Aus fremden sprachen: Algernon Charles Swinburne
EIN VERLASSENER GARTEN
zweisprachige fassung

In die klippen geschmiegt zwischen bergland und freiland

Am dünenrand zwischen luv und lee

Von felsen umstellt wie ein inland-eiland

Blickt der geist eines gartens über die see.

Des beetes geviert das von blüten glänzte

Umschließt nun aus stachligen sträuchern ein ring,

Und das kraut das die gräber der rosen bekränzte

Längst verging.

 

Die felder falln südwärts, schroff und gebrochen,

Bis zum äußersten rand des festlands fast.

Wenn ein schritt würde schallen, ein wort gesprochen,

Stieg ein geist nicht auf vor dem fremden gast?

So lang lagen wege und stege gastlos,

Wer durch dorniges dickicht platz sich macht,

Findet leben keins als des seewinds, rastlos

Tag und nacht.

 

Der stickige durchgang des dichten walles

Kriecht blind einen pfad den keiner erklimmt

Zu dem wüsten fleck dem die jahre alles

Raubten bis auf die dornen die die zeit nicht nimmt.

Die dornen verschont sie, und pflückt die rosen;

Die felsen läßt, wenn den plan sie verheert.

Der wind und die binsen die winde umtosen:

Dies nur währt.

 

Keine blume zu treten wo füße nicht fallen;

Wie das herz eines toten das saatbeet verdorrt;

Nicht singen im dornstrauch die nachtigallen,

Sängen sie: keine rose hörte sie dort.

Über die wiesen die welken und blühen

Schrillt nur der gesang eines vogels der see;

Nur sonne und regen glühen und sprühen

Wie von je.

 

Die sonne brennt heiß und der regen durchrüttelt

Eine bleiche blüte ohne duft;

Einzig der wind hier wirbelt und schüttelt

Übers wüste land durch die leblose luft.

Hier gab es hoffen vielleicht und bangen,

Von verliebten die keiner je kennen kann,

Die schauten das meer vor hundert langen

Jahren an.

 

Standen sie herz fest an herz und "sieh dorthin,

Sieh zur see", flüstert' er? "von den blumen hier;

Denn die schaum-blumen dauern wenn die rosen dorrten,

Und wer leichtlich liebt mag sterben — doch wir?"

Und der selbe wind sang und die selben wellen,

Und noch war die letzte blüte rot,

Doch die liebe im leisen mund und dem hellen

Aug war tot.

 

Oder liebten sie lebenlang sich bis zum sterben?

Und warn Eins bis zum end — wer weiß welchem — vielleicht?

Liebe tief wie die see muß wie rosen verderben,

Wie der rote tang der der rose gleicht.

Sind die toten den toten lieb und gewogen?

Welche liebe war jemals so tief wie das grab?

Sie sind ungeliebt nun wie das gras wie der wogen

Auf und ab.

 

Verliebte und rosen sind nicht mehr zu scheiden

Die felsen und felder kennen sie nicht.

Kein hauch durchweht aus vergangenen zeiten

Die luft die vom kommenden sommer schon spricht.

Kein hauch wird den jahren hiernach sich einen

Von denen die weinen und lachen nun,

Wenn wie sie die nun frei sind von lachen und weinen

Wir dann ruhn.

 

Hier wird tod tatenlos sein für immer;

Hier wandelt sich nichts bis zum ende der zeit;

Aus ihren gräbern erstehen sie nimmer

Die nichts lebendes ließen zu freud oder leid.

Staub steine und dornen, der wildnis entsprossen,

Werden sein solang sonne und regen sind;

Bis zuletzt auf all das vom meer umflossen

Stößt ein wind.

 

Bis die see langsam steigt und die klippen ertrinken

Bis hang und wiese der abgrund verschluckt

Bis im prall der hochwogenden fluten versinken

Die felder die schrumpfen, der fels der sich duckt.

Hier nun im triumph über alles was endet,

Auf die beute gestreckt die dem jäger sich bot,

Wie ein gott der auf eignem altar verendet:

Tod liegt tot.

 

Algernon Charles Swinburne