Zelt gewohnt entwanden

sich, so hat den dunklen Lasten

Sinn und Lunge widerstanden.

 

Daß ich wechselnd, Schwester, ändre

Ort und nicht des Zeltes bleibe

Richtpfahl, suche Schreine, fremdre,

komme zu dem Mutterweibe;

 

wie ihr Mund, sie ausgestritten,

Abgrund, tiefer kann zerschneiden,

tiefer kann, als sie erlitten,

der Barmherzige nicht steigen,

 

wie ihr Mund, vergrabne Kerbe,

starrte gleich des Tieres Kruppe,

daß den letzten Hauch ich erbe,

doch sie lag wie Holz und Puppe,

 

lag wie eine Braut, so junge

Füße und so lichte Wangen,

wie im Schaun vergrabne Zunge,

rund und ringsum blütumfangen.

 

Und ich schauend ihre Stirne

aufgetaucht aus dunklen Lasten,

muß wie speisend süße Birne,

muß Barmherzigkeit erfasten.

 

Einer nur mit Wort belohnen,

meine Faser will sich straffen,

muß im Zelt ich euer wohnen,

muß im Mark des Holzes schaffen.