fast jedes volk hat, wie man weiß, seine sage von einem "Goldenen Zeitalter" und seiner wiederkehr — sagen, die schwerlich vergessen werden, wie prosaisch die welt auch zukünftig sein mag, solange der mensch selbst das aufstrebende, nie recht zufriedene wesen bleibt, das er ist. und doch könnten wir wohl, da wir nicht länger kinder sind, wahrlich bezweifeln, ob die wiederkehr einer lebensform, bei der gemäß der natur der sache der wert der dinge sozusagen völlig an ihrer oberfläche läge, für uns von vorteil sei, außer wenn wir auch das kindliche bewußtsein, oder vielmehr unbewußtsein, unserer selbst wiedererlangen könnten, um all das leichtlich und mit der angemessenen heiterkeit des herzens zu nehmen. der traum ist jedoch größtenteils in der gewöhnlichen verschwommenheit der träume belassen worden: in ihren wachen stunden waren die leute zu beschäftigt, ihn mit einzelheiten weiter auszustatten. was folgt ist eine sonderbare sage, mit einzelheiten genug, von einer solchen wiederkehr eines goldenen oder poetisch vergoldeten zeitalters (ein bewohner des antiken Griechenland findet seinen weg unter die menschen zurück), wie sie in einer alten stadt des mittelalterlichen Frankreich sich ereignete.
von der französischen stadt im eigentlichen sinn, in der die werke aufeinanderfolgender zeiten nicht ohne lebhafte anteile der gegenwart harmonisch und mit einer spezifischen schönheit verschmolzen sind — einer cisalpinen und nördlichen und doch gleichzeitig von dem massigen pittoresken deutscher städte wie Ulm, Freiburg oder Augsburg ganz verschiedenen schönheit, deren ideal Turner in einigen seiner studien von französischen flüssen fand, worin eine völlig gelungene verbindung von fluß und stadt zum wesen seiner erscheinung gehört — ist Auxerre vielleicht die vollständigste verwirklichung, die der heutige wanderer finden kann. sicherlich ist sie, was pittoreskes aussehen betrifft, die denkwürdigste einer bemerkenswerten dreiergruppe in dieser gegend — Auxerre, Sens, Troyes — deren jede, als ob bewußt eine solche wirkung beabsichtigt wurde, um die zentrale masse einer hohen grauen kathedrale versammelt ist.
rund um Troyes findet man pittoreske natur bloß in der reichen, fast derben sommerfärbung der Champagne, von der selbst die schindeln, der putz und die backsteine ihrer winzigen dörfer und der großen, weitläufigen, dorf-gleichen gehöfte die wärme angenommen haben. die kathedrale, weithin sichtbar über die anscheinend mit verstreuten wildblumen bewachsenen felder, die eine reiche mischung aller spielarten des spitzbogenstils bis hinunter zum spätesten flamboyant ist, darf unter den größeren französischen kirchen wegen der weite ihrer inneren maße hervorgehoben werden und ist berühmt für ihren beinah unvergleichlichen schatz von glasmalereien, hauptsächlich eines blumigen, feingearbeiteten, späteren typus, mit vielen ausgeklügelten kunstgriffen in der zeichnung wie auch in der farbgebung. auf einem der reichsten ihrer fenster laufen zum beispiel gewisse perlweiße linien mit aus der ferne wundervollem effekt auf rubinrot und dunkelblau hin und her. beim näherkommen findet man, daß es ein Pilgerfenster ist, und die seltsamen weißen linien sind die langen wanderstäbe in den händen Abrahams, Raphaels, der Drei Weisen und der anderen schutzheiligen der reisenden. der angemessene provinzielle charakter der bourgeoisie der Champagne ist unter den bürgern von Troyes, so scheint es, noch anzutreffen. die straßen, größtenteils fachwerk und stuck, zeigen mehr als ein unverändertes exemplar des alten hôtel oder stadthauses mit vorhof und rückwärtigem garten; und ihre frömmeren bürger scheinen sogar beim bau ihrer kirchen versucht zu haben, hauptsächlich den augen derer zu schmeicheln, die mit weltlichen angelegenheiten und außer haus beschäftigt sind, denn sie haben mit erheblichen kosten nur die riesigen, nutzlosen portale ihrer pfarrkirchen vollendet, die erstaunlich hoch und leicht sind, in einer art gotik-auf-stelzen von wilder eleganz, die den straßen von Troyes ein eigentümlich groteskes aussehen verleiht, wie in einem wunderlichen albtraum des Mittelalters.
in Sens, dreißig meilen weiter westlich, einem ort von viel ernsterer erscheinung, zeigt der name Jean Cousin ein gedämpfteres wesen an, sogar bei diesen üppigen verzierungen. hier ist alles kühl und gesetzt, von fast englischer strenge. das erste ergebnis des spitzbogenstils in England — das harte "frühenglisch" in Canterbury — ist in der tat eine schöpfung Wilhelms, eines baumeisters aus der schule von Sens; und die nüchternheit seines geschmacks hat vielleicht auf alle nachfolgenden änderungen der manier an diesem ort als zügelnde kraft gewirkt, änderungen die größtenteils auf fülle zielten. in harmonie mit der atmosphäre ihrer großen kirche ist die reinliche stille der stadt, frischgehalten von schmalen kanälen mit klarem wasser, die durch ihre straßen fließen und aus der reißenden Vanne gespeist sind, die etwas weiter abwärts in die Yonne mündet. die Yonne, die sich anmutig windung nach windung durch ein unaufhörliches säuseln von pappeln schlängelt, unterhalb niedriger rebenbestandener hügel mit resten lichter waldungen hier und da, manchmal nahebei, manchmal einen breiten zwischenraum von wiese lassend, hat all die heiteren merkmale französischer flußlandschaften in kleinerem maßstab als sonst, und könnte für das kinderbild eines flusses durchgehen, wie die flüsse der alten miniaturenmaler, blau, und voll bis an einen hellgrünen rand. man bemerkt entlang ihres laufs eine höhere anzahl noch unberührter alter herrensitze, größerer oder kleinerer, als anderswo. die reihe buckliger alter städte an ihren ufern, die ihre munteren kais ins wasser strecken, haben ein gemeinsames gepräge — Joigny, Villeneuve, Saint Julien-du-Sault — doch verführen uns in jeder zu verweilen und ihre altertümer in augenschein zu nehmen altes glas und dergleichen aus Renaissance und Mittelalter, um echte wenn auch geringere lektionen über die verschiedenen künste zu erwerben, die ihr bedeutendstes denkmal in Auxerre hinterlassen haben. — Auxerre! ein leichtes ansteigen der gewundenen straße! und man hat die hübscheste stadt Frankreichs vor sich — den breiten rahmen aus weingärten der sich sachte bis zum horizont hochhebt, in der ferne weiße landhäuser, die zu spaziergängen einladen; die sanfte biegung des flusses unten, mit allen details einer flußaue; die drei großen purpur-geschindelten massen von Saint Germain, Saint Pierre, und der kathedrale Saint Étienne, die zwischen den gedrängten häusern mit mehr als der üblichen schroffheit und unregelmäßigkeit französischer bauweise emporragen. hier hat jener seltene künstler, der für architektur empfängliche maler, wenn er sinn für die valeurs der linie wie auch der fläche, weiter flächen und feiner linien hat, "einen vorwurf wie für ihn geschaffen".
ein wahres weinland, zeigt es nichtsdestoweniger einen eher friedvollen als strahlenden ausdruck. seine physiognomie, der vollkommene typus jener glücklichen mitte zwischen nördlichem ernst und der fülle des südens, für die wir Mittelfrankreich preisen, ist nicht ganz glücklich — anziehend teilweise wegen ihrer melancholie. seine bezeichnendste stimmung kann man sehen, wenn die tide von licht und hohen wolken rasch darüber hinzieht, wenn regen nicht weit weg ist, und jede spur von kunst oder zeit an seinen alten bauten sich in klarem grau abhebt. ein. schöner sommer reift seine trauben zu wertvollem wein; doch trotzdem scheint es sich immer nach einem größeren und steteren anteil des sonnenscheins zu sehnen, der so sehr nach seinem geschmack ist. man möchte etwas jammerndes oder klagendes im säuseln der weinblätter vernehmen, wenn Jacques Bonhomme im blauen rock sein tagewerk zwischen ihnen beendet.
um einen solchen nachmittag, da der regen früh einsetzte und spazierengehen unmöglich war, zu vertreiben, suchte ich den laden eines alten trödlers auf. es war nicht die einförmige auslage wie bei den Pariser händlern, von waren derengleichen man viele male gesehen hat, sondern ein sammelsurium echter kuriositäten. man meinte in verschiedenen resten der haushaltung des letzten jahrhunderts, zusammen mit manch einem juwel früherer zeiten aus den alten kirchen und frommen häusern der gegend, eine provinzielle schule des geschmacks zu erkennen. darunter war ein großes glänzendes bruchstück einer glasmalerei, das aus der kathedrale selbst stammen mochte. von feinster qualität was farbe und zeichnung angeht, stellte es eine gestalt dar, die mit keinem anerkannten kirchlichen typus ganz übereinstimmte; und es war offensichtlich teil einer folge. auf meine lebhafte frage nach dem übrigen antwortete der alte mann, daß mehr davon nicht bekannt sei, fügte aber hinzu daß der priester eines benachbarten dorfes besitzer eines vollständigen satzes von gobelins sei, der anscheinend dazu bestimmt war in der kirche zu hängen und den gesamten vorwurf abbilden sollte, von dem die gestalt auf der glasmalerei ein teil war.
am nächsten nachmittag begab ich mich folglich zum haus des priesters, in wahrheit einem kleinen gotischen bauwerk, vielleicht teil eines alten gutshauses, dicht bei bei der dorfkirche. im vorgarten, blumengarten und potager in einem, waren die bienen zwischen den herbstpflanzen beschäftigt — bunten astern, bignonien, feuerbohnen und den altmodischen pfarrgartenblumen. der freundliche eigentümer zeigte mir bereitwillig seine gobelins, von denen einige an den wänden seines salons und treppenhauses hingen, als hintergrund für die ausstellung der anderen kuriositäten, die er sammelte. gewiß, diese gobelins und die glasmalerei behandelten das gleiche thema. auf beiden waren die gleichen musikinstrumente — pfeifen, zimbeln, lange flötenähnliche trompeten. die geschichte schloß wahrhaftig den bau einer orgel ein, genauso eines instruments, nur in größerem maßstab, wie dem, das in der bücherei des alten priesters stand, obwohl es nun fast tonlos war, während auf etwelchen der gewobenen bilder die hörer wie verzückt scheinen und einige zu der orgelmusik hingerissen jauchzen. eine art irren ungestüms herrscht in der tat durchweg in den zierlichen verwirrungen der ganzen serie — rauschhafte tänze, wilde tiere im sprung, über allem endlose weingirlanden, die wie eine verschlungene arabeske die verschiedenen darstellungen einer oft wiederholten gestalt verbinden, die hier aus dem klarfarbigen glas in die gedämpfteren, etwas trüben und erdhaften töne der seidenfäden übersetzt ist. die gestalt war die des orgelbauers selbst, eines blonden und blumigen geschöpfes, manchmal nahezu nackt zwischen dem weinlaub, manchmal in felle gehüllt gegen die kälte, manchmal in der tracht eines mönchs, aber immer mit dem deutlichen gepräge wahren wesens und geschehens aus den wirklichen straßen von Auxerre. was ist es? gewiß, trotz seiner anmut und des reichtums anmutigen beiwerks eine leidende, gequälte gestalt. bei aller ebenmäßigen schönheit eines heidnischen gottes hat er in einer weise gelitten, für die wir heidnische götter unfähig halten müssen. es war, als habe eines jener herrlichen, glorreichen wesen sein los mit den geschöpfen einer späteren zeit als seiner eigenen geteilt, leuten von größeren geistigen gaben und sicherlich einer größeren begabung für melancholie. mit dieser vorstellung in meinem kopf, mit hilfe gewisser aufzeichnungen, die in der seltsamen bücherei des priesters lagen, über die geschichte der arbeiten an der kathedrale während der zeit ihrer vollendung, und durch wiederholte untersuchung der bilder auf den alten gobelins nahm die geschichte schließlich gestalt an.
um die mitte des dreizehnten jahrhunderts war die kathedrale Saint Étienne in ihren hauptzügen fertig: was blieb war der bau des großen turms und die vielerlei mühen der endgültigen verzierung, zu deren vollendung mehr als eine generation erforderlich sein würde. gewisse, nicht ganz geklärte umstände jedoch führten zu einer etwas eiligen schlußverzierung, sozusagen im handumdrehen, die doch von wunderbarer fülle und zugleich anmut war. vom ergebnis ist vieles zerstört oder woandershin geschafft worden; ein teil ist noch sichtbar in prachtvollen resten farbiger fenster, und vor allem in den reliefs, die die westeingänge schmücken und sehr zierlich in einen feinen, festen stein aus Tonnerre geschnitten sind, von denen die zeit nur die oberfläche gebräunt hat und die, was frühe meisterschaft in der kunst betrifft, mit gleichzeitigen italienischen arbeiten zu vergleichen sind. sie kommen dem ausdruck des lebens näher als die kunst jener zeit zu tun pflegte, mit einem gefühl für die wirklichkeit, in keiner unedlen form, das, möchte es scheinen, dem glühenden und vollblütigen dasein entstammte, wie es damals in diesen selben straßen und häusern pulsierte. genau damals nahm Auxerre an jener politischen bewegung teil, die gleichgestimmt erst in einer, dann der anderen französischen stadt ausbrach und ihre beschränkten feudalen verhältnisse in ein freies, kommunistisches leben verwandelte — einer bewegung, von der jene großen zentren volkstümlicher frömmigkeit, die französischen kathedralen, in vielen fällen das denkmal sind. immer eng verbunden mit dem anspruch auf individuelle freiheit, wie im denken so in den sitten, war dieser politische aufbruch in Auxerre auch, als ursache oder folge, mit der gestalt und dem wesen einer einzelnen, lange erinnerten person verknüpft. sie war, wie es schien, der eigentliche genius jenes neuen, freien, großzügigen stils in der kunst, wirksam und machtvoll wie ein lebendiges wesen.
als der geschickteste einer gruppe von steinmetzen dort eines tages mit einer arbeit beschäftigt war, die er nie ganz dem bild in ihm gleich machen konnte, wurde von den maurern ein sorgfältig modellierter griechischer sarkophag ausgegraben, den man für ein späteres römisches begräbnis verwendet hatte. hier, so schien es, war die sache tatsächlich getan, die kunst zur vollendung gebracht, soweit es jene letzte anmut betrifft und das ebenmaß der ausführung, die genau das waren, was außerhalb des könnens des mittelalterlichen handwerkers lag, der seinerseits in hohem grade über einen ernst der auffassung verfügte, die den alten griechen abging. in dem sarg lag ein gegenstand von frischem und hellem glanz zwischen der asche des toten — eine flasche aus lebhaft grünem glas, wie ein großer smaragd. sie hätte "das wunderbare gefäß des Grals" gewesen sein können. nur schien dieser gegenstand keine unauslöschliche reinheit wiederzubringen, sondern eher die wilde und irdische hitze des alten heidentums. innen überkrustet und, wie einige überzeugt waren, noch von dem gelblichen bodensatz des römischen weins duftend, den sie so lange vorher enthalten hatte, wurde sie zum gebrauch bei dem mahl an die seite gelegt, mit dem in kürze der abschluß der maurerarbeiten gefeiert werden sollte. zwischen viel gerede über das große goldene zeitalter und einigen beiläufigen bekundungen der hoffnung, daß es wiederkehren möchte, wurde gegen ende des mahls, aus der kostbaren flasche in kleine gläser geschenkt, edler alter wein aus Auxerre geschlürft. und ob die öffnung des begrabenen gefäßes etwas damit zu tun hatte oder nicht: von jener zeit an schien dort in der tat für eine weile eine art goldenes zeitalter zu herrschen, und die triumphale vollendung der großen kirche fiel mit einer folge von bemerkenswerten weinjahren zusammen. an die weine jener jahre erinnerte man sich lange. edlen wein in menge konnte man sogar in den kotten armer leute gelagert finden; während eine neue schönheit, eine fröhlichkeit sich ausbreiteten, als alle künste gemeinsam sich in einem reich stiller, entzückter arbeit üppig entwickelten, angeregt wie es schien, durch das sonderbare wesen, das plötzlich und auf seltsame weise nach Auxerre kam, um der mittelpunkt einer so heiteren epoche zu sein, obwohl es wahrlich ein gar trauriges ende mit ihm nahm.
ein besonderer brauch hielt sich lange in Auxerre. am Ostersonntag spielten die canonici mitten in der großen kirche feierlich ball. nach dem singen der Vesper schritten sie, statt den bischof zu seinem palast zu geleiten, geschlossen ins mittelschiff, während das volk in zwei langen reihen zuschaute. indem sie ihre röcke ein stückchen höher gürteten, harrten die sämtlichen geistlichen schweigend, bis sie an die reihe kämen, während der führer der chorknaben den ball in die luft warf, so hoch es ging am gewölbten dach des mittelschiffs entlang, der von jedem knaben der konnte aufgefangen und mit hand oder fuß wieder hoch gestoßen werden mußte, bis er zu den behäbigen vorsängern gelangte, den kaplanen, den canonicis selbst, die schließlich das spiel mit aller gemessenheit einer kirchlichen zeremonie zu ende spielten. gerade da war es, gerade als die canonici den ball so würdevoll übernahmen, daß Denys — Denys l'Auxerrois, wie er später genannt wurde — zum ersten mal auftauchte. indem er zwischen die ängstlichen kinder sprang, machte er aus der sache ein wirkliches spiel. die knaben spielten wie knaben, die männer fast wie blödmänner, und alle mit einer verzückten ausgelassenheit, die ansteckend wirkte, erst bei den versammelten geistlichen, dann unter den zuschauern. der bejahrte Dekan des Domkapitels, Protonotar Seiner Heiligkeit, hielt seinen purpurnen rock ein wenig höher, und indem er mit erstaunlicher leichtigkeit aus der reihe schritt, als sei er plötzlich von der bürde seiner achtzig jahre befreit, schoß er den ball mit dem fuß zu dem verehrlichen Domprediger, der sich der herausforderung gewachsen zeigte. und dann setzte das laienvolk, unfähig länger untätig zu bleiben, das spiel unter sich fort, unter rufen nicht zu ungestümen vergnügens; der spaß dauerte bis der flug des balls durch das dämmrige kirchenschiff sich nicht mehr verfolgen ließ.
obwohl die wiege seiner kindheit nur ärmlich war — eines jener kleinen aus der flanke des flachen kreidehügels gehauenen felsenhäuser, wie man sie in gewissen gegenden Frankreichs noch bewohnt finden kann — gab es einige, die seine geburt mit der geschichte eines schönen landmädchens in verbindung brachten, die ungefähr achtzehn jahre vorher, nicht widerwillig, ihren leuten genommen worden war, um dem vergnügen des grafen von Auxerre zu dienen. sie hatte in der tat gewünscht, den großen herren, der sie heimlich aufgesucht hatte, im glanz seines eigenen hauses zu sehen; aber abgeschreckt von der ungewohnten pracht ihrer neuen wohnung und lebensweise und dem zorn der rechtmäßigen ehefrau, war sie plötzlich, in der verwirrung eines heftigen sturms, von dort geflohen und hatte während der flucht vorzeitig ein kind geboren. das kind, von einzigartiger schönheit, wurde lebend gefunden, aber die mutter tot, vom blitz erschlagen, wie es schien, nicht weit von ihres herrn zimmertür, im schutz eines verfallenen, efeuüberwucherten turms. Denys selbst war sicherlich ein fröhlicher bursche. in dem felsenhang-kotten grad unter den weingärten baute er sich sein nest, wurde ein unvergleichlicher gärtner und brachte, als er zum mann erwachsen war, seine erzeugnisse zum markt, wo er auf dem großen platz vor der kathedrale einen verkaufsstand mit melonen und granatäpfeln hatte, allen artern von samen und blumen (omnia speciosa camporum), auch honig, wachskerzen, karamellen heiß aus der röstpfanne, rohen selbstgemachten töpfen und tiegeln aus der kleinen töpferei im wald, laiben, die die alte frau, in deren haus er wohnte, gebacken hatte. an jenem Ostersonntag hatte er die große kirche zum ersten mal betreten, mit der absicht dem spiel zuzusehen.
und von anfang an scharwenzelten die frauen, die ihn bei seinem geschäft sahen, oder wie er in der abendkühle seine pflanzen wässerte, um ihn herum. die männer, die das gedränge der frauen an seinem stand bemerkten, und wie sogar frische junge mädchen vom lande, die ihn zum ersten mal sahen, immer dort herumstrichen, argwöhnten — wer könnte sagen welche art von kräften? die unter dem weißen schleier jener jugendlichen gestalt verborgen waren; und wenn sie stehenblieben um die sache zu bedenken, fanden sie sich selbst auch in die falle gegangen. sein anblick ließ alte leute sich wieder jung fühlen. sogar der weise mönch Hermes, der sich den studien und experimenten gewidmet hatte, war unfähig sich den obstverkäufer aus dem sinn zu halten, und hätte gern das geheimnis seines zaubers entdeckt, teilweise mit der freundlichen absicht dem jungen selbst seine vielleicht mehr als natürlichen gaben im hinblick auf ihre nutzbringende ausbildung klar zu machen.
es war eine zeit, wie ältere männer erkannten, junger männer und ihres einflusses. sie fingen, niemand wußte recht wie, feuer wie an seiner gegenwart, und behaupteten ein erstaunliches maß von eigenwillen, von überheblichkeit, doch wie mit dem einverständnis der älteren, die selbst zuzeiten auf etwas drollige weise ihr gleichgewicht verloren. diese revolution im wesen und betragen der individuen ging mit der bewegung zur befreiung der kommune von ihrer alten feudalen obrigkeit einher, die damaIs in Auxerre wie in andern französischen städten anhob. Denys nannten sie Frank, neben vielen andern spitznamen. junge adlige brüsteten sich mit sprüchen, die arbeit müsse erleichtert werden, und waren fast bereit die freiheit, die freiheit des volkes (natürlich angemessen geschmückt, zumindest mit wildblumen) zur braut zu nehmen. denn fürwahr, Denys an seinem stand verwandelte die würdevolle, langsame bewegung politischer führer in eine wilde zügellosigkeit der gesellschaft, was das leben eine zeitlang einem schauspiel gleichen ließ. er zuerst führte jene langen umzüge an, mittels derer nach und nach "die kleinen leute" , die unzufriedenen, die verzweifelnden, ihre meinung äußern würden. einer ließ sich auf dem marktplatz mit einem andern in ein gespräch ein; ein neuer einfluß entstand durch den kontakt; noch einer und dann noch einer schlossen sich an; zuletzt ging allenthalben ein neuer geist um. die heißen nächte waren durchlärmt von schwärmenden trupps zerzauster frauen und jünglinge mit rotgefleckten gliedern und gesichtern, die ihre brennenden fackeln über die weinbestandenen hügel trugen oder zum entsetzen furchtsamer wächter die straßen hinab auf die kühlen plätze am fluß zu stürzten. eine schrille musik, ein lachen über alles, waren allenthalben. und der neue geist drang sogar in die kirche ein, um an dem neueingeführten narrenfest teilzunehmen. in ekstase zurückgeworfene köpfe — der morgenschlaf zwischen den reben, wenn die mühe der nacht vorbei war — taufeuchte kleider — der knecht, der sich endlich bequem ausstreckt: die künstler, die damals so zahlreich am ort waren, fingen ein was sie konnten, zumindest etwas vom reichtum, von der veränderlichkeit der sichtbaren aspekte des lebens in all diesem. für sie zählte das leben scheinbarer muße, dem Denys die jugend von Auxerre auf so angenehme weise zuführte, nur als die kultivierung köstlicher dinge der natur zu ihrem angemessenen dienst am menschen. und die kräfte der natur stimmten zu. es schien als würde es keinen winter mehr geben. der planet Mars zog näher an die erde als gewöhnlich, am niedrigen himmel hängend wie eine feurige rote lampe. ein massiger, doch nahezu abgestorbener rebstock an der klostermauer, den man dort nur als kuriosität auf grund seines ungeheuren alters belassen hatte, trug in jenem großen jahr, wie es noch lange danach genannt wurde, noch einmal frucht. der anbau von trauben nahm stark zu. das sonnenlicht fiel zum ersten mal auf manch einen fleck tiefen waldlands, das man für den weinbau gerodet hatte; obwohl Denys, ein freund der bäume, acht gab, hier und da ein stattliches exemplar von waldwuchs stehenzulassen.
als seine schwierigkeiten anfingen, wurde eine eigenheit, die in seiner guten zeit höchst liebenswürdig schien, gegen ihn gewendet — eine vorliebe für sonderbar gewachsene oder sogar mißgestaltete, doch potentiell glückliche kinder, auch für sonderbare tiere: er fühlte mit ihnen allen, war geschickt im heilen ihrer krankheiten, rettete den hasen bei der jagd, und verkaufte seinen umhang, um ein lamm vor dem metzger zu bewahren. er lehrte das volk, keine furcht vor den seltsamen, häßlichen geschöpfen zu haben, die das licht der vorbeiziehenden fackeln aus ihren verstecken lockte, und es nicht für ein schlechtes vorzeichen zu halten, daß sie sich näherten. er richtete einen echten wolf dazu ab, ihn wie ein hund zu begleiten. es war der erste einer reihe zweideutiger ihn betreffender umstände, aufgrund derer in den köpfen einer wachsenden zahl von leuten sich ein tiefer argwohn und haß abzuzeichnen begannen. das reichhaltige bestiarium, das man damals in der bibliothek der großen kirche zusammenstellte, wurde durch seine mitwirkung nichts geringeres als ein garten Eden — der verwilderte garten Eden. nur die eule verabscheute er. ein wenig später hing, fast wie zur rache, sie allein von allen tieren ihm an und suchte ihn ständig heim zwischen den düsteren steintürmen, wenn er, sanfter geworden als je, sie nicht zu töten wagte. er bewegte sich unverletzt in der berühmten ménagerie des schlosses, vor der das gemeine volk sich so fürchtete, und ließ die löwen, die selbst recht ängstliche gefangene waren, während des jahrmarkts hinaus auf die straße. der vorfall regte die etwas dürren federfuchser von damals zu einer "moralität" an, die sie nach den alten heidnischen büchern modelten — einem schauspiel, in dem der Gott des Weines im triumph aus dem Osten wiederkehren sollte. das spiel wurde auf dem platz vor der kathedrale aufgeführt, inmitten eines unerträglichen lärms aus jeder art flötenklang, mit Denys in der hauptrolle, auf einem buntbemalten wagen, in weichem seidengewand und einem seltsamen elefantenskalp mit vergoldeten stoßzähnen als kopfschmuck.
und diese unvergleichliche schönheit und frische seines aussehens: wie erhielt er allein sie unbefleckt, in wind und hitze? tatsächlich war es nicht durch magie, wie einige sagten, sondern durch eine naturgemäße einfachheit seiner lebensweise. als jene dunkle zeit seiner schwierigkeiten begann, wurde er eines winternachts gehört wie er quengelig bat: "gib mir wein, fleisch; dunklen wein und braunes fleisch!", da er zu der groben tür seines alten heims im felsenhang zurückgekommen war. bis dahin trank der große Winzer selbst nur wasser; er hatte von quellwasser und obst gelebt. als liebhaber der fruchtbarkeit in all ihren formen, in dem, was sie bloß andeutete, war er neugierig und eindringend, was die gewohnheiten des wassers betraf und besaß das geheimnis der wünschelrute. lange bevor er kam vermochte er die witterung des regens aus der ferne zu spüren, und pflegte entzückt auf das hohe gerüst des unvollendeten turms zu steigen, um ihn über das durstige rebenland kommen zu sehen, bis er auf das breite schindeldach der kirche unten prasselte; und ihm dann, indem er seinen umhang abwarf, zu erlauben seine glieder ungehindert zu baden, während er sich gegen den stürmischen wind zwischen den aus dunklem stein gemeißelten bildern festklammerte.
es war bei seiner plötzlichen rückkehr nach einer langen reise (einem von vielen unerklärlichen verschwinden), daß er, etwas verändert wiederkommend, zum ersten mal fleisch aß, indem er die heißen, roten brocken mit seinen feinen fingern in einer art wilder gier abriß. er war vor den ersten bedrohlichen tagen eines harten winters, der schließlich kam, in den süden geflohen. in dem großen hafen Marseille hatte er mit seeleuten aus aller herren länder gehandelt, aus Arabien und Indien, und ihre waren gekauft, die nun zum erstaunen aller bei der Ostermesse zum verkauf ausgestellt waren — reicheren wein und weihrauch als man in Auxerre gekannt hatte, samen wunderbarer neuer blumen, wilde und zahme tiere, neue töpferwaren, die in rauhen, grellen tönen bemalt waren, häute von tieren, fleisch, das mit unerhörten würzen gebraten war. sein stand machte einen seltsamen, ungewohnten farbfleck, den man an dem heißen morgen plötzlich ausgebreitet fand.
die künstler waren entzückter denn je und suchten oft seine gesellschaft in dem kleinen herrschaftlichen anwesen, das seine eigentümer lange vorher verlassen hatten, in dem es spukte, so daß die augen vieler scheel darauf blickten, und in dem er seinen aufenthalt genommen hatte, angezogen vor allem von seinem fruchtbaren, obgleich vernachlässigten garten, einem gewirr von allen arten rankender, rebenähnlicher pflanzen. hier, im überfluß umgeben von den angenehmen materialien seines gewerbes, wurde der winzer sozusagen zum pedanten und hielt unterricht ab für die verschiedenen künstler, die hier eine kunst lernten, die ihre eigene ergänzte — jene fröhliche magie (kunst oder kunststück) seines daseins nämlich, bis sie sich zu einer art von aristokratie entwickelt fanden, wie echte fleur-de-lisés, während sie an dem zierrat der großen kirche zusammen arbeiteten und an hundert anderen plätzen dazu. und doch war eine dunkelheit über ihn gekommen. das freundliche wesen hatte etwas von seiner liebenswürdigkeit verloren. seltsame grundlose missetaten waren verübt worden; und mangels anderer erklärungen würden nicht nur die mißgünstigen die schuld gern Denys zugeschanzt haben. er machte die jugend verrückt. wollte er sich zum Grafen von Auxerre machen? die dame Ariane, von ihrem früheren liebhaber verlassen, hatte ihn freundlich angesehen; war bereit ihn zum schwiegersohn des alten grafen, ihres vaters, zu machen, der alt war und nicht mehr lange in dieser welt weilen würde. der weise mönch Hermes entsann sich gewisser alter auslegungen, nach denen der Weingott, dessen rolle Denys so gut gespielt hatte, seinen widerpart hatte, seine dunkle oder antipathische seite; wie ein doppelwesen war, zwiegestalt, schwierig oder gar nicht in einklang zu bringen. und wahrlich hat der vielgerühmte wein aus Auxerre nur einen flüchtigen reiz und neigt dazu, zu kränkeln und umzukippen, lange bevor die flasche leer ist, wie sorgfältig man sie verschließt; wie er in der tat bei denen, die ihn anbauen, bestenfalls unter harten namen läuft, wie Chainette und Migraine.
eine art von degeneration, von gröbnis — die gröbnis der sattheit und des ungestalten, ausgebufften appetits — zusammen mit einer fast wilden vorliebe für fleischliche kost, war über die versammlung gekommen. ein gerücht von gewissen frauen lief um, die aus purem übermut ihre neugeborenen kinder ertränkt hatten. ein schwangeres mädchen wurde in einem dunklen keller gefunden, von eigener hand erhängt. ah! wenn Denys sich nicht auch selbst verwirrt gefühlt hätte! doch als die schuld an einem mord, der mit einer großen rebaxt weit draußen zwischen den weingärten begangen worden war, ihm vage angelastet wurde, konnte er sich bloß fragen, ob es in der tat so gewesen sei, und der schatten eines eingebildeten verbrechens haftete ihm an. die leute wandten sich gegen ihren liebling, dessen früherer zauber jetzt nur als bannung durch hexerei aufgefaßt werden durfte. es war, als sei der ihnen eingeschenkte wein im pokal sauer geworden. das goldene zeitalter war in der tat für eine weile zurückgekommen: war es golden, oder am ende nur vergoldet? und sie waren zu krank, oder zumindest zu ernst, um ihre rollen in ihm durchzuhalten. dem mönch Hermes fiel absonderlicherweise jener nachgedanke zur heidnischen dichtung ein, von einem Weingott, der in der hölle gewesen war. Denys jedenfalls, bei all seiner flachsblonden schönheit, war offensichtlich ein leidender. zuerst dachte er daran, heimlich zu einem anderen ort aufzubrechen. ach! sein verstand hatte zu sehr abgenommen, als daß der erfolg des versuchs sicher gewesen wäre. er fürchtete, als gefangener zurückgebracht zu werden. jene fetten jahre waren vorbei. es war eine zeit des mangels. das arbeitende volk durfte von den guten dingen, die einzulagern es mitgeholfen hatte, nicht essen und trinken. tränen stiegen in die augen bedürftiger kinder, alter leute oder wie kinder schwacher, wenn sie wieder und wieder in sonnenlose, froststarrende, zerstörerische morgen erwachten; und die kleinen hungrigen geschöpfe strichen nach heckennüssen oder vertrockneten weinranken umher. geheimnisvoller, dunkler regen herrschte den sommer über. der große Sankt-Johannes-Gottesdienst wurde in der jähen dunkelheit eines unzeitigen sturms durchtappt, der die gemeißelten verzierungen der kirche stark beschädigte, während der bischof die mittagsmesse beim licht einer kleinen kerze neben seinem buch las. und dann, eines nachts, in der nacht, die den kürzesten tag des jahres buchstäblich verschluckt zu haben schien, wurde von gewissen personen ein plan ausgeheckt, Denys auf seinem weg zu überfallen und heimlich als zauberer zu töten. er konnte kaum sagen wie er entkam und sich in seinem ersten heim in sicherheit fand, dem kotten im felsenhang, worin ein so großes feuer, wie er es gern hatte, auf dem herd brannte. sie veranstalteten, so gut sie konnten, ein kleines fest für die schöne gehetzte kreatur, mit wachslichtern in fülle.
und schließlich entsann der klerus sich eines heilmittels für diese böse zeit. der leichnam eines der schutzheiligen hatte unbeachtet irgendwo unter den fliesen des altarraums gelegen. der mußte andächtig exhumiert und mit einem schrein, der seiner würdig war, versehen werden. die goldschmiede, die juweliere und steinschneider machten sich fleißig ans werk, und nicht lange danach stand der schrein, wie eine kleine kathedrale samt portalen und turm, deren getriebenes gold paneele aus bergkristall rahmte, fertig auf dem hauptaltar. viele bischöfe trafen ein, mit könig Ludwig höchstselbst, von seiner mutter begleitet, um der suche nach der heiligen reliquie und ihrer ausgrabung beizuwohnen. in ihrer gegenwart segnete der Bischof von Auxerre, der reliquie zu ehren in tiefrotem gewand, den neuen schrein gemäß dem brevier De benedictione capsarum pro reliquiis. der fußboden des chors entblößte, nachdem er inmitten einer wogenden flut von klagegesängen entfernt worden war (alle beteiligten fasteten), etwas, das wie ein schlachtfeld modernder menschlicher kadaver aussah. ihr geruch drang klar durch die reichlichen wolken von weihrauch, wie er in der privatkapelle des königs verwendet wurde. die suche nach dem Heiligen selbst wurde vergeblich den ganzen tag und bis weit in die nacht hinein fortgesetzt. schließlich zogen die rot behandschuhten hände des bischofs aus einer kleinen schmalen kiste, in der die überreste fast zusammengequetscht worden waren, den eingefallenen leichnam, der unvorstellbar geschrumpft, aber in einem plötzlichen schrägen strahl gespenstischer dämmerung noch mit jedem gesichtszug erkennbar war.
dieser schockierende anblick schien, nach einem heftigen anfall, als ob ein böser geist aus ihm führe, da er sich auf dem rasen des klosters wälzte, zu dem er aus der stickigen kirche, wo die menge noch die Prozession der reliquie und die Messe De reliquiis quae continentur in Ecclesiis abwartete, allein geflüchtet war, in der tat den wahnsinn von Denys geheilt zu haben, stellte aber seine fröhlichkeit sicher nicht wieder her. er war von da an ein niedergeschlagenes, schweigsames, melancholisches wesen. er wandte sich in einem sonderbaren gefühlsumschwung düsteren gegenständen zu und suchte sich aus den gemeinen knochen auf dem fußboden einen gespenstischen splitter, den er um den hals trug; und fand nach einer kleinen weile seinen weg zu den mönchen von Saint Germain, die ihn mit freuden in ihre werkstatt aufnahmen, wenn auch heimlich, aus furcht vor seinen feinden.
der geschäftige schwarm verschiedenartig begabter künstler, die zügig an den vielen zur abschließenden verschönerung der kathedrale St. Etienne ausstehenden werken arbeiteten, machte die klostergebäude gerade damals fröhlich genug, um sogar eine so tiefe melancholie wie die unseres freundes Denys aufzuheitern. er nahm unter den werkleuten als klosternovize seinen platz ein; ein novize auch in allem was irgendein handwerk im eigentlichen sinn betrifft. er konnte nur süßen weihrauch für den altarraum mischen. und doch machte er sich, wiederum durch bloße sichtbare anwesenheit, in der veränderten ausübung jener künste um ihn herum bemerkbar, die sich zuallererst ans auge richten. unbewußt bestimmte er jenen geschickten händen, die tag für tag mit dem meissel, der feder oder der nadel über vielerlei dauernden formen von erlesenem geschmack am werk waren, ihre besondere manier der empfindung wie des ausdrucks. in drei aufeinanderfolgenden phasen oder moden könnte man, vor allem an den schnitzarbeiten, den launen, die er bedingt hatte, nachspüren. da war zuerst wilde ausgelassenheit, überschäumend in einer kette lebenswahrer bilder, aus denen nichts in der natur wirklich vorkommendes ausgeschlossen war. diese war, als die seele von Denys sich verdunkelte, in finstere regionen des satirischen, des grotesken und groben übergegangen. doch von dieser zeit an war ohne verlust an kraft oder wirkung ein wohlbewußter, etwas strenger und vornehmer ernst offenbar, nicht so sehr in der auswahl des materials, an dem die künste auszuüben waren, als in der präzisen art des ausdrucks, der ihm aufgeprägt werden sollte. es war als ob die fröhliche alte heidnische welt in gewisser weise geweiht worden wäre; mit ergebnissen die höchst deutlich in den reichen miniaturen der handschriften der kapitularbibliothek zu sehen waren — einem wundervollen Ovid vor allem, auf dessen seiten jene alten lieb- und leidenschaften in mittelalterlicher tracht wieder ins leben zu treten schienen, da Denys, in kutte nun und mit tonsur, sich über den maler beugte und seine arbeit durch eine art sichtbarer, oft unausgesprochener anteilnahme eher als durch irgendeine förmliche erläuterung lenkte.
vor allem war der wunsch verbreitet, die instrumente für eine freiere und abwechslungsreichere kirchenmusik zu erlangen als bis dato gebräuchlich gewesen war — eine musik, die den gesamten umfang der nun zum mannesalter erwachsenen seelen ausdrücken könnte. Auxerre war in der tat damals wie später berühmt für seine liturgische musik. es war Denys, dem schließlich der gedanke kam, alle damals gebräuchlichen instrumente zu einer voller strömenden musik zu vereinigen. wie vor alters der Weingott war er ein liebhaber und förderer besonders der bläsermusik in all ihren spielarten gewesen. auch hierbei waren jene drei stile oder "modi" evident gewesen: zuerst das einfach-ländliche, die schlichte weise der pfeife, wie das pfeifen des windes selbst über die entfernten felder her; dann das wilde, wütende getöse, das stille menschen so viel gekostet und erregbare in den wahnsinn getrieben hatte. nun würde er all das für süßere zwecke versammeln; und der bau der ersten orgel wurde wie das buch seines lebens: sie überspannte den vollen umfang seines wesens in dessen kummer und entzücken. an langen köstlichen tagen mit wind und sonne am flußufer suchte und fand der scheinbar halbirre "bruder" die nötigen rohrarten. die zimmerleute stellten unter seiner anleitung die großen hölzernen gänge für den donner auf; während die kleinen papp-pfeifen den klang der menschlichen stimme nachahmten, wie sie zu den strahlenden weisen der langen metallenen trompeten sang. zuzeiten erschien auch dies, da leute nacht für nacht jene schweifenden klänge hörten, wie das werk eines verrückten, obwohl sie manchmal bei fetzen einer neuen, unverkennbar neuen musik staunend erwachten. es war der triumph all der verschiedenen arten und vermögen der pfeife, gezähmt, beherrscht, vereinigt. nur schien auf den bemalten läden des orgelkastens Apollo mit der leier in seiner hand, als herr der saiten, scheel auf die pfeifenmusik zu blicken, mit all der eifersucht, mit der er Marsyas so grausam zu tode brachte.
unterdessen schienen die leute, sogar seine feinde, ihn vergessen zu haben. feinde waren sie wahrhaftig noch, und bereit, ihm das leben zu nehmen, sollte die gelegenheit sich bieten; wie er erkannte, als er sich schließlich am tag einer öffentlichen einweihung hervorwagte. der bischof sollte über den fundamenten einer neuen brücke, die bestimmt war, den platz der alten, tausendfach ausgebesserten römischen brücke einzunehmen, die bis dahin als hauptübergang über die Yonne gedient hatte, einen segen sprechen. es war als ob die störung des verwitterten mauerwerks die dunklen geister verwichener zeiten herausließe. tief unten, im innern des hauptpfeilers, wurde ein peinvoller gegenstand aufgedeckt: das skelett eines kindes, das, wie man richtig annahm, dort in dem aberglauben, daß sein tod stellvertretend die sicherheit aller hinübergehenden garantieren würde, lebendig begraben worden war.
es gab einige, die sich ein wenig überrascht selbst dabei ertappten, daß sie wie nach einem ähnlichen pfand der sicherheit für ihr neues vorhaben umherschauten. gerade da sah man Denys deutlich, in allen wesentlichen zügen genau wie früher, auf einem der großen steine stehen, die man für das fundament des neuen baues vorbereitet hatte. einen augenblick lang spürte er die blicke der leute auf sich, voll jener seltsamen grille, und mit charakteristischer behendigkeit stürzte er sich, nach einem raschen blick über die graue stadt in ihrem breiten grünen rahmen aus weingärten, die man von dieser stelle aus am besten sah, hinunter ins wasser und entschwand der sicht, dort wo der strom reißend schnell unter einer reihe von mühlen vorbeifloß. einige wähnten tatsächlich, sie hätten ihn auf deck eines der großen boote, die, mit trauben beladen und prachtvoll mit blumen umwunden wie ein schwimmender garten, damals gerade die weinernte der gegend einbrachten, heil wieder auftauchen gesehen; aber im allgemeinen glaubten die leute daß ihr seltsamer feind nun endlich für immer abgegangen sei. in wahrheit war Denys wieder im kloster und arbeitete in frieden an seinem haus aus röhren und pfeifen. zuzeiten kamen seine anfälle wieder über ihn; und wenn sie kamen, pflegte er zur abhilfe eifrig zu graben; da er inzwischen küster geworden war, vorzugsweise gräber für die toten auf den verschiedenen kirchhöfen der stadt. es gab einige die ihn bei dieser beschäftigung (seiner gestalt schien immer noch etwas von echtem sonnengold anzuhaften) in die finsternis hatten starren sehen, während seine tränen manchmal zwischen die grimmen reste fielen, die seine hacke aufgestört hatte.
tatsächlich hatte er seit dem tag der exhumierung der leiche des Heiligen in der großen kirche ein sonderbares interesse an solchen gegenständen gehabt, und eines winterlichen tages nahm er sich vor, die leiche seiner mutter aus dem ungeweihten grund, in dem sie lag, zu entfernen, um sie im kloster, nahe dem platz wo er jetzt zu arbeiten pflegte, zu bestatten. im dämmerlicht kam er über den verharschten schnee. als er die steinernen schranken der stelle passierte, schien die welt umher bis ins innere erstarrt — alles außer ihm, der sich seinen weg hindurch bahnte, dann und wann eine kehrtwendung vor dem steifen wind machend, der so rauh mit seinem blonden haar und dem purpurnen umhang umging, der ihn umflatterte. die hastig zusammengerafften gebeine setzte er, ehrfürchtig, aber ohne zeremonie, in einem hohlraum bei, den er heimlich im grab eines andern vorbereitet hatte.
unterdessen waren die winde seiner orgel zu blasen bereit; und mit mühe erlangte er vom Kapitel die gewähr zu einer probe ihrer kräfte bei einem denkwürdigen öffentlichen anlaß, wie folgt. ein besonderer gast wurde in Auxerre erwartet. als anerkennung für einen dienst den er dem Kapitel vorzeiten geleistet hatte, besaß der Sire de Chastellux die erbliche würde eines kanonikus der kirche. am tage seiner einsetzung präsentierte er sich am eingang zum chor in chorrock und schultertuch, die er über seiner militärtracht trug. der alte graf von Chastellux war kürzlich gestorben, und der erbe hatte sein kommen angekündigt, um dem brauch gemäß sein kirchliches privileg geltend zu machen. es hatte lange fehde geherrscht zwischen den häusern von Chastellux und Auxerre; doch bei diesem glücklichen anlaß kam ein friedensangebot zusammen mit einem antrag um die hand der dame Ariane.
der anmutende junge mann traf ein und wurde, gebührend ausstaffiert, bei der vesper in anwesenheit des bischofs in seinen stuhl eingesetzt. damals hörte das volk die orgelmusik zum ersten mal über sich hinrollen, mit unterschiedlichen gefühlen des entzückens. aber der spieler und erfinder des instruments wurde über seinem werk vergessen, und es gab keine wiedereinsetzung des früheren favoriten. der kirchlichen feier folgte ein bürgerfest, bei dem Auxerre seinen künftigen herrn willkommen hieß. das fest sollte bei einbruch der nacht mit einem etwas rüden volkstümlichen umzug enden, bei dem der personifizierte Winter mit verbundenen augen durch die straßen gehetzt würde. es war die fortsetzung jenes früheren schauspiels von der Rückkehr aus dem Osten, in dem Denys die hauptfigur gewesen war. der alte vergessene spieler sah seine rolle vor sich und nahm wie mechanisch wieder den ersten platz ein, mit mönchskutte und allem. es mochte seine popularität wiederherstellen: wer weiß? hastig zog er den aschgrauen umhang an, das rauhe haartuch um den hals, und durchlief die vorbereitungen. und es geschah, daß eine spitze des haartuchs seine lippe tief ritzte, und blut tröpfelte an seinem kinn entlang. es war, als ob der anblick von blut die zuschauer zu einer art sinnloser wut anstachelte und ihnen plötzlich die wahrheit enthüllte. die gespielte jagd auf das unheilige geschöpf wurde eine wirkliche, die mit wachsender schnelligkeit die bösen leidenschaften der menschen zum vorschein brachte. die seele von Denys ruhte schon aus, als sein körper, nun vor der menge längs getragen, hin und her gestoßen und schließlich glied für glied zerrissen wurde. die männer steckten kleine fetzen seines fleisches oder in ermangelung dessen seines zerrissenen gewandes an ihre mützen; die frauen liehen ihnen dafür ihre langen haarnadeln. der mönch Hermes suchte am nächsten tag vergeblich nach etwelchen überbleibseln der leiche seines freundes. nur das herz von Denys wurde ihm bei einbruch der nacht von einem fremden gebracht, noch unversehrt. es muß seit langem zu staub zerfallen sein unter dem mit einem kreuz gezeichneten stein, wo er es in einer dunklen ecke des seitenschiffs der kathedrale bestattete.
so erklärte sich die gestalt auf der glasmalerei. mir schien Denys ein wirklicher bewohner von Auxerre gewesen zu sein. an tagen einer gewissen atmosphäre, wenn die spuren des Mittelalters hervortreten wie alte markierungen auf steinen bei regenwetter, schien mir tatsächlich als habe ich die gequälte gestalt dort gesehen — als habe ich Denys l'Auxerrois auf der straße getroffen.
ins deutsche übertragen von Wilfried Käding