".. sage citoyen du vaste univers."
(La Fontaine)
Pirgu hatte also den weg zur post eingeschlagen, wir zur Sărindar-straße. der nebel wurde immer dichter, die nässe immer durchdringender. wir traten in das nächstgelegene lokal ein, bei Durieu, hinter der nationalbank, und suchten uns den tisch im hintergrund aus, in der geschütztesten ecke. doch an jenem abend war mein freund nicht bei laune: er erzählte nicht, trank nicht, rauchte nicht. er seufzte nur immerzu und wischte sich die augen. nach der sonderbaren freude die ihm nicht einmal eine stunde vorher die nicht weniger sonderbare schande Penas bereitet hatte, war er in eine genauso sonderbare traurigkeit verfallen. so niedergeschlagen hatte ich ihn bisher nie gesehen. ich beobachtete ihn unauffällig, ich wußte daß man in solchen augenblicken erleichterung in vertraulicher aussprache findet, und fühlte daß diese nicht weit war. und ich täuschte mich nicht: sobald er sich ein wenig gesammelt hatte, begann er mit unsicherer stimme:
— ich bin Ihnen eine erklärung schuldig, mein freund. ich weiß nicht wie es Ihnen vorgekommen ist daß ich Ihnen bis jetzt nicht gesagt habe wer ich bin, aber ich bitte Sie um verzeihung; es war keine absicht. Ihnen zuliebe, der Sie mir soviel freundlichkeit bezeigt haben, wollte ich von anfang an meinen entschluß aufgeben incognito zu bleiben solange ich gezwungen sein würde hier zu verweilen, und wenn ich es noch nicht getan habe, dann nur weil die gelegenheit gefehlt hat. wir hatten soviel anderes zu erzählen! mit Ihnen habe ich gerne dreißig jahre noch einmal durchlebt, ebenfalls mit Ihnen, wenn es Sie nicht langweilt, will ich heute abend meine kindheit und frühe jugend noch einmal durchleben.
— dafür wollen wir uns nach Bukarest begeben; denn von haus aus bin ich Bukarestener; das licht der welt erblickte ich am Podul-de-Pămînt, im haus meiner eltern vor der Viischoara. der abstammung nach bin ich jedoch ausländer — und hier straffte er sich plötzlich, und seine stimme bekam glanz, gleichsam vor stolz.
— ... ich bin grieche, fuhr er fort, und adliger, von der mittelmeerküste; die ältesten vorfahren von denen ich weiß waren, im sechzehnten jahrhundert, seeräuber, freie und verwegene männer, die die meere kreuz und quer nach beute durchstreiften, von Jaffa zu den Balearen, von Ragusa bis Tripolis. vom Roten Zuani gehen durch zwei seiner söhne die beiden zweige des geschlechts aus. daß wir ursprünglich barbaren wären, wovon mich zu überzeugen, als ich in seinem palast in Catania sein gast war, das oberhaupt des sizilianischen zweiges sich befliß — man nannte diesen den mit dem Panther, weil er unserem alten wappen (in einem von gefesselten Einhörnern gestützten schild auf blauem grund der silberne schwan, der, den hals von einem purpurroten pfeil durchbohrt, auffliegt) zu ehren eines berühmten verwandten auf goldenem, blutrot gesäumten grund einen schwarzen panther hinzufügte — daß wir normannen gewesen seien, kann sehr gut sein, da alle einschließlich der beiden letzten, ihm und mir, als fortdauernde familienkennzeichen das rötliche haar und die blauen augen bewahrt haben; doch unbestreitbar bleibt daß ich von seeleuten abstamme, und es ist mein einziger dünkel, denn wenn ich mir meine ahnen wählen könnte, wie man es etwa in großen häusern zu tun pflegt, würde ich zuallererst einen seemann wollen; es würde mir gefallen von jenem Tammuz abzustammen, dem einst, in der einsamkeit eines abends auf den wogen, eine geheimnisvolle stimme befahl, sich aufzumachen und den tod des großen Pan zu verkünden. sonst bin ich auf nichts stolz, nicht einmal auf das blut das ich unter der flagge der Hetärie der meinigen vergossen habe, derer aus dem zweig mit dem schwan, die von Kandia über Phanar nach Rußland und Rumänien zogen.
wenn jedoch ich nicht stolz auf mein geschlecht bin, sollte dieses es doch auf mich sein. schöner konnte es nicht enden. seine fähigkeiten zur großherzigkeit und begeisterung, sein opfermut, der natürliche trieb zum erhabenen wie auch jene gewisse anziehungskraft die dazu beitrug daß es überall wohin es das schicksal verschlug fuß faßte und emporstieg, all das verbindet sich bei mir in so vollkommener harmonie, dank der tatsache glaube ich, daß in meinen venen kein unterschiedliches blut im streit ist: meine eltern waren nahe verwandte, cousin und cousine ersten grades. ungefähr gleichaltrig und beide waisen, waren sie zusammen aufgewachsen, und zwischen ihnen keimte frühzeitig eine zuneigung, die sie allen vorurteilen zum trotz durch heirat besiegelten.
ich war das einzige kind. auf mich strahlte ihre leidenschaftliche liebe zurück, mit zärtlichkeit verfolgten sie, wie sich in meinem wesen ihre zwillingsseelen verschmolzen widerspiegelten, sie überhäuften mich mit tausend aufmerksamkeiten. auch die milch die ich einsog war nicht die einer fremden. gesegnet sei der himmel der mir eine glückliche kindheit bescherte. sooft ich an sie denke, erscheinen mir, in der hellen luft eines frühlingsmorgens flatternd, weiße flüge von tauben. es ist die frühste meiner erinnerungen. und es ist gleichzeitig ein symbol.
aber das derart verwöhnte kind war nicht fröhlich; meine seele war immer umsponnen von jener leichten melancholie der allzu empfindlichen naturen, so empfindlich daß sogar liebkosungen sie leiden machen, sogar die freude sie verletzt. lange bevor ich Lukrez las, war mir bewußt geworden daß aus dem quellen der wollust etwas bitteres durchdringt, das sich erstickend selbst im duft der blumen verbirgt.
ich kann mir nicht denken daß es viele menschen gibt die das leben und das alter so wenig verändert hat wie mich. bis zum tod werde ich derselbe bleiben: ein unverbesserlicher träumer, stets angezogen von dem was entfernt und geheimnisvoll ist. ich war sehr klein als ich, des spiels vergessend, mich in den garten schlich um hinter dem zaun hervor zu lauschen wie nebenan eine frau lispelnd, mit dünner stimme, ein lied vor sich hin trällerte, immer dasselbe, mir ist als ob ich es höre: "o vogel im baum, quell der freude, ich komme um über mein leid zu weinen"..., und dann schluchzte sie, stoßweise, lange. nach einiger zeit hörte man das lied nicht mehr... gegen abend liebte ich es, mich mit Osman, dem schäferhund, auf die veranda zu setzen und dem aufgang der sterne zuzuschauen.
an die ersten jahre meines lebens, jetzt da ich an die orte zurückgekehrt bin wo ich sie verbracht habe, und vielleicht als zeichen des beginnenden alters, erwachen die erinnerungen dieser art immer lebhafter, erreichen manchmal sogar die kraft einer vision. mir ist es im Cischmegiu vorgekommen, daß ich mich tatsächlich als kind sah, so wie ich vor einem halben jahrhundert war, als mich unter den gleichen bäumen mama Sia an der hand führte.
neben meinen eltern hat in meinem herzen mama Sia ihren platz, unsere gute mama Sia, die sie wie auch mich umsorgt und aufgezogen hat. sie wurde als verwandte betrachtet, man raunte sogar daß sie es sei, sie bekam keinen lohn, saß mit uns zu tisch und rief uns beim vornamen, mäkelte und nörgelte an allen im haus herum, wo sie de facto die herrin war; meine mutter wußte von nichts.
meine mutter war ein püppchen, das niedlichste und süßeste püppchen. ihre schönheit hatte aufsehen erregt; wenn Sie sie ihr reiches haar von der farbe des honigkaramels hätten lösen sehen und wenn Sie dem tiefen blick ihrer blauen augen mit den schwarzen brauen begegnet wären, hätten Sie gesagt daß eine jener bleichen Magdalenen wie sie in den traurigsten tagen des niedergangs der italienischen schule gemalt wurden beseelt aus ihrem rahmen gestiegen sei. obwohl ich sie bis zur vergötterung liebte, kommt es mir immer vor als habe ich sie nicht genug geliebt, und bei dem gedanken daran packt mich das schlechte gewissen. ein gesang der verhallt, eine blüte die die blätter verliert, ein stern der fällt erinnern mich unfehlbar an sie und dann umschattet sich ihr bild mit dem zauber derer die vor der zeit dahin gegangen sind, so wehmütig daß ich es nur durch tränen schimmern sehe.
meinen vater hatte ich anders gern; das gefühl das sich nach und nach für ihn entwickelte ging vom verstand aus, beruhte auf bewunderung. in dem geschniegelten bojarensöhnchen mit den frauenhänden, der in Paris wegen seines aussehens und betragens für einen Engländer gehalten wurde, hatten sich seltene tugenden offenbart, ein charakter. sein wissen und die gunst des fürsten Alexandru Ioan, bei dem er großes ansehen genoß, hatten bewirkt daß er unmittelbar an den appellhof berufen und schnell zum Obersten Gerichtshof befördert wurde. er war dann abgeordneter geworden. die säkularisierung der klostergüter und ihre aufteilung unter die bauern sind zum großen teil ihm zu verdanken. er war der jüngste, wenn auch nicht der bedeutendste unter jenen angesehenen männern, die sich nach dem sturz Vodă-Cuzas für immer aus dem politischen leben zurückzogen. ich war ein aufgeschossener junge, als eines nachmittags zwei unbekannte bojaren zu uns kamen und mit ihm über eine stunde im salon eingeschlossen blieben. vor ihrer abfahrt ließ vater sie kurz allein und begab sich ins schlafzimmer zu mutter, dann kam er wieder um die unerwarteten gäste bis auf die straße zu ihrer kutsche zu geleiten. am abend erfuhr ich daß vater auch die einwilligung mutters erbeten hatte, eine ernennung zum minister nicht anzunehmen.
übrigens faßte mein vater, aus furcht die ruhe die in unserm heim herrschte könne auch nur im geringsten gestört werden, nicht einen entschluß ohne auch mutter gefragt zu haben, eine sache die natürlich auch ihre unangenehmen seiten hatte. ihretwegen lebten wir, obwohl im überfluß, doch weit unter unseren möglichkeiten; das leben das wir führten war nicht, wie es sich geziemt hätte, bojarenmäßig, und mutter verabscheute jede noch so leise veränderung darin. nie wollte sie Bukarest verlassen, aufs land, in die weingärten, zur kur fahren — Gott bewahre — und jene fahrten im reisewagen nach Borsec oder nach Zaizon müssen ihren reiz gehabt haben. sie rührte sich sogar kaum aus dem haus. wer hätte geglaubt daß es gerade ihr vorherbestimmt war den menschen zur welt zu bringen der mehrere male die erde umfahren sollte!
arme mama, was hatte sie nicht alles! sie war kälteempfindlich wie man es nicht für möglich hielte, hitze machte sie leiden, weder sonne noch wind durften sie treffen, das licht tat ihr weh, die dunkelheit bedrückte sie, beim kleinsten laut zuckte sie erschreckt zusammen. wenn sie blut sah, fiel sie in ohnmacht. lustbarkeiten — und wie wurde sie gefeiert — ermüdeten sie nur. gleichaltrige freundinnen mochte sie nicht haben; dafür versammelte sich bei uns täglich eine redselige gesellschaft: aufgedonnerte, vor armut stinkende klatschbasen aus der vorstadt, pfarrersfrauen, hebammen, süßigkeitenhändlerinnen, frauen aus dem pöbel, erfahren in den künsten des kartenschlagens oder kaffeesatzlesens. ihre marotte war sich bäuerlich zu kleiden, in dirndl und kopftuch, sich korallen oder schmuckmünzen an den hals zu hängen, und sie bekannte ehrlich daß zigeunermusik ihr besser gefiele als die italienische oper. "Anicuţa hat einen hang zum ordinären" pflegte tante Smaranda von mutter zu sagen. und als bei deren tod der große komplex mit der kapelle an der Cischmeaua Roschie an uns fiel, war es ebenfalls mutter die nicht wollte daß wir dorthin zögen, denn sie meinte daß es auf dem Podul-de-Pămînt, oder der pastramă, nach dem alten beinamen, schöner sei. vielleicht hatte sie recht: zwischen Sankt Konstantin und Sankt Eleutherius, von Giafer bis zur Pricopoaia, dort wo heute der verfall herrscht, reihte sich garten an garten, nur obstbäume, flieder, weinlauben. kamille und malve überwucherten die höfe, überall oleander, granatapfelbäume, myrten, auf den fensterbänken drängten sich blumentöpfe mit nelken, pelargonien, fuchsien, geranien, goldlack. und jenseits des flusses erstreckte sich, den horizont verschließend und in laub getaucht, der Cotroceni-hügel.
mein freund hielt hier inne, lächelnd, zündete sich behaglich eine zigarette an und bestellte kaffee und wein. und sogleich nahm er den faden seiner erzählung wieder auf.
... in einem hellerleuchteten salon verbeugen sich damen im reifrock, mit juwelen behängt, bojaren mit favoris oder impériales, an deren hals die brillanten Nischans glitzern, tief, um einer grüngekleideten greisin die hand zu küssen, einer greisin mit winzigem, hagerem körper, mit karottenrot gefärbtem haar, blaßblauen augen. doch hat sie eine sehr stolze miene: sie steht aufrecht, den kopf hält sie hoch, ihr blick ist hochmütig, die stimme klar und gebieterisch. seit sieben jahren, seit sie von ihrer letzten reise nach Baden-Baden zurückgekehrt ist, verläßt sie ihr haus nicht mehr, und weil ihr das alleinsein verhaßt ist und der schlaf sie meidet, ist bei ihr jeden abend, nach dem essen für zwölf personen, bis spät nachts gesellschaft.
mit ihr sollte eines der verspäteten überbleibsel der welt von einst untergehen, sie hatte noch die guten zeiten erlebt: 1871, als sie verschied, ging sie auf die achtundachtzig zu und war seit zweiundsiebzig jahren witwe, nach einer kurzen ehe mit einem griechischen prinzen, einem halbwüchsigen vielfraß der sich an johannisbeeren übergessen und eine darmverschlingung bekommen hatte. seidem hatte sie sich nicht mehr verheiraten wollen und einen guten teil ihres langen lebens "drinnen" verbracht, überall unter denen die in der aristokratie rang und namen hatten. deren vorurteilen bis zum fanatismus getreu würde sie doch jeden der sie hätte reden hören dazu gebracht haben ihre aufgeblasenheit sofort zu verzeihen; die begabung die sie in dieser hinsicht hatte war noch erstaunlicher als ihr gedächtnis; um eine kleinigkeit, eine nichtige lappalie mitzuteilen, hatte sie ihre besondere art; wenn sie erzählte, war es als lese sie in einem schönen buch. im übrigen ein felsen an gesundem menschenverstand, ein berg; sie besaß weder aberglauben noch schrullen, da jene einzige, daß sie sich nie anders als grün gekleidet, und keine edelsteine außer smaragden getragen hatte, nicht ihr vorzuwerfen war. mit der zeit war das grün dunkler geworden, hatte sich unter einer hülle aus schwarzer spitze versteckt, und erst als man sie in den sarg legte, schmückte man sie mit dem kleid aus orangefarbenen tuch das sie als braut getragen hatte.
sie ruhe in frieden! die erkenntlichkeit die ich ihr bewahre habe ich mir zur pflicht gemacht; außer ihrem bedeutenden vermögen hat sie mir jenen heiligen schatz hinterlassen, das herkommen; mein ganzes inneres wesen ist ihr werk, nur ihres; indem sie mich lehrte nach dem erhabenen zu streben, weckte sie in mir das streben nach dem alten. von ihr habe ich gelernt daß auch ich zu jenen gehöre denen es von Gott gegeben ist zu befehlen, denen die sich durch reichtum und ruhm über die gewöhnlichen sterblichen erheben. und der not der entscheidenden augenblicke meines späteren lebens habe ich nur mit hilfe ihres andenkens die stirn geboten; in den schauern des zweifels und des grams stieg immer vor mir die vision ihrer Durchlaucht auf, sehr heiter, in grünem gewand, von kopf bis fuß von grünen edelsteinen funkelnd.
ich wurde jeden nachmittag zu ihr gebracht. dort wohnte ich ihrer toilette bei die sich bis zum abend hinzog. unterdessen erzählte sie. die bojarenschaft eines dreiviertel jahrhunderts hatte sie persönlich gekannt, hatte mehrere male Napoleon I. gesehen und ihn einmal gesprochen, war zur zeit des Kongresses mit ihrem vater in Wien gewesen, hatte mit zar Alexander und mit Metternich getanzt und in Italien die huldigungen Chateaubriands und Byrons entgegengenommen. um die pension eines generalmajors des Kaimakams, die auf befehl des zaren Nikolaus auch ihr auf lebenszeit bewilligt worden war, nicht zu verlieren, hatte sie seit 1830 nicht mehr Frankreich betreten, das sie seit dem ruchlosen krieg, wie sie den Krimkrieg nannte, tödlich haßte. dennoch war selbstverständlich nach der griechischen die französische die sprache deren sie sich am liebsten bediente, ein französisch des alten Hofs, umständlich und steif, das nach bergamotte und moschus roch. wenn es jedoch vorkam daß sie sich an etwas aus der vergangenheit unseres geschlechts erinnerte, sagte sie es auf rumänisch und ihre erzählung bekam ein mystisches leuchten; sie fand sublime wortverbindungen, um den langen wagemut gegen den heidnischen eindringling, das unablässige märtyrertum, die frömmigkeit die den rauhen weg bezwang darzustellen. mit welchem atem erzählte sie vom verrat jener beiden großdragomane und ihrer schrecklichen buße, von den anderen anführern, acht an der zahl, die in weniger als hundert jahren unter dem Jatagan gefallen waren, von der flucht nach Rußland, von der hetze zweier kriege, und vom aufstand der Hetärie. wie diese geschichten vermochte mich nichts zu begeistern; das immer lebhaftere vergnügen mit dem ich ihnen lauschte erreichte seinen höhepunkt als die reihe der erinnerungen an ihre ferne kindheit kam, so fern und blühend, und ganz in freude und behagen verbracht. die greisin die ich im spiegel sah, wie sie sich beim schein der zeitig angezündeten kerzen zurechtmachte, war eine der drei edlen gewesen für die soviele herzen geblutet hatten. und ich betrachtete träumend das bild auf dem sie dargestellt waren, einander um die taille gefaßt haltend, jung, blond, mit blauen augen und schwarzen brauen alle drei: Bălascha, Zamfira und Smaranda. als sie sie so taufte, hatte ihre mutter, die kaimakanin Păuna, jeder einen kostbaren stein zugeeignet, den sie ihr als paten ausgesucht und mit dem schwur verbunden hatte, ihr ganzes leben lang keinen andern zu tragen und sich nur in die farbe jenes steins zu kleiden. Sie werden sagen das ist aus einem märchen, nicht wahr? — und es ist wahrhaftig nur eine einzelheit aus dem wunderbaren märchen jener Fürstin der zärtlichkeiten, meiner urgroßmutter. ich werde es Ihnen einmal ganz erzählen und Sie werden dann, vielleicht mit staunen, erfahren, daß der verfeinerte geschmack und die kleinen eitelkeiten, die liebe zu blumen und düften, zu kleinodien, schmuck, juwelen, das verlangen nach wohlleben und verschwendung durch sie von der rumänischen seite auf uns gekommen sind, nicht, wie man glauben möchte, von den griechen. gänzlich von ihr auch die schönheit. die neugierde zu erfahren von wem ich die verschiedenen neigungen meiner natur geerbt habe hat mich veranlaßt zu untersuchen welches die meiner vorfahren waren, aber außer dem was ich von meiner alten tante aufgeschnappt hatte, entdeckte ich, da es kaum zeugnisse gab, nichts besonderes, so daß ich der seltsamsten nicht auf die spur kommen konnte: ich rede von meiner unüberwindlichen schwäche für zigeuner — Sie haben zweifellos bemerkt wie sehr mich ihr bitteres schicksal bewegt, mit welcher vorliebe ich mit ihnen in ihrer mißachteten sprache plaudere? ich habe sie von klein auf in der küche gelernt, beim alten Stan dem sülzenmacher, einem fast blinden greis, der nach der aufhebung der leibeigenschaft bis zu seinem tod an unserm hof blieb, wo er auch geboren worden war. mit dem augenlicht hatte er auch den schlaf verloren und saß winter wie sommer, tag und nacht mit der pfeife im mund am herd. er liebte mich heiß; ich erinnere mich, wie er, als ich einmal fieber bekam — ich war anfällig für den bösen blick und alle im haus erschraken — mich in die arme nahm und mich weinend wiegte. genauso freundschaftlich lächeln mir aus der vergangenheit, mit weißen zähnen, auch andere gesichter von zigeunern und zigeunerinnen zu; mit einer zigeunerin habe ich zum ersten mal die liebe genossen, einer zigeunerin vom strich. sie trug eine rote blüte über dem ohr und tänzelte beim gehen. ich war sechzehn jahre alt. es war zur zeit der akazienblüte, abends, nach einem schauer. ich habe ihr einen dukaten gegeben und vergaß, sie nach ihrem namen zu fragen. und ich sah sie nicht wieder.
auf diese weise erzählte er mir eine reihe von geschichten über dies und das. aus ihnen ging hervor daß er eine erziehung erhalten hatte wie sie nicht sorgfältiger sein konnte und daß er gründlich unterrichtet worden war, unter der aufgeklärten aufsicht seines vaters, der beabsichtigt hatte ihn nach Paris zu schicken damit er dort eine hochschule besuche; doch Frau Anicuţa, unterstützt von Sia, hatte sich dem widersetzt. außerdem konnte auch er sich nicht mit dem gedanken einer trennung von seinen so sehr geliebten eltern anfreunden, die sich ihm gegenüber wie größere geschwister verhielten, was sie seit einiger zeit sogar dem aussehen nach zu sein schienen. er hätte also mit ihnen jenes zurückgezogene und stille leben weitergeführt, wer weiß wie lange, wenn nicht 1877, kurz nachdem er das zwanzigste jahr vollendet hatte, der krieg ausgebrochen wäre. ich erteile ihm hier wieder das wort.
— ich brachte meinem vater meinen entschluß zur kenntnis, jedenfalls zum militär einzurücken, einen entschluß von dem nichts auf der welt imstande gewesen wäre mich abzubringen. der große Alexander Nikolajewitsch, der rechtgläubige Caesar, hatte gegen den feind des vaterlandes den säbel gezogen, und von jenem augenblick an konnte für mich, lebend oder tot, das feld der ehre nur noch dort sein wo die fahnen des Heiligen Östlichen Kaiserreiches flatterten. vater fragte mich entsetzt was mutter dazu sagen würde? — und ich überlasse es Ihnen sich sein erstaunen vorzustellen als ich ihm sagte daß sie, bei der ich bereits gewesen war, mir die erlaubnis gegeben hatte. was damals in ihr vorging bleibt ein rätsel. und das wunder — denn wie soll ich es sonst nennen — blieb nicht darauf beschränkt. plötzlich erwachte in der puppe eine wahrhaft große dame. sie öffnete das haus in der Cischmeaua Roschie und verwandelte es in ein lazarett, handelte in allem so wie sie es für richtig hielt und zeigte dabei soviel tüchtigkeit als ob sie sich bisher nur damit beschäftigt hätte. mein vater seinerseits erhielt einen auftrag an der seite des fürsten Gortschakoff, zwischen dessen familie und der unsrigen freundschaftliche beziehungen bestanden hatten. auch ich knüpfte eine, eine edlere, die im feuer des kampfes ihre weihe erhielt — ich habe euch vorhin etwas von Serghie von Leuchtenberg erzählt. hätte er überlebt... mit seinem tod, dessen zeuge ich war, begann für mich eine leidvolle reihe von schicksalsschlägen. als ich nach hause zurückkehrte, erfuhr ich daß meine mutter nicht mehr war. wie alle ihrer familie hatte sie nicht verstanden sich zu schonen. obwohl sie sich in dem entsetzlichen kriegswinter stark erkältet hatte, wollte sie sich nicht pflegen, und während einer verwegenen anstrengung hatte die unbehandelte krankheit ihr die kräfte geraubt. fern von gatte und kind hatte sie in den armen mama Sias erschöpft ihren geist aufgegeben, ohne klage, ohne eine träne, heiter bis zum ende. die helden deren qualen sie gelindert hatte trugen sie weinend auf ihren schultern ins grab. die scheußlichkeiten des krieges hatten mich darauf vorbereitet diesen schlag ertragen zu können, der dafür jedoch meinen vater vernichtete; oft habe ich weniger darunter gelitten sie tot zu wissen als ihn lebend zu sehen. der arme war nicht mehr wiederzuerkennen, schwach und gebeugt wie er geworden war, mit wirren grauen strähnen und einem bart, mit ungeschnittenen schwarzen nägeln, schmutzig, schmierig... eine herzzerreißende verzweiflung spiegelte sich in seinen glasigen augen, die, selbst wenn er nicht redete, seine geistige verwirrung verrieten. sein häusliches elend hatte ihn den verdruß den ihm der verlust Bessarabiens bereitet hatte nicht vergessen lassen; wenn ich es nicht rechtzeitig erfahren hätte, würde er es fertiggebracht haben, den Sankt-Annen-Orden, den fünften der sechs mit denen unser haus geehrt wurde, zurückzuschicken. ich begriff von anfang an daß mir nichts anderes übrig blieb als mich zu fügen: der mann war verloren. er aß nicht mehr, schlief nicht mehr, trank in einem fort ţuikă und rauchte ohne unterlaß. so machte er es noch ein paar monate und nahm dann für ewig seinen platz neben meiner mutter ein. bald danach bettete ich auch mama Sia zu ihren füßen und blieb allein auf der welt.
ich brauchte zeit um mich zu sammeln. ich rührte mich fast nicht von zu hause fort, spät begann ich vor der stadt spazierritte zu machen. bei dieser gelegenheit bemerkte ich, daß mir an der "Marmizon"-brücke fast immer ein sehr schönes mädchen entgegenkam. nach einiger zeit machte es mir eine art sorge, daß ich sie nicht treffen würde und wenn es vorkam ärgerte es mich. unmerklich wurde aus dem vergnügen, das es mir anfangs bereitet hatte sie zu sehen, ein bedürfnis, und es vermengte sich mehr und mehr mit zärtlichkeit; tag und nacht, jederzeit stieg ihr gesicht mir von den augen auf, ich konnte nicht mehr an sie denken ohne in verwirrung zu geraten, und wenn ich mich vor ihr befand ergriff mich eine bis dahin ungekannte scheu, die mich lange davon abhielt sie anzusprechen. was mir bei dieser ganzen geschichte sonderbar vorkam war nicht daß ich mich verliebt hatte — auch an mich war die reihe gekommen — sondern daß ich mich ausgerechnet in dieses mädchen verliebt hatte, weil ich mich von natur aus nur zu dunklen frauen hingezogen fühle, sehr dunklen, und sie war blond und weiß bis zur farblosigkeit, so daß Sie sich nicht zu wundern brauchen, mein freund, wenn ich Ihnen sage, daß, obwohl ich sie leidenschaftlich liebte, ihr aussehen, sogar wenn ich sie bei mir hatte, in mir nicht einen augenblick auch nur eine spur von körperlicher begierde weckte; das was meine heimliche liebe entstehen ließ war nur das mitleid. als ich hörte wie Wanda, so hieß sie, mir weinend von ihrem leben erzählte, das die stiefmütterliche behandlung der zweiten frau ihres vaters ihr zur qual machte, eines polen und selbstverständlich säufers, der sich und seinen nachwuchs von einem tag zum andern mit dem bißchen durchschlug das er verdiente indem er kleider flickte und flecken entfernte, und als ich erfuhr, daß sie die absicht hatten sie zu verschachern, wie sie es auch mit einer älteren schwester von ihr gehalten hatten, entschloß ich mich, damit sie dem entgehe, mich über alle vorurteile hinwegzusetzen und sie zu mir emporzuheben. ich wußte welches aufsehen dieser schritt erregen würde, ich wußte es nur zu gut, aber nicht das urteil der lebenden fürchtete ich, sondern das der toten, vor denen rechenschaft abzulegen ich nicht gleichermaßen umhin konnte, und es waren fiebrige und schlaflose nächte, da ich sie tatsächlich sah, wie auf alten griechischen ikonen vor goldenem grund rot und starr in ihren goldbrokatmänteln aufgereiht, jene hochfahrenden archonten die in den händen ihre abgeschlagenen köpfe trugen, und ihre unerbittlichen blicke voll abscheu von mir, dem verräter, abwandten. zu verzichten hatte ich jedoch keine kraft und ich ließ mich wie es dem schicksal beliebte schleppen. das trauerjahr ging zu ende, wenig trennte mich noch vom tag der verlobung, ich hatte sogar die ringe schon bestellt.
nun, am morgen als ich sie vom juwelier abholte, mit unseren namen eingraviert, fand ich bei der tür, auf der bank — ich wohnte noch auf dem Podul-de-Pămînt, der Plevnei-straße, wie er umbenannt worden war — Elenca, die frau des steuereinnehmers, eine der verläßlichsten vorstädterinnen unter den freundinnen meiner mutter; sie erwartete mich um mir etwas mitzuteilen... ich bat sie ins haus. sie beweinte zunächst frau Anicuţa, aber sobald ihre tränen es zuließen, wetterte sie furchtbar gegen das was ich angezettelt hatte, und sagte daß ich eine große sünde begangen hätte selbst wenn Wanda ein ehrbares mädchen gewesen wäre, geschweige denn ein luder das sich mit allen tagedieben ins bett gestreckt hatte und beim arzt und bei der hebamme gewesen war. ich war fassungslos.
wenn Sie es nicht glauben, mein täubchen, fügte sie hinzu, legen Sie sich einmal nachts, nach elf, auf die lauer damit Sie es selber sehen, wie sie den lümmel zum fenster hineinläßt. und ich will Ihnen auch sagen wer es ist: Fane, der witwe ihrer, der anstreicher, der wo auf der ziehharmonika spielt.
mir fuhr damals ein stich durchs herz, die ohren begannen mir zu dröhnen und das haus drehte sich um mich. ich war tödlich verletzt. da ich jedoch, wie erschütternd die umstände auch sein mögen, nicht die fassung verliere, urteilte ich auch damals kühl. daß sie, bevor ich sie kennenlernte, ohne aufsicht und erziehung wie sie war und umgeben von schlechten beispielen und vorbildern, gefehlt hatte, war grausam für mich, aber nicht zu verwundern, doch daß sie mich in solcher weise frechweg verhöhnte, und mit wem, einen tag vor der verlobung, das überstieg jedes maß, und das konnte ich nicht verzeihen. und ich erinnerte mich daß einmal als ich mir von mama die zukunft weissagen ließ, sie mir vorausgesagt hatte, mir würde jedes glück zuteil werden, nur nicht das der liebe. ich dankte frau Elenca und sagte ihr sie solle unbesorgt sein. als Wanda wie gewöhnlich gegen mittag kam, fand sie mich reisefertig angezogen wie ich gerade die riemen des koffers festzurrte. ich gab vor ich müßte dringend für einige tage aufs land fahren. während der ganzen mahlzeit beobachtete ich sie verstohlen; außer sanftmut und unschuld war in ihrem gesicht und blick nichts zu lesen. ich lernte damals die qual, die bohrendste von allen, des zweifels kennen, besonders da es mir auch völlig unglaublich schien daß dieses wesen auf so törichte weise das beneidenswerteste schicksal das eine ihres standes sich hätte träumen lassen können geringschätzen sollte. wir fuhren zusammen mit der kutsche ab, sie ließ ich bei ihr zu hause, und ich stieg an der Cotroceni-straße aus, wanderte im kreis um die stadt herum und wandte mich gegen abend auf dem Capupodul der Cischmeaua Roschie zu. ich trat in die seit langem verlassene kapelle ein, wo ich seit meiner kindheit nicht mehr gewesen war, zündete einen aus andern zeiten übriggebliebenen kerzenstummel an, und indem ich den geist der fürstin Smaranda um vermittlung beim Allerhöchsten anflehte, versenkte ich mich ins gebet.
die gnade des himmels säumte nicht sich über mich zu ergießen, in ihrem strahlen begriff ich daß alles was sich ereignete zu meinem heil war, das gerade in der täuschung Wandas oder ihrem schleunigen untergang bestand. Gott duldete nicht daß das wappen unseres hauses, das seit 1812 unter der krone eines komiten auf der brust des russischen doppeladlers prangte, geschändet würde. und ich murmelte: "nicht uns, Herr, sondern deinem namen sei ehre immerdar!" und auf einmal ergriff mich ein grauen vor dem was ich um ein haar getan hätte!... ich ging von dort weg, versöhnt mit dem schicksal, wiedergewonnen. die stelle der schauderhaften gedanken die ich den ganzen weg über gewälzt hatte, hatten die furcht und der wunsch eingenommen, die steuereinnehmerin möchte gelogen haben, und als ich nach zwei stunden den sichtbaren beweis der treulosigkeit erhielt, fand ich in meinem schmerz selbst erleichterung. jetzt, da das wesen in dem ich den traum der liebe meiner jugend verkörpert gesehn hatte, für mich verloren war, sagte ich mir daß mir nichts übrig bliebe als es zu vergessen.
aber es war mir nicht möglich. selbst heute, nach dreißig jahren, ist meine liebe für sie nicht erloschen; die entfernung und die zeit haben sie jedoch mystisch werden lassen: nicht Wanda selbst liebe ich mehr, nicht ihre gestalt, die, wenn sie noch auf der welt ist, sich verändert hat, verwelkt ist, gealtert, sondern die unsagbar sanfte und süße erinnerung an sie. und an den frauen die von da an in meinem leben einander folgten, war das was ich liebte nur irgendeine ähnlichkeit mit ihr: bei den einen fand ich das gelbe haar oder die grünen augen wieder, bei den andern das traurige lächeln, den wiegenden gang oder den tonfall der stimme die mich so sehr bezauberte... deshalb habe ich neulich Paschadia recht gegeben, als er sagte daß er in der liebe nichts als fetischismus sehe. ja, fetischismus, fetischismus...
er zuckte mit den achseln und warf seine zigarette fort, an der die asche, so ruhig hatte er erzählt, völlig hängengeblieben war. er verlangte obst, einen schwereren wein, noch eine runde kaffee. und genießend und schlürfend fuhr er fort.
um mich zu berauschen, stürzte ich mich in den wirbel eines lebens der vergnügungen, und mit solchem elan daß ich mit meiner zügellosigkeit und verschwendung ganz Bukarest in schrecken versetzte. ein jahr lang folgten in der Cischmeaua Roschie, wohin ich gezogen war, einander ohne unterbrechung orgien bis zum morgengrauen. aus dem verkommensten was es gab hatte ich mir einen zahlreichen hofstaat geschaffen: wenn ich auf die jagd ging oder eine klostertour unternahm, dann mit einem gefolge von mindestens zwölf voll beladenen wagen, abgesehen von den dienern mit dem proviant und meinem zigeunerorchester. es stimmt daß nicht ein einziges mal etwas, wie unbedeutend auch immer, zu wünschen übrig gelassen hätte, man wetteiferte allerseits mein verlangen zu erfüllen und mich zu ergötzen; man schoß sogar im eifer oft übers ziel hinaus: es genügte daß ich tagsüber sagte eine frau gefalle mir um sie abends bei mir im bett zu finden. es gab männer die mir ihre ehefrauen und brüder die mir ihre schwestern zuführten. aber das kam mich teuer zu stehen, und um solche ausgaben bestreiten zu können, machte ich, nachdem ich auf den kopf gehauen hatte was ich an bargeld geerbt hatte, schulden über schulden. wenn ich pleite war, verschaffte mir Scarlat, genannt "Ibrik", ein niederträchtiger alter bojar, makler, pferdehändler und vor allem etwas anderes, sogleich darlehen gegen wucherzinsen. ich verstrickte mich immer schlimmer; als der zahltag kam, bezahlte man mir pacht und mieten mit meinen eigenen wechseln, die ich natürlich gezwungen war anzunehmen. dann unterschrieb ich andere und so unterschrieb ich immer, manchmal ohne darauf zu achten was, bis, als ich eines morgens nene Scarlat nach kleingeld schickte, er mir als antwort brachte, daß die kuh keine milch mehr gebe und daß ich in kürze alle schulden begleichen müßte. und er riet mir grinsend, besser freiwillig alles was ich besaß zu verkaufen als zuzulassen daß es unter den hammer komme; er würde einen käufer für mich finden. ich bat ihn, mir einstweilen, und unverzüglich, etwas geld aufzutreiben: es war der tag vor meinem geburtstag und ich wünschte ihn aus einem besonderen grund gehörig zu feiern. ich vertraute ihm einige der juwelen der fürstin Smaranda an, ein paar spangen, damit er sie verpfände.
ich hatte, sagte er, als er mit barem geld wiederkam, großes glück; eine viertelstunde später, und ich hätte das nachsehen gehabt, der freund wäre aus Bukarest abgereist.
ich fragte auch diesmal nicht wer jener geheimnisvolle wucherer war; was ging es mich noch an? ich beauftragte nene Scarlat mit den vorbereitungen und einladungen für den folgenden tag, ich hingegen schloß mich im salon der "Edlen" ein, wo ich bis zum abend familiendokumente verbrannte. ich speiste bei "Hugues" zu abend, allein, dann schlenderte ich durch die gassen. ich kann jene feuchtkalte aprilnacht, die gleichsam mit dem schmant des vollen mondes beschlagen und leicht durchduftet war von blühenden aprikosenbäumen, nicht vergessen, eine nacht die für mich die letzte sein sollte. glauben Sie nicht daß ich sterben wollte weil ich mein vermögen verloren hatte; das gegenteil war der fall: ich hatte alles verschwendet weil ich schon längst entschlossen war, meinem leben, dessen ich überdrüssig war, ein ende zu machen; sein anblick verstärkte meine angeborene traurigkeit, in seinen freuden hatte ich nur enttäuschung und ekel erfahren. und um unter lebenden zu sterben, hatte ich den tag ausgewählt an dem ich dreiundzwanzig jahre alt wurde. ich würde auf dem höhepunkt des festes weggehen und nicht mehr zurückkehren; niemand würde entdecken was aus mir geworden war, das geheimnis meines untergangs würde ewig unergründlich bleiben — ich hatte alle maßnahmen getroffen. bis zur morgendämmerung stiegen süße bilder aus den jahren meiner kindheit vor mir auf, sie rührten mich, ohne mich zu betrüben; die heiterkeit mit der diejenigen meines blutes dem tod zu begegnen wußten verließ auch mich nicht im mindesten. als ich ruhig nach hause zurückkehrte, fand ich eine spätabends angekommene nachricht, durch die ich aufgefordert wurde, mich unbedingt mittags beim gericht zu melden. es war um mich davon in kenntnis zu setzen daß am tag vorher mein onkel Iorgu ermordet worden war.
obwohl ich sein neffe ersten grades war, kannte ich ihn nicht einmal vom sehen. die unstandesgemäße ehe aus der er entsprossen war, und in der folge andere mißhelligkeiten hatten seinen vater und ihn für immer den andern verwandten entfremdet. seinen verständlichen haß ihnen gegenüber, einen von der ohnmacht sie irgendwie zu schädigen vergifteten haß, hatte man mit tiefer verachtung beantwortet, die ich heute nicht mehr zu teilen einwillige. er war ein mann! statt sich damit zufrieden zu geben, mit dem erlös aus dem elterlichen erbe nach junkerart dem müßiggang zu frönen, hatte er sich frühzeitig ins joch schwerer arbeit gespannt, hatte landgüter, teiche, zollhäuser, salzbergwerke, die post in pacht gehalten, einen ausgedehnten holz- und wollhandel betrieben, einen gasthof in Bukarest und eine landungsbrücke an der Donau errichtet, und das glück hatte ihm seinen wagemut und fleiß reichlich vergolten. der krieg, währenddessen er tatsächlich oberproviantmeister des heeres gewesen war, hatte aus ihm den reichsten mann des landes gemacht, was ihn nicht daran hinderte an leute die geld brauchten gegen pfänder lächerliche summen, ein, zwei dukaten, auf wucherzinsen zu verleihen. in seinem streben sich zu bereichern zögerte er nicht bei der wahl der mittel. vor kurzem hatte er so mit gezänk und bestechung den alten prozeß gewonnen, den er gegen die hartnäckigen freibauern von Toroipanu am Neajlov wegen ihres anteils am gut führte, und war abgereist um die vermessung vorzunehmen. als er in einen wald in der nachbarschaft gekommen war, durch den der weg führt, hatte er sich plötzlich von zahlreichen bewaffneten bauern umzingelt und gestellt gesehen. da hatte er sich aufgerichtet und zwei pistolen gezogen, doch bevor er dazu kam zu schießen, war er schon gepackt, ans trittbrett der kutsche gebunden und auf schauderhafte weise umgebracht worden.
ich wurde gebeten bei der eröffnung der siegel zugegen zu sein, die schon am abend vorher an seiner finsteren behausung in der Mîntuleasa-straße angebracht worden waren. ich hätte nie gedacht daß jemand, wie knauserig er auch sei, in einer derartigen armut leben könne. ich blieb gleichgültig solange die untersuchung dauerte, abgesehen von einem augenblick lebhaften staunens als man das ungetüm von stahlschrank öffnete, und nicht wegen der schätze darinnen, sondern weil ich unter ihnen die spangen entdeckte die ich einen tag vorher nene Scarlat gegeben hatte damit er sie verpfände. dann kamen auch alle meine wechsel zum vorschein; ein dicker packen. nun, was soll ich Ihnen noch sagen? — sie haben überall herumgestöbert und -geschnüffelt, haben jeden fetzen papier genau untersucht; von einem testament jedoch keine spur, so daß ich mich, zu genau der stunde die ich als die meines todes bestimmt hatte, als nächsten verwandten des getöteten in den besitz seines riesigen vermögens gebracht sah.
dieser so unerwarteten wie glücklichen wendung der dinge freuten sich anfangs viel mehr als ich diejenigen die auf meine kosten lebten, die schmarotzer. sie hatten geglaubt daß sie sich wieder ins gemachte nest würden setzen können. rasch wurden sie jedoch enttäuscht, und bitter. ich hatte sozusagen von meinem unbekannten onkel zusammen mit dem vermögen auch etwas von seinen angewohnheiten geerbt. bald schloß ich das haus an der Cischmeaua Roschie und zog zur Mîntuleasa-straße um; pferde, wagen, kostbare hunde, alles schlug ich los, die überflüssigen diener entließ ich, der freunde entledigte ich mich, den vergnügungen schwörte ich ab. und ich verweilte nicht einen tag länger hier als ich brauchte um meine angelegenheiten in hinblick auf eine endgültige abwesenheit in ordnung zu bringen.
da ich von dem entschluß zu sterben nicht völlig abgekommen war, änderte ich nur die art, indem ich anstelle des todes die entfernung wählte. sogar sonst würde ich mit der zeit ebenfalls dazu gelangt sein ein fremder zu werden, was blieb hier noch verlockendes für mich? ehrenstellungen vielleicht? aber in einem land, wo mein vater kein minister werden wollte und mein urgroßvater kein fürst, was sollte ich da noch erstreben? und dann würde ich meine freiheit nicht einmal geopfert haben um den stern des kaisers auf dem stichblatt zu tragen. von jetzt an sollten nur die fantasie und die laune meine herren sein. alles andere würde bedeutet haben daß ich mich eines solchen glückes unwürdig erzeigte.
ich hatte es auch; im übermaß. passen Sie auf. mir war noch eine nacht aufenthalt in Bukarest geblieben. bevor ich zu bett ging wollte ich meinen paß aus einer kommode nehmen, doch als ich versuchte die schublade aufzuziehen worein ich ihn gelegt hatte, blieb diese, da sie zu voll war, stecken. es brauchte eine stunde des zerrens und rüttelns um ihr beizukommen, und dann eine andere überraschung: der schalk von paß war, da er obenauf lag, hinter die schubladen gefallen, aber die schubladen gingen nicht ganz aus den fächern heraus. mir kam die idee die kommode mit dem beil aufbrechen zu lassen, und nur wegen meiner schwäche für alte dinge — es war eine Empirekommode aus mahagoni von vollkommener häßlichkeit — schonte ich sie und gab mich damit zufrieden ein brett von der rückseite zu lösen. ich fand meinen paß und nicht nur ihn. außerdem befand sich dort noch ein zerknitterter, großer gelber briefumschlag mit fünf siegeln aus schwarzem siegellack. darauf stand geschrieben: "Mein Testamente", mit e am ende.
von einem bis dahin ungekannten schauder durchdrungen schaute ich mich um und um, obgleich ich sehr wohl wußte, daß ich allein im haus war. draußen, hinter den fensterläden, prasselte der oktoberregen nieder. ich öffnete den umschlag und las mit zugeschnürter kehle den letzten willen meines onkels: sein gesamtes bewegliches und unbewegliches vermögen vermachte er dem verwaltungsrat des hospitals. ich betrachtete voll entsetzen das schreckliche werkzeug, das, wäre es in andere hände als die meinen gefallen, für mich tödlich gewesen wäre, ich betrachtete sogar die asche so, in die es sich nach einigen augenblicken verwandelte. vielleicht war es nicht recht, was ich tat, rechenschaft habe ich jedenfalls nur dem Ewigen abzulegen, der, wie tante Smaranda zu sagen pflegte, für unsere sünden eine besondere waage hat und beim wiegen schummelt. und ich erröte nicht darüber, daß mich ein paar zeilen schrift haben erbeben lassen, mich der ich wer weiß wie oft ohne zu wanken dem Tod ins gesicht geblickt habe; nein, denn diesmal handelte es sich um mein vermögen, und nichts sonst auf der welt ist mir heilig, für mich ist der besitz alles, ich stelle ihn über die ehre, die gesundheit, selbst das leben, und wenn es in jener nacht, an die der gedanke mich noch ängstigt, notwendig gewesen wäre etwas schwerwiegenderes zu begehen als die vernichtung eines fetzen papiers, nun gut, ich würde, so wahr ich hier stehe, nicht gezögert haben... ich war kein armer im geiste.
es wäre auch schade gewesen mir jene reichtümer entgehen zu lassen; ohne sie hätte mein geschlecht vor seinem untergang nicht mehr zu seiner wahren bestimmung zurückgefunden, der einzigen naturgemäßen, der, frei auf den wogen zu leben. ich bin der überzeugung daß der edle zweck zu dem ich sie verwandte reichlicher als der ihnen von meinem onkel bestimmte es getan haben würde die verbrechen wiedergutgemacht hat, um deren preis er sie gewonnen hatte. in dreizehn jahren auf see habe ich vielleicht mehr fahrten unternommen als alle meine seefahrenden ahnen zusammengenommen, und oft spürte ich wie sie sich freuten in mir, der ihnen das banner mit dem schwan brachte, über meere sausend deren existenz sie nicht einmal vermutet hatten, über alle meere...
er bedeutete dem kellner, der begonnen hatte ums uns herum zu schleichen, er möge abrechnen. das lokal hatte sich geleert. auch wir gingen hinaus. draußen hatte es sich aufgeklärt und es war kalt.
— ja, mein freund, sagte er, nachdem wir ein paar schritte gemacht hatten, das vermögen! wenn nicht die sorge darum gewesen wäre, niemals wäre ich hierhin zurückgekehrt. der aufstand von 1907 hat mir zu denken gegeben, und um nicht in einem fort den verlust meiner güter befürchten zu müssen, habe ich mich schließlich entschlossen, dies jahr im frühling hierher zu kommen um sie zu verkaufen, sie auch mit verlust zu verkaufen. man zahlte mir jedoch unglaubliche preise, und wer, glauben Sie — die bauern! mir stand geschrieben, daß mich diese leute noch einmal reich machen würden; nein, ich sage Ihnen die wahrheit, Sie wissen nicht wie tüchtig und zuverlässig sie sind, aber auch nicht, was für ein unterschied besteht zwischen denen, die ich in meiner kindheit in der Cischmeaua Roschie gesehn habe, wie sie unten an der treppe vor Tante Smaranda hündisch krochen, gleichsam geblendet von den strahlen ihrer erlauchtheit, und ihren kindern, den energischen führern von heute, die mich als ihresgleichen ansehen und von mann zu mann mit mir reden. auch hat mich wieder gewundert woher ihre dorfgemeinschaften solche unmengen geld haben, daß sie achtunddreißigtausend morgen ackerland kaufen können wie nichts. ich glaubte daß es mit dem verkauf der gebäude in Bukarest genauso leicht gehen würde, ich habe mich aber grausam getäuscht: wegen des kümmerlichsten, eines elenden lädchens am katholischen kloster, halten mich ein paar arme schlucker von kleinhändlern seit acht monaten mit leeren versprechungen hin; nicht einmal als ich mein erdöl in Amsterdam zu aktien machte — das erdöl das mir über dreiviertel meines einkommens bringt — hat es ein solches feilschen gegeben. sie haben vermutlich begriffen daß ich es eilig habe abzureisen.
bei allem zauber so teurer erinnerungen kam mir der aufenthalt in dieser stadt seit der stunde meiner ankunft wie eine verbannung vor, und so geht es mir wo immer ich mich auf dem festland befinde, mit dem erdboden versöhnt mich nur die leidenschaft für blumen, die einzige welche die liebe zum meer nicht in mir unterdrücken konnte. wie meine urgroßmutter Păuna, die zum ersten mal mehrere arten in die Walachei brachte und sie morgenweise in Pajera anpflanzte, bin auch ich verrückt nach blumen; für meine orchideen, nicht für mich — ich bin nur ihr gast — habe ich die manuelische "quinta" gekauft, die, an der meeresküste gelegen, in einem paradiesischen winkel Lusitaniens, einst königlichen liebhabern zuflucht gewährte. in der balsamischen und warmen feuchtigkeit ihrer riesigen gewächshäuser, mit bienenstöcken und plätschernden wassern, ruhe ich zwischen zwei wanderschaften aus, träumend; am fuß ihrer hängenden gärten werde ich mich zu meiner letzten reise einschiffen, sobald ich fühle daß mein ende sich nähert...
...aber wieso nur ist überall geschlossen, wäre es so spät? und indem er zum funkelnden novemberhimmel aufblickte: ja, es ist sehr spät, der jäger mit den goldenen waffen, Orion, geht aus angst vor dem Skorpion unter, der am östlichen rand emporklimmt. der morgen ist jedoch noch fern, wir haben zeit noch zu mir hochzusteigen und zu trinken.
ich verließ die Modeistraße als die laternen angezündet wurden, einigermaßen verblüfft von dem was ich noch erfahren hatte.
da er wünschte daß die möglichkeit in Bukarest, wo er mit seinen erinnerungen allein und in seinen bewegungen ungestört sein wollte, erkannt zu werden so weit es ging ausgeschlossen würde, hatte er vor seiner rückkehr versucht, sein aussehen zu verändern. das war ihm, indem er sich haare und bart wachsen ließ und sich schlicht und unauffällig kleidete, so gut gelungen, daß es ihm nach fast einem jahr immer noch passierte, daß er, wenn er sich unerwarteterweise in einem spiegel erblickte, sich fragte ob er es wirklich sei. ein anderer mann war ins leben getreten und bekam bald auch einen namen: in den gaststätten nannte man ihn conu Pantazi, was ihn vermuten ließ daß er in seiner neuen verkleidung für einen "Sosias" gehalten wurde der so hieß, und er wunderte sich, daß sie einander noch nicht begegnet waren.
und er zeigte mir eine aufnahme seines wirklichen gesichtes, rasiert, mit geschorenen schläfen, kurzem backenbart — ein vollendeter gentleman im eleganten bordanzug. ich betrachtete es voll gleichgültigkeit, denn nicht dieser war mir als ein freund seit jeher und sogar als ein zweites selbst vorgekommen, sondern der andere, von dem ich nun wußte, und nicht ohne eine gewisse melancholie, daß er nur eine zeitweilige maske war, bestimmt in kürze für immer abgelegt zu werden.
die angst daß als folge dieser enttäuschung unsere freundschaft von ihrem zauber verlieren könne, war genauso unbegründet wie die hoffnung zeitig nach hause zurückzukehren. ich kehrte sogar eine woche lang überhaupt nicht dorthin zurück. ich zog zu Pantazi — so werde ich ihn weiterhin nennen — der, als er sah daß draußen ein schneesturm begonnen hatte, sich in seiner gepolsterten wohnung einschloß wo er es nacht sein ließ. es war auch nicht nötig auszugehen; die wirtin hatte er mit all seinen gewohnheiten vertraut gemacht, sie überschlug sich um ihn zufriedenzustellen. die betten — für mich war eines im salon aufgeschlagen worden — blieben die ganze zeit ungemacht, der tisch gedeckt, die leuchter angezündet. in den öfen prasselten feuer. in der mattigkeit der langen nachtwachen entspann sich die beichte seines lebens eines klugen weltbürgers zwanglos und vollständig. aus ihr wurde die einzige erklärung der traurigkeit erkennbar, die mich bei ihm so sehr befremdete: der mann war zu glücklich gewesen.
nichts erholsameres, nichts süßeres als jene lebensweise. nicht einer von uns dachte mehr daran sie zu ändern, obwohl das schlechte wetter aufgehört hatte, als eines morgens — ich wußte es weil uns kurz vorher die schokolade serviert worden war — die wirtin kam, mürrisch und rot, um Pantazi mitzuteilen daß ein herr ihn suche, ein herr der fürchterlich schimpfte, wie ein hund. er war ihr gegenüber von unerhörter flegelhaftigkeit gewesen. Pantazi bat mich, nachzuschauen wer es sein könnte, während er und die französin die vorhänge aufzogen und die lichter löschten.
zugleich mit dem tag kam, ein vor kälte zitterndes möpschen in einer roten hundedecke hinter sich herziehend, Pirgu herein. wir erfuhren daß Paschadia, der am vortag zurückgekehrt war, auf der suche nach uns die ganze nacht von lokal zu lokal gelaufen war und ihn beauftragt hatte uns, wenn er uns aufstöberte, zu ihm zum essen einzuladen. Pantazi nahm ohne zu zögern an. ich fragte Gore was mit seinem begleiter sei, der Pantazi anknurrte und angefangen hatte zu kläffen.
er gehört Haralambescu, klärte er mich auf, Tinculina Gaiduri hat eine läufige hündin, ebenfalls einen mops, eine jungfrau, und ich bring ihn zu ihr. ich bin hundekuppler geworden.
die nächte die wir dieses mal mit Paschadia verbrachten waren ruhig und würdevoll: Pirgu beehrte uns nur noch selten mit seiner anwesenheit, im vorbeigehn, und redete dann nur von politik. — die liberalen, piesackte er uns, könnten einpacken; bis zum neuen jahr, 1911, spätestens, also in drei wochen, würden die konservativen an die macht kommen, die bojaren — Take war aus dem feld geschlagen. und er setzte eine ernste miene auf, dem hohen amte angemessen, in das er, wie er sagte, von der demnächst kommenden regierung eingesetzt werden würde.
obwohl ich wußte daß er maßlos gierig war, imstande für einen groschen in der scheiße zu wühlen, begriff ich von anfang an daß es ihm letztlich nicht um den lohn ging; aber was er eigentlich anstrebte würde ich nicht vermutet haben, wenn er es mir nicht, am Heiligen Abend, bei einem ausgedehnteren ţuică-gelage zu zweit — dosis für erwachsene — selber gesagt hätte.
schon seit langem beabsichtigte er sich zu verheiraten, um versorgt zu sein, versteht sich, er war jedoch, sooft er es versucht hatte, mit schimpf und schande davongejagt worden; sogar wenn es ab und zu vorgekommen war daß er dem mädchen gefiel, hatten die eltern um nichts in der welt einwilligen wollen, und dieser Ostrakismus konnte nur der tatsache zuzuschreiben sein, daß er keine "karriere" aufzuweisen hatte, dachte er, was sonst fehlte ihm, jung und schön, "manierlich" und gebildet, wie er zu sein behauptete, um eine frau glücklich zu machen? aber angesichts der bürgschaft eines ministers, daß sein lieber kabinettchef ein ernsthafter, ein junge mit zukunft sei, eines ministers, bereit ihn zu trauen, würden sie noch irgendwelche einwände gehabt haben? einmal ernannt, würde nichts mehr schiefgehen, und er sah sich als schwerreichen mann mit einem stadtpalast in Bukarest, einem tragenden weinberg im Tal der Lämmer, einem gut, ich weiß nicht mehr wo, einer stattlichen mitgift, abgesehen von einem einzigen schwager mit einer einzigen lunge. und er sang: "und er hat heda, und er hat heda!" ich unterbrach ihn um ihn zu fragen ob er auch an die beiden paraphernalien gedacht habe die folgen konnten: kinder und hörner?
— wenns weiter nichts ist, antwortete er mir ruhig, ich habe für das eine wie das andere vorsorge getroffen. solche paraphernalien übersieht man, sie kommen nicht aufs tapet.
er hatte mir den mund gestopft. ich bat ihn mir zu sagen wer ihm die ernennung vermitteln würde?
Pascha, flüsterte er mir vertraulich ins ohr, obwohl wir allein waren.
— glauben Sie daß ers kann?
— oho! Sie glauben garnicht was für hoden der alte bock hat, wenn er sie nur einmal auf den teller legen wollte, dann sähen Sie eine gaudi.
— aber warum will er nicht? versuchte ich ihn auszuhorchen. als antwort pfiff Gorică zweimal kurz und tippte sich mit zwei fingern an die schläfe. dann ging er fort, eher rückwärts. und von der tür aus machte er mir das zeichen des Harpokrates.
an einem der abende zwischen Weihnachten und Neujahr befand ich mich in der Calea Victoriei, wo es ungewöhnlich belebt war. die zeitungsverkäufer setzten ihre packen im nu ab, aus vollem halse schreiend: "regierung abgedankt". vor dem garten des palastes hörte ich wie mich jemand aus einem fiaker mit geöffnetem verdeck anrief. es war Pirgu.
— doktor, sagte er zu mir, gehen Sie gleich zu Paschadia und sagen Sie ihm er solle alles stehn und liegen lassen und ganz bestimmt noch heute abend, so schnell wie möglich, in meiner angelegenheit vorsprechen, und die schraube anziehen, aber ganz bestimmt.
ich fragte ihn warum er nicht selber ginge?
— ich hab keine zeit, erklärte er mir, ich bin mit der beerdigung beschäftigt: Mischu ist gestorben; ich muß seiner untröstlichen witwe an die hand gehen; in schweren stunden erweist sich die freundschaft. ich komme gerade vom jüdischen friedhof und eile zur zeitung. ah! es gibt großen hader wegen der häuser; Faibisch, der alte Nachmansohn, war ärgerlich, er hat sie auf einem grundstück bauen lassen, das auf den namen seiner verblichenen gekauft war, Mischus mutter; und sein ganzes vermögen in sie gesteckt. nun, er ist es losgeworden: Mischu hinterläßt sie Raschelica, ganz regulär — halten Sie sie für blöd? — auch der erste mann, Penchas, was er gehabt hat, hat er alles ihr hinterlassen; sie sollten sie in trauer sehen, die teufelin, klasse, klasse! ein tolles weib, mon cher, bei meiner ehre: Mischu lag im sterben und wir im nebenzimmer... tu comprends? — ein vampir ist sie, nichts anderes, sie hat mich ausgesaugt. gehen Sie sofort, ehe der alte schwachkopf, der trottel, ausgeht, ich zähle auf Sie, nicht wahr? und er befahl dem kutscher unter flüchen, loszufahren. kommen Sie übermorgen zum friedhof, rief er mir noch bei der abfahrt mit herausgestrecktem kopf zu, ich halte eine rede.
*
"Profundum est cor super omnia — et homo est — et quis cognoscet eum?"
Jer. XVII, 9
mit der kühnheit gewappnet, die man hat wenn man für jemand anderen um etwas bitten geht, läutete ich eine viertelstunde später bei Paschadia. er war zuhause: im hof, weiter hinten, schimmerten die lampen eines Coupés.
diesmal wurde ich nicht wie gewöhnlich geradewegs ins arbeitszimmer geführt; der alte diener der mir geöffnet und mir hut und mantel abgenommen hatte, bat mich zu warten. bei meinem eintritt war das vestibül nur von den flammen einiger scheite erleuchtet die lustig in dem breiten kamin brannten; ihr flackern belebte auf seltsame weise die alten bilder an den wänden und enthüllte auf ihnen, wie durch auf die vergangenheit geöffnete fenster, erschütternde einblicke in eine welt des martyriums und der leidenschaften. auf speere gestützt verfolgten centurionen des Domitian oder Decius und wüstenreiter den grausamen todeskampf gekreuzigter jungfrauen und von pfeilen durchbohrter jünglinge, unter der düsteren jagd der wolken über dunklem laub. ich war bei Paschadia. in jenen gemälden erblickte ich das symbol seiner seelenqualen.
man zündete den kronleuchter an, der sich in den spiegeln vertausendfachte. nach kurzer zeit kehrte der diener zurück um mir zu melden daß ich nach oben gebeten würde.
ich stieg zum ersten male die von barocken sphinxen bewachte treppe hoch und wurde durch einige noch mehr als diejenigen des erdgeschosses mit kostbarkeiten vollgestopfte räume geführt, die eher wie ein museum als eine wohnung aussahen. an der schwelle des letzten blieb ich überrascht einige augenblicke stehen.
zweifellos weder um ins ins bordell zu gehen noch ins spielkasino hatte Paschadia seinen frack angezogen, sein ordensband, seine ordenskreuze und -sterne angelegt. das war jedoch nichts gegen die veränderung, die ich, nachdem ich mich ihm genähert hatte und wir uns unterhielten, an ihm selbst feststellte: er erschien verjüngt, aus seinen bewegungen und von seinem gesicht war jede spur von müdigkeit gewichen, seine augen strahlten lebhaft, sogar seine stimme klang anders, klar, metallen. ich konnte es also kaum glauben als er mir versicherte daß er sich nicht erinnere seit langem so gelangweilt worden zu sein.
ein völlig unvorhergesehenes unglück war über ihn hereingebrochen. ein hochgestellter österreichischer würdenträger, der mit gattin nach Ägypten reiste, hatte, da er durch Bukarest kam, dort drei tage halt gemacht. kaum war er angekommen, hatte er Paschadia aufgesucht mit dem er zur schule gegangen war, und sie hatten ihm, sowohl er als auch sie, die ganze zeit keine ruhe mehr gelassen; sie hatte er zur "Ameise" begleiten müssen um dort zusammen mit ihr rumänische blusen auszusuchen. auch hatten sie darauf bestanden, daß Paschadia bei dem bankett, das die botschaft ihnen zu ehren an jenem abend gab, nicht fehle.
ich wünschte ihm in gedanken von ganzem herzen, daß ihm diese art langeweile so oft wie möglich zuteil würde. gleichzeitig fragte ich mich, ob er im bewußtsein der tatsache daß er noch einmal ein, zwei stunden das leben führen würde zu dem er bestimmt gewesen war, sein wirkliches leben, nicht etwa tief betrübt war, ob in ihm nicht etwa die reue keimte, spät, daß er darauf verzichtet hatte? und ich musterte ihn verstohlen. verschlossen und kühl, blieb er undurchdringlich, aber unstreitig beklagte in seinem ganzen wesen etwas altes und sehr edles sein ende.
ich sagte ihm daß ich mich an seiner stelle geschmeichelt fühlen würde, sogar gerührt; die leute hätten sich ihm gegenüber betragen wie es besser nicht sein kann, sie hätten ihm einen zuverlässigen beweis ihrer freundschaft gegeben.
— Sie täuschen sich, meinte er, wenn sie es getan haben, dann nur aus eigennutz. diese reise verbirgt eine wichtige politische mission. seit drei jahren schwelt auf dem balkan das feuer; die kanzleien arbeiten fieberhaft. sie haben sich sogar an mich erinnert... nein, glauben Sie mir, umsonst tut man nur böses, gutes oder auch nur einen gefallen nie.
da die rede auf freundschaft und gutes tun gekommen war, hielt ich den moment für geeignet ihm mitzuteilen was mich zu ihm geführt hatte. er lächelte.
— ach, ich mag verrückt sein, wie die leute sagen, aber so verrückt daß ich aus Pirgu einen mann mache nicht!
ich hatte ihn gleichwohl in der letzten zeit, und nicht nur einmal, seinem unzertrennlichen Gore feierlich jede unterstützung versprechen und seine befürchtungen keinen erfolg zu haben zerstreuen hören.
— nicht nur, fügte er hinzu, daß ich seine ernennung nicht gefördert habe, ich habe mir sogar besondere mühe gegeben sie zu verhindern; es ist nicht das erste mal daß ich ihn so hintergehe; glauben Sie nicht daß auch er, gauner der er ist, schon emporgekommen wäre, daß Sie ihn als kabinettchef, präfekten, generalsekretär, abgeordneten gesehen hätten, daß er eine gute partie gemacht hätte wenn ich nicht gewesen wäre um seine pläne zu durchkreuzen? es ist sicher das gerechteste, das rühmlichste was ich im leben getan habe; anders vorzugehen wäre unmoralisch gewesen. und davon abgesehen, ließe ich zu daß er aufsteigt, würde ich ihn verlieren, er würde mich verlassen und es würde mich sauer ankommen auf seine dienste zu verzichten.
unglücklicherweise. um ohne plackerei und ohne mich in den sümpfen des lasters zu besudeln jagen zu können, mußte ich mich mit dieser hyäne zusammentun, sie füttern, ihren gestank ertragen. was veranlaßt aber Sie mit Pirgu zu verkehren? — spaß macht Ihnen glaube ich seine stupide vulgarität nicht. seit langem wünsche ich Sie zu warnen sich vor ihm in acht zu nehmen; er ist gefährlicher als Sie denken; er ist zu allem fähig, er gehört nicht zu jenen die die feigheit davon abhält bis zum verbrechen zu gehen. er hat mehr als eines auf dem gewissen. passen Sie auf: er ist gegen Sie sehr voreingenommen, da er Ihnen jedoch vorderhand nichts ernsteres anhaben kann, begnügt er sich damit Sie mit geifer zu überschütten; eine ganze nacht verbrachte er neulich mit Poponel damit Sie zu verhöhnen, ja, mit Poponel, den Sie, sooft er seine kleine sittenangelegenheit hat, eilends in schutz nehmen, mit der gleichen naivität mit der Sie heute abend für Pirgu zu mir gelaufen sind.
ich hatte außerdem das mißvergügen Ihre schuldhafte schwäche für alles was die stigmen der deklassiertheit trägt festzustellen, für alles anrüchige, für versager und wracks, und ich fände keine entschuldigung für Sie, selbst wenn ich wüßte daß Sie nur studien machen wollen, "skizzen", denn das würde heißen daß Sie eine allzu gewöhnliche ware ungemein teuer bezahlen.
die Bohème, die abscheuliche, schmutzige Bohème tötet, und oft nicht nur im bilde.
da mir mehr an Ihnen liegt als an Ihrer freundschaft, hatte ich keine angst Sie würden sich über mich ärgern, und habe mir diese taktlose rüge erlaubt, die ich auf die gesamte lebensweise, die Sie in letzter zeit angenommen haben, ausdehne. ich ziehe sie jedoch zurück, und bin bereit förmlich abbitte zu leisten, wenn Sie mir versichern, daß Sie zufrieden sind, daß Sie nicht nach den momenten der selbstaufgabe die verletzte würde in sich stöhnen hören.
Sie wissen, fuhr er fort, ohne meine antwort abzuwarten, Sie wissen wie prekär, wie unangenehm meine lage lange zeit war, Sie erkennen an daß ich jedes recht gehabt hätte mich für den "mamser" aus dem Talmud zu halten. Sie wissen wie ich jahrelang — grande mortalis aevi spatium — im leeren für nichts kämpfte. nun gut, nach jener zeit der anstrengung und der plackerei, der entbehrungen, der demütigungen, sehne ich mich zurück... ich war zufrieden. sobald jedoch die verfolgung aufhörte und ich plötzlich und unvermutet dort angekommen war, wohin zu gelangen ich längst zu hoffen aufgegeben hatte, begann der verdruß.
ich war weit davon entfernt ein romantiker zu sein, und dennoch verletzte es meine eigenliebe als ich sah daß dasjenige, was dreißig jahre eines kargen und rechtschaffenen lebens, dreißig jahre der opfer, des studiums und der arbeit nicht imstande gewesen waren zu bewirken, einige mit der allmächtigen gattin eines ratsvorsitzenden verbrachte nächte bewirkten. bald danach gelangte ich zu der überzeugung, daß mein schwindelerregender erfolg nichts war als eine hinterhältige falle die das schicksal mir gestellt hatte um mir zu zeigen bis wohin seine ironie gehen kann. alles was ich bis dahin glühend begehrt hatte: macht, geld, ansehen, verschaffte mir, nun ich es erlangt hatte, nicht nur keine befriedigung, sondern verstimmte, ärgerte mich, die lobhudeleien kamen mir wie beleidigungen vor, selbst die rachlust fand ich schal. die alternative war für mich also simpel: ich mußte entweder die energie haben bis zum ende in einer festen position zu beharren — und so, indem ich mir selbst etwas vormachte, darin einwilligen, daß der moralische bankrott meines lebens auch noch ein betrügerischer sein sollte — oder den anstand mir den zapfenstreich zu blasen. diesen anstand habe ich gehabt. und da das was mir noch an lebenszeit blieb ohne hoffnung und ohne ziel sein würde, erachtete ich es für überflüssig den bösen genius der mich seit meiner frühen jugend ständig versuchte, angesichts des abends noch zu verbannen. diejenigen die mich kannten wunderten sich daß ich nicht ins exil ging. Sie erinnern sich an die geschichte des italieners der, als er zur zeit Ludwigs des XIV. nach Paris kam, auf der stelle in der Bastille eingekerkert und dort 35 jahre lang vergessen wurde. als er in den ersten tagen der Regentschaft endlich verhört wurde und, nachdem sich seine völlige unschuld herausgestellt hatte, man ihm sagte daß man ihm die freiheit wiedergebe, fragte der unglückliche traurig, was er noch mit ihr solle, und bat, man möge ihn im gefängnis lassen. wie er bin auch ich gewesen, vielleicht bin ich seine reinkarnation. was hätte ich anderswo zu suchen? von dem was es auf der welt gibt interessiert mich nichts und macht mir nichts vergnügen, absolut nichts, sogar wenn ich mich mit dem beschäftige was mir so teuer war, dem studium, der kunst, der lektüre, dem schreiben, ist es nur um die zeit totzuschlagen; eigentlich kann ich ohne zu übertreiben sagen daß ich nicht lebe; seit langem schlummert meine seele auf der schwelle zu den wohnungen des Todes und wartet daß sie sich ihr öffnen. das warten geht dem ende zu. dann kommt die völlige vergessenheit...
— die vergessenheit, rief ich aus, keinesfalls. das werk das Sie seit über dreißig jahren der vollendung zuführen wird Ihnen, wenn es ans licht tritt, die unsterblichkeit schenken.
— nein! zugleich mit mir wird auch das zugrunde gehen. wenn ich die augen für immer geschlossen haben werde, wird eine treue hand alles vernichten was sich hier an geschriebenem befindet. Sie haben bemerkt daß die schränke in meinem arbeitszimmer in die mauer eingelassen sind und vorhänge haben. das ist deshalb so, damit man nicht sieht daß sie keine rückwand haben: sie sind auf eine galerie hin offen. bevor man vorne die siegel anbringt oder öffnet, wird an der rückseite eine hand ungesehen ihre pflicht tun.
ich erschrak, da ich wußte daß er kein mann war der späße machte. die werke, die jahrhunderte zur bewunderung hingerissen hätten, waren also dazu verurteilt unbekannt unterzugehen, werke für deren abfassung er die feder des Kardinals Retz, die tinte Saint-Simons, die ausgefeilten seiten des Tacitus wiederentdeckt hatte. und mich ergriff eine herzzerreißende trauer.
— da ich von klein auf im ausland aufgewachsen war, fuhr er fort, konnte ich nicht wissen daß wir hier an den pforten zum orient sind, wo die skala der moralischen werte völlig umgeworfen ist, wo man nichts ernst nimmt. mit einer hartnäckigkeit die nicht zugunsten meiner intelligenz spricht, die ich jedoch nicht bedaure, denn wenn ich noch einmal anzufangen hätte, würde ich es genauso machen, weigerte ich mich, mich zu assimilieren, mich anzupassen, obwohl ich gelernt hatte, daß "si Romae vivis, romano vivite more". ich wurde folglich natürlich als fremdling betrachtet, und habe mir jedermann zum feind gemacht. voll abscheu mußte ich einen kampf austragen für den ich nicht gemacht war. als man sah daß es schwierig war mich durch "häme" zu vernichten — ich selbst biß giftiger — zettelte man, ungefähr als ich zu publizieren begonnen hatte, die verschwörung des schweigens an. da ich merkte daß das einzige mittel mich zu rächen darin bestand, nichts zu hinterlassen, das den andern nützen oder sie erfreuen würde, betrachtete ich jene verschwörung als willkommen und schloß mich ihr selber an. "undankbare heimat, du wirst meine gebeine nicht bekommen", hat sich Scipio Africanus auf sein grabmal schreiben lassen. die gebeine lasse ich ihnen, die früchte meines gehirns jedoch, meine gedanken, nicht!
er sah wie beunruhigt auf die uhr. ich erhob mich um zu gehen.
— setzen Sie sich noch ein wenig, beharrte er, wir gehen zusammen hinaus, Sie begleiten mich bis dorthin. und mit tonloser stimme: es ist sicherer.
ich durchschritt wiederum die flucht der salons in denen, zwischen allen blumen außer echten, wie einbalsamiert das galante zeitalter fortlebte, mit seinem geschminkten Olymp und seiner süßlichen Pastorale. doch im geschmücktesten von ihnen tauchte, düster in lebhaftem gegensatz zu den wundern an anmut die sich dort befanden, aus dem dunkel einer ecke das gesicht eines mannes von völlig anderer art als der jener männer und frauen auf, die, falsch oder schmachtend, einander aus ihren rahmen zulächelten. es brachte mich zum stehen. seine ähnlichkeit mit Paschadia war so vollkommen, daß man ihn fast für diesen selbst gehalten hätte, nur jünger, in die scheußliche tracht eines bojaren von vor hundert jahren gekleidet.
es ist mein urgroßvater, sagte Paschadia. weil er der einzige aus der familie ist, für den ich sympathie empfinde, habe ich sein porträt nicht, wie die der andern, verbrannt. er war ein Bergami. seine prachtvolle erscheinung, umgeben von der aureole des prestiges das in den augen der frauen diejenigen umhüllt die getötet haben, bewirkte daß er vom kutschentritt der fürstin Ralu zu ihr ins bett avancierte. wie Sie aber sehen, fiel der apfel nicht weit vom stamm, und ich glaube daß auch sein seelenzustand in etwa dem meinen entsprochen haben muß, damit er sich in der blüte seiner jahre wissentlich vergiften ließ.
dieses porträt ist eines der wenigen dinge hier die mir gehören, alles andere ist gemietet.
wir stiegen langsam unter gespräch die treppe hinab. unten warteten zwei diener und Iancu Mitan, der vertraute des hauses. hinter der tür her blickten neugierig andere dienstboten. die kutsche kam rasch in gang und bald gelangten wir zur Wiener Straße.
— wenn Sie Pirgu treffen, empfahl er mir beim abschied, sagen Sie ihm daß ich gehandelt habe wie ich es für das beste hielt und daß ich heute nacht ... ins gebirge fahre.