Tantum dic verbo
MENSCHWERDUNG

 

Die Schale sprang vom Ei,

aus dem geborstnen Schacht,

Schuld, die mich überfällt,

gleich ist die Straße frei

und offen wird die Welt.

Der Abgrund spiegelt hell

und gurgelt ohne Quell.

O Regen in der Nacht.

 

Zum Rande jeder Saum,

geklärt im Widerlicht,

sich feucht wie Wangen schmiegt

und rührt den Blattleib kaum,

wie in der Wiege liegt

ein totes Kind, o klag,

um mich den Mantel schlag,

der diesem Tag gebricht.

 

O aller Dinge Ziel,

das fleischgewordne Glück

in Rosen naß versteckt

es ebbt und steigt wie Spiel,

von Geißeln blutbefleckt

und weh in süßem Graus

mehr als aus mir heraus

sinkt es in mich zurück.

 

Von Hürden weit umspreizt

bebürdet ich wie keins

der Wesen, die gezeugt,

mit Willen ungereizt,

so wie der Halm gebeugt

die blinde Perle trägt,

geh weiter unbewegt

und bin zerrissen eins.

 

(26.7.1916)