Aloysius Bertrand: Gaspard de la Nuit. Erstes Buch: Flämische Schule

DER SPITZBART

Wenn man den kopf trägt aufrecht nicht,
das haar des bartes nicht frisiert,
den schnurrbart hochgezwirbelt nicht,
ist bei den damen man blamiert.

Die gedichte von d'Assouci

Also, es war eine feier in der synagoge, finster besternt von silberlampen, und die rabbiner, im talar und mit brille, küßten ihren talmud, murmelnd, näselnd, spuckend oder sich schneuzend, die einen sitzend, die andern nicht.

Und siehe da auf einmal bemerkte man unter so viel runden, ovalen, eckigen bärten, die rauschig waren, gekräuselt, die ambra und benzoe ausströmten, einen spitz geschnittenen bart.

Ein schriftgelehrter mit namen Elebotham, auf dem kopf einen flanellkegel der von edelsteinen funkelte, erhob sich und rief: "Entweihung! ein spitzbart ist hier!

Ein lutherischer bart! — Ein kurzmantel! — Tötet den philister." Und die menge stampfte vor wut auf den tobenden bänken, während der opferpriester kreischte: "Samson, mir deinen eselskinnbacken!"

Aber der ritter Melchior hatte ein pergament mit dem kaiserlichen wappen beglaubigt entrollt: "Order, las er, den metzger Isaac van Heck festzunehmen, damit er als mörder aufgehängt werde, er, schwein aus Israel, zwischen zwei schweinen aus Flandern."

Dreißig hellebardiere lösten sich mit schweren und klirrenden schritten aus dem schatten des gangs. "Feuer aus euren hellebarden!" lachte höhnisch der metzger Isaac. Und er stürzte sich aus einem fenster in den Rhein.

 

 

(I,4)